Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Schutzgebiete 
Kais. V. vom 9. Nov. 1900 — RGBl. 1005 — und 
BVf. des RK. vom 25. Dezʒ. 1900 — KBl. 1901, 1). 
Danach kommen für das Strafrecht als 
Rechtsquellen in Betracht das St GB. und die 
in sonstigen Reichsgesetzen enthaltenen Bestim- 
mungen strafrechtlicher Natur, ferner Straf- 
verordnungen des Kaisers, des Reichskanzlers 
bzw. der von diesem dazu ordnungsmäßig er- 
mächtigten Beamten des S. (s. o. unter VI) 
auf Grund des Sch G. §8 6 Ziff. 1, 15, wäh- 
rend die §§ 50, 51 Kons GG. außer Anwen- 
dung bleiben. Außerdem ist die Vollstreckung 
der Todesstrafe abweichend geregelt (Sch G. 86 
Ziff. 5 und V. § 9). Für das bürgerliche 
Recht sind, abgesehen von den in §§ 20 ff. Kons- 
GG. und 88§ 4, 6, 7 Abs. 3, 11—13 Sch G. zuge- 
lassenen oder statuierten Ausnahmen die privat- 
rechtlichen Vorschriften der Reichsgesetze und der 
daneben innerhalb Preußens im bisherigen Gel- 
tungsbereiche des allgemeinen Landrechts in 
Kraft stehenden allgemeinen Gesetze maß- 
gebend. Gegenüber dem Rechtszustand in den 
Konsularbezirken ist namentlich hervorzuheben: 
Die Gesetze über den Schutz des Urheberrechts 
finden Anwendung (V. 5F 4), auch ist für die S. 
der Beitritt zur Berner Ubereinkunft erfolgt 
(vgl. dazu V. vom 15. Okt. 1908 — RGBl. 627). 
Die Eheschließung und Beurkundung des Per- 
sonenstandes erfolgt nach den Vorschriften des 
G. vom 4. Mai 1870 — B0CBl. 599 (Sch G. 
§ 7). „Dagegen ist das Liegenschaftsrecht 
entsprechend § 21 des G. über die Konsularge- 
richtsbarkeit in allen S. durch Kais. Verord- 
nungen besonders geordnet, teils zum Zwecke 
einer angemessenen Verteilung des Grund 
und Bodens unter Farbige, Weiße und Fiskus, 
teils behufs Ordnung des Grundstücksverkehrs 
unter den Weißen und Farbigen. In letzterer 
Hinsicht ist jetzt für alle S. die Kais. V., betr. die 
Rechte an Grundstücken in den S., vom 21. Nov. 
1902 (ReBl. 283) maßgebend (dazu Vf.#des 
RK. vom 30. Nov. 1902 — KBl. 568). Vgl. 
ferner die Kais. V. über die Enteignung vom 
Grundeigentum vom 14. Febr. 1903 (ReBl. 27) 
nebst Ausf Vf. vom 12. Nov. 1903 (KBl. 605). 
Das Bergrecht ist durch die Kais. Bergverord- 
nungen für Deutsch-Südwestafrika vom 8. Aug. 
1905 (Rl. 727) und für die weiteren S. Afrikas 
und der Südsee vom 27. Febr. 1906 (RBl. 363) 
nebst Ausf.-Verfügungen vom 3. Dez. 1905 (Kl. 
732) und vom 26. Juli 1906 (KBl. 1907, 833) ge- 
regelt worden, während in Kiautschou ein Bergregal 
des Landesfiskus eingeführt ist (V. des RK. vom 
16. Mai 1903 — Al. 143). Nach Aufdeckung des 
Diamantenreichtums von Südwestafrika ist zur 
Regelung des Handels eine Diamantenregie 
durch Kais. V. vom 16. Jan. 1909 (Rl. 270) 
nebst Ausf V. des RK. vom 26. Febr. 1909 (Samm- 
lung der Kol G. 13, 109) eingeführt worden (vgl. 
dazu auch noch V. des RK., betr. den Geschäftsbe- 
trieb, vom 25. Mai 1909— KBl. 1910, 2— und V. 
des Gouverneurs vom 21. Okt. 1908— KBl. 1199; 
bezüglich Diamantenzoll vgl. V. des Gouverneurs 
vom 28. Febr. 1909 — KBl. 478). Durch V. 
vom 13. Okt. 1910 (Ro# l. 1095) ist in den 
Schutzgebieten Afrikas und der Südsee die aus- 
schließliche Berechtigung zum Aufsuchen von 
Mineralien im Meeresboden dem Landesfiskus 
der betr. Schutzgebiete zugewiesen worden. 
  
ßen gleichgestelli. 
  
535 
IX. Die zu VIII erwähnte Ordnung der 
Rechtspflege betrifft jedoch grundsätzlich nur 
die Weißen. Die Eingeborenen sind 
nur im Falle der Naturalisation gemäß 89 
SchG. Reichsangehörige und damit den Wei- 
Die übrigen Eingeborenen 
und Angehörigen fremder farbiger Stämme 
(Japaner gehören nicht dazu) unterstehen da- 
gegen den Gerichten und Rechtsnormen zu 
VIII nur insoweit, als dies durch Gesetz oder 
Kais. Verordnung bestimmt wird (Sch G. 8§ 4, 10 
und V. vom 9. Nov. 1900 §2), dem Liegenschafts- 
recht unterliegen ihre Grundstücke insoweit, als sie 
ein Grundbuchblatt haben oder ins Landregister 
eingetragen sind (V. vom 21. Nov. 1902 3N 06). 
Im übrigen gilt besonderes Eingeborenenrecht, 
dessen Regelung, einschließlich derjenigen des ge- 
mischten Rechts, nach Kais. V. vom 3. Juni 1908 
(RGBl. 397) in Erweiterung der V. vom 26. Febr. 
1890 und 25. Febr. 1896 dem Reichskanzler und 
mit dessen Ermächtigung oder Zustimmung den 
Gouverneuren zukommt. Im allgemeinen ge- 
nießen die Eingeborenen ihr bisheriges Recht, 
doch ist zur kulturellen Hebung desselben erheb- 
lich eingegriffen worden, sowohl auf dem Gebiete 
des materiellen Rechts (z. B. zur allmählichen 
Aufhebung der Haussklaverei), namentlich aber 
auf dem Gebiete des Strafverfahrens. Es ist 
dies meist durch besondere Verordnungen für 
die einzelnen S., aber auch durch einige allge- 
meinere Anordnungen des Reichskanzlers ge- 
schehen (so Vf. vom 27. Febr. und 22. April 
1896 über Strafgerichtsbarkeit und Disziplinar- 
gewalt — KBl. 241; vom 12. Juli 1907 über 
körperliche Züchtigung — KBl. 790). Die Gerichts- 
barkeit ruht danach im allgemeinen in den Hän- 
den der Verwaltungsbeamten, welche in be- 
stimmten Fällen farbige Berater hinzuzuziehen 
haben. Daneben und darunter bestehen vielfach 
für kleinere und mittlere Sachen Häuptlings- 
und Dorfgerichte mit personalem Wirkungsbe- 
reich, auch Eingeborenenschiedsgerichte. Die 
Häuptlingsorganisationen werden zugleich zu 
Verwaltungszwecken verwertet. Im Küsten- 
gebiete Ostafrikas, wo Stammeshäuptlinge 
fehlen, sind fremde farbige Beamte tätig. In 
Südwestafrika, wo seit den Aufständen 1904 
bis 1906 die Machtstellung der Häuptlinge ver- 
nichtet ist (vgl. auch V. vom 26. Dez. 1905 — 
KBl. 1906, 1), sind Eingeborenenkommissare ein- 
gesetzt, während die örtliche Aufsicht entweder 
von behördlichen Organen oder von den an- 
gesessenen Dienstherren unter Vermittlung eines 
von ihnen ausgewählten Vormannes der Werft 
ausgeübt wird. Dem Weißenrecht erheblich mehr 
angepaßt ist die V. des RK., betr. die strafrecht- 
lichen und Disziplinarverhältnisse der farbigen 
Angehörigen der Kais. Schutztruppe für Deutsch 
Ostafrika, vom 7. Sept. 1910 (KBl. 789). 
In Kiantschou sind die Rechtsverhältnisse der 
Chinesen durch V. vom 15. April 1899 (Ml. 
25) geregelt. Die Gerichtsbarkeit übt hier teils 
der Bezirksamtmann, teils der ordentliche Richter 
aus, welche sich dabei für gewisse Fälle der Mit- 
wirkung des aus zwölf chinesischen Kaufleuten 
und Geschäftsführern bestehenden Chinesischen 
Komitees bedienen können (V. vom 15. April 
1902 — MVBl. 22). 
X. In religiöser Hinsicht ist den An- 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.