Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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und bereitzustellen, insbesondere behufs Über- 
nahme von Schatzanweisungen, Kriegsanleihen 
usw. Ferner soll sie dann dadurch die Krisis 
mildern und die Reichsbank entlasten, daß sie 
selbst die Reichsbank möglichst wenig in Anspruch 
nimmt und die ihren Kunden gewährten Kredite 
nach Möglichkeit hält und verlängert. Zur Er- 
füllung ihrer Aufgaben pflegt die S. alle Arten 
des reinen Bankgeschäfts, insbesondere auch das 
Depot- und Depositengeschäft, auf welchem Ge- 
biet sie insofern einen erheblichen Vorsprung 
vor Privatbanken hat, als ihr der Staat alle zeit- 
weise entbehrlichen Gelder, wie insbesondere die 
der Lotterieverwaltung, zu sehr niedrigem Zins- 
fuß als Depositen überläßt; allein dies Depositen- 
guthaben der Lotterieverwaltung bewegte sich 
schon vor der letzten Erweiterung der Lotterie 
im Jahre 1909 mindestens zwischen 14.000 000 und 
26 000 000.K. Ihrem kaufmännischen Charakter 
entsprechend ist die Stellung der S. trotz ihrer 
Unterordnung unter das FM. tatsächlich eine im 
wesentlichen selbständige geblieben. Die Allerhöchst 
bestätigte Instruktion für den Präsidenten der S. 
vom 18. Juli/3. Sept. 1850 nebst ihren Nachträgen 
hat dem Präsidenten, welchem neben dem er- 
forderlichen Kassen-, Bureau= und Unterbeamten- 
personal drei Direktionsmitglieder mit Rang und 
Gehalt der Ministerialräte und drei ständige 
Hilfsarbeiter zur Seite stehen, die spezielle Lei- 
tung der gesamten Geschäftsführung übertragen, 
insbesondere die Leitung und Überwachung der 
Einkäufe von Wechseln, Geldsorten und Effekten, 
der Beziehung und Versilberung von Retouren, 
der Übernahme von Aufträgen der Behörden 
und Privaten, der Einziehung und Remittierung 
von Geldern und der Verstärkung und Be- 
nutzung der Bestände zu Geldanlagen, überhaupt 
die Direktion alles dessen, was aus dem ge- 
wöhnlichen Geschäftsverkehr der S. hervorgeht; 
sie erfordert dagegen Genehmigung des FM. zu 
Erwerb und Veräußerung von Grundstücken, Ab- 
schluß größerer, von dem schon bestehenden Ge- 
schäftsverkehr unabhängiger neuer Finanz= und 
Handelsoperationen, Anlage neuer gewerblicher 
Institute, Aufnahme von Geldern außerhalb 
des Kontokorrent= und Depositenverkehrs und 
Gewährung von Darlehen, sofern sie nicht gegen 
Lombardunterlagen in Inhaberpapieren oder 
Wechseln gegeben werden, oder sofern die Rück- 
zahlungsfrist auf mehr als ein Jahr erstreckt wird. 
Auch dem Landtage wird nach § 6 des G., betr. 
den Staatshaushalt, vom 11. Mai 1898 (s. 
Etats= und Rechnungswesen des 
Staates) nur der Verwaltungsbericht und 
Hauptabschluß mitgeteilt. Im Jahre 1909 
stellte sich der gesamte Buchumsatz der S. auf 
18,7 Milliarden gegen 12,7 Milliarden im Jahre 
1908, der Gewinn auf rund 5 137 000 gegen 
5 510 000 .K im Jahre 1908, d. i. 5,5434 0% des 
Kapitalvermögens gegen 5,5439 0% in 1908. Der 
S. ist das kgl. Leihamt (s. d.) unterstellt. 
Schwarz und Strutz, Staatshaushalt und 
Finanzen Preußens Bd. 1, Buch 4 (Berlin 1900) und 
Nachträge (Berlin 1904) § 2211 Nußbaum, Die 
preuß. Seehandlung, Ann D. 1905. 
Seekriegsrecht ist der Inbegriff derjenigen 
Rechtsnormen, welche im Falle eines Seekrieges 
sowohl zwischen den kriegführenden Mächten, 
wie auch gegenüber den neutralen Staaten nach 
völkerrechtlichen Vereinbarungen Geltung haben. 
  
  
Seekriegsrecht 
Bis in die neuere Zeit hinein waren in dieser 
Beziehung allein die Abmachungen maßgebend, 
welche auf Grund der im Krimkriege gemachten. 
Erfahrungen von der Mehrzahl der europäischen 
Seemächte im Anschluß an den Pariser Frieden 
am 16. April 1856 für künftige Seekriege ge- 
troffen worden waren. Die betreffende Er- 
klärung ist in der V. vom 12. Juni 1856 (GE. 
585) für Preußen verkündet worden und hat 
die Zustimmung der anderen deutschen Staaten 
erhalten (s. Bek. vom 3. Nov. 1858 — GS. 568). 
Nach derselben ist: 1. die Kaperei abgeschafft; 
2. neutrale Flagge deckt das feindliche Gut mit 
Ausnahme der Kriegskonterbande (s. Konter- 
bande II); 3. neutrales Gut unter feindlicher 
Flagge mit Ausnahme der Kriegskonterbande 
darf nicht mit Beschlag belegt werden; 4. Blocka- 
den (s. d.) müssen, um rechtsverbindlich zu sein, 
wirksam sein, d. h. durch eine Streitmacht auf- 
rechterhalten werden, welche hinreicht, um den 
Zugang zur Küste wirklich zu verhindern. Welche 
Schiffe und welches Gut der danach nur noch 
durch Kriegsschiffe zulässigen Beschlagnahme als 
zu Recht unterliegend anzusehen sind (gute 
Prisen), wird durch besondere Prisengericht 
entschieden (s. G. vom 3. Mai 1884 — RGBl. 
49 und V. vom 15. Febr. 1889 — R l. 5). 
Inzwischen haben die völkerrechtlichen Fest- 
setzungen über die im Falle von Feindselig- 
keiten zur See zu beobachtenden Grundsätze 
eine wesentliche Erweiterung erfahren. Nach- 
dem bereits in der ersten sog. Haager Friedens- 
konferenz im Jahre 1899 (s. Haager Kon- 
vention) die Übertragung der Grundsätze 
der Genfer Konvention (s. d.) auf den Seekrieg 
beschlossen worden war (RBl. 1901, 455; val. 
auch Abkommen über die Lazarettschiffe vom 
21. Dez. 1904 — RBl. 1907, 722), sind auf 
der zweiten Friedenskonferenz im Jahre 1909 
weitere, das S. betreffende wichtige Abmachungen 
zustande gekommen. Von den 14 Abkommen, 
welche die zweite Friedenskonferenz vereinbart 
hat, beziehen sich 8 auf den Seekrieg, darunter 
ein Abkommen, welches die Grundsätze der 
neueren Genfer Konvention vom Jahre 1906 
auch auf den Seekrieg in Anwendung bringt. 
Abgesehen von diesem letzteren Abkommen (R- 
Bl. 1907, 279) sind inzwischen sechs der übrigen, 
den Seekrieg betreffenden Abkommen im RGl. 
(RBl. 1910 S. 181, 207, 231, 256, 316, 343) 
verkündet worden, so daß dieselben für Seekriege, 
die das Deutsche Reich zu führen hat, bindend 
sind. Dagegen ist das wichtigste der Abkommen, 
über die Errichtung eines Internationalen Prisen- 
gerichtshofs, noch nicht verkündet und hat demnach 
zurzeit noch keine Geltung. Im Anschluß an die 
zweite Friedenskonferenz ist auf Anregung der 
englischen Regierung in London eine Staaten- 
konferenz zusammengetreten, um eine Kodifi= 
kation des S. herbeizuführen, welche letztere in 
Formeiner Seekriegsrechtsdeklaration am 26.Febr. 
1909 in London unterzeichnet, aber ebenfalls 
noch nicht verkündet worden ist. Dieselbe erstreckt 
sich besonders auch auf das Blockaderecht und die 
Kriegskonterbande (vgl. hierzu die dem Reichs- 
tag vorgelegten Weißbücher, Drucks. 1907 Nr. 527 
und 1909 Nr. 1286). 
Perels, Seerecht 1903, 156 ff.; Bernstein. 
Seekriegsrecht, 1911; Zorn in Zs Pol. 2, 821; Nie- 
meyer, Seekriegsrecht, 1910.
	        
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