Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Seeleute — Seemannsämter 
Seelente sind diejenigen Personen, welche 
zur Schiffsbesatzung eines Seefahrzeugs gehören. 
Nach HGB. 
Schiffer, Schiffsoffiziere, Schiffsmannschaft (s. d.) 
und alle übrigen auf dem Schiffe angestellten 
Personen. Auf die Besatzung von Seeschiffen, 
welche Anspruch auf Krankenfürsorge (See- 
mannsordnung 8§ 59—61) hat, findet das KVG. 
keine Anwendung (8§ 1 Abs. 3). S. sind gegen 
Unfall versichert (s. Seeun fallversiche- 
rung). Die Durchführung der Invalidenver- 
sicherung der S. auf Grund des Inv WG. 8§#§ 11 
bis 13 vom 1. Jan. 1907 ab hat die Seeberufs- 
genossenschaft unter gleichzeitiger Einführung 
der Witwen= und Wogenwerftcherung über- 
nommen. Das Statut der „Seekasse“ hat der 
Bz. unter dem 16. Juni 1906 genehmigt (Bek. 
des RVA. vom 4. Dez. 1906 — AN. 22, 658). 
Wegen Auszahlung der Witwen= und Waisen- 
gelder durch die Post s. Anw. des RVM. vom 
1. Dez. 1908 (AN. 24, 695). S. auch Anleitung 
des RVA. vom 6. Dez. 1905 Ziff. 4(AN. 21, 613). 
Wegen der Dienstverhältnisse der S. s. Schiffs- 
mannschaft und wegen Heimschaffung hilfs- 
bedürftiger S. s. Kauffahrteischiffe. 
Brodmann, Die Seegesetzgebung des Deutschen 
Reichs, 1906; Knitschky, Die Seegesetzgebung des 
Deutschen Reichs, 1909. 
Seelsorgeämter (beneficla curata) sind die- 
jenigen kirchlichen Amter, deren Inhaber ein Recht 
auf Verwaltung der Seelsorge (insbesondere Ver- 
waltung der Sakramente, Leitung des Gottes- 
dienstes und Ausübung der kirchlichen Lehrge- 
wakt) besitzen. In der kath. Kirche sind S. die 
Amter der Pfarrer und der Bischöfe — ein- 
schließlich der Erzbischöfe und des Papstes — 
(vgl. Hinschius, Kirchenrecht 2, 371 ff.). In der 
evang. Kirche gehören dahin die Pfarrämter. 
Die Errichtung von S., deren Inhaber unbedingt 
abberufen werden können, ist nur mit Genehmi- 
gung des Mdg A. zulässig (G. vom 11. Mai 1873 
— GS. 191 — § 19 Abf. 1). 
Seemannsämter. Die S. sind die zur Durch- 
führung der Bestimmungen der Seemannsord- 
nung (s. d.) berufenen Behörden. Im Reichs- 
gebiete werden sie durch die Landesbehörden. 
und in den Schutzgebieten vom RK. bestellt. 
Im Auslande fungieren als S. die Konsulate 
des Reichs für Hafenplätze. In Preußen haben 
die besonderen Musterungsbehörden (s. d.) und 
die Hafenpolizeibehörden (#. Hafenpoli- 
zei) die Befugnisse und Obliegenheiten des 
S. wahrzunehmen. Ein Verzeichnis aller S. 
wird alljährlich im Handbuche für die deutsche 
Marine veröffentlicht. Die wichtigste Aufgabe 
des S. beicht in der Ausfertigung der See- 
fahrtsbücher (s. d.) und in der An- und Abmuste- 
rung (s. d.) der Schiffsmannschaft (s. d.). Außer- 
dem hat es folgende polizeiliche und richterliche 
Funktionen: a) die Beglaubigung der Unter- 
schriften des Kapitäns (s. Schiffer) unter der 
Bescheinigung über die Rang= und Dienstver- 
hältnisse und über die Dauer der Dienstzeit des 
Schiffsmanns im Seefahrtsbuch und unter 
dem Führungszeugnisse (s. Arbeitszeug- 
nis IV) sowie die Ausstellung dieser Be- 
scheinigung und dieses Zeugnisses an Stelle des 
Kapitäns, sofern dieser die Ausstellung verweigert 
oder unrichtige Angaben in der Bescheinigung 
  
§ 481 gehören zur Schiffbesatzung 
  
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gemacht hat (§§ 19—21), b) die Erklärung über 
den Betrag der üblichen Heuer, sofern beim 
Abschlusse des Heuervertrags die Heuer nicht 
ausdrücklich vereinbart worden ist (§ 29), c) das 
zwangsweise Anhalten des Schiffsmanns zur 
Pflichterfüllung, wenn er sich nach der Anmuste- 
rung ohne einen genügenden Entschuldigungs- 
rund dem Antritt oder der Fortsetzung des 
ienstes entzieht (§ 33), d) die Entscheidung über 
die Zulässigkeit der Herabsetzung im Rang und 
der Verringerungen der Heuer, sofern sich nach 
Antritt der Reise herausstellt, daß der Schiffs- 
mann zu dem Dienste, zu welchem er sich ver- 
heuert hat, untauglich ist (§ 43), e) die Bescheini- 
gung über die Auszahlung der Heuer bei der Ab- 
  
n 
musterung und die Empfangnahme der Heuer 
auf Antrag des Schiffsmanns zur Absendung 
an auswärts wohnende Angehörige, Sparkassen 
und sonstige Verwahrungsstellen (8 46), f) die 
Nachforschung nach Schiffsleuten, die bei Ab- 
fahrt des Schiffes vermißt werden (§ 51), g) die 
Vermittlung der Aushändigung des Dienst- 
und Heuerguthabens von verschollenen Kapi- 
tänen, Schiffsoffizieren und Schiffsleuten an die 
Empfangsberechtigten (§ 53), b) die Entscheidung 
— vorbehaltlich des Rechtswegs — über die 
Höhe der Vergütung, die dem Schiffsmanne 
für die auf der Reise erlittenen Entbehrungen 
zusteht (§ 57), i) die Untersuchung und Abstellung 
der Mängel, die sich anläßlich der Beschwerde 
eines Schiffsoffiziers oder einer Beschwerde von 
mindestens drei Schiffsleuten hinsichtlich der 
Seetüchtigkeit des Schiffes oder der Beschaffen- 
heit und Menge der Schiffsvorräte herausstellen 
(§& 58), k) die vorläufige Entscheidung von 
Streitigkeiten wegen der Heilbehandlung und 
Rückbeförderung erkrankter Seeleute (§§5 59—61) 
und die vorläufige Festsetzung der Belohnung im 
Streitfalle für Seeleute, die bei der Verteidi- 
gung des Schiffs zu Schaden gekommen sind 
(5 61), 1) die Sorge für die Aufbewahrung der 
Sachen der wegen Erkrankung oder Verletzung am 
Lande zurückgelassenen Schiffsleute und Fürsorge 
für den Nachlaß verstorbener Schiffsleute (88 63, 
65), m) die vorläufige Entscheidung der gelegentlich 
der Rückbeförderung des Schiffsmannes entstehen- 
den Streitigkeiten (88 66, 69, 72, 73, 78, 79), 
n) die Entscheidung über die Brauchbarkeit des 
von dem Schiffsmanne vorgeschlagenen Ersatz- 
manns (8§ 74 Ziff. 5), o) die Feststellung der 
Schadenersatzansprüche beim Entweichen des 
Schiffsmanns (§ 94), p) die Entscheidung der 
Streitigkeiten zwischen Kapitän und Schiffs- 
mann über Antritt und Fortsetzung des Dienstes, 
vorbehaltlich des Rechtswegs (§ 130), aq) die vor- 
läufige Entscheidung von Streitigkeiten, die 
keinen Aufschub leiden, auf Antrag des Kapitäns 
oder des Schiffsmanns. Die Entscheidungen in 
den Fällen p, ag sind vorläufig vollstreckkar. Das 
S. ist verpflichtet, die gütliche Ausgleichung der 
zu seiner Kenntnis gebrachten, zwischen dem Ka- 
pitän und dem Schiffsmann bestehenden Streitig- 
keiten zu versuchen. Insbesondere hat es hinsicht- 
lich der Streitigkeiten, die bei der Abmusterung 
entstehen, einen Güteversuch zu veranstalten. 
Dem S. steht die Untersuchung und Entscheidung 
der durch die Seemannsordnung unter Strafe 
gestellten Handlungen und Unterlassungen zu, 
soweit es sich nach dem angedrohten Strafmaß 
 
	        
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