Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Selbstverwaltung 551 
s. Invaliden versicherung VI Zc.gebung entnommen werden könne, und daß 
Auch Strafgefangene können und sollen hiernach S. im staatsrechtlichen Sinne die Ver- 
sich freiwillig versichern oder weiterversichern richtung staatlicher Funktionen durch dem 
(Rundschr. des RVA. vom 1. Juli 1908 — AN. Staate untergeordnete, aber innerhalb ihres 
24, 535). Über die Weiterversicherung bei der Wirkungskreises selbständige Persönlichkeiten sei. 
Seekasse der Seeberufsgenossenschaft (#(. See-Gegenstand der S. könnten nur Staatsgeschäfte 
un fallversicherung VI) f. AN. 25, 590. sein, daher gebe es weder eine S. der auf privat- 
S. auch Invaliden versicherung VI rechtliche Verhältnisse beschränkten juristischen 
3c, 4. Streitigkeiten über das Recht zur Selbst= Personen oder rein wirtschaftlicher Verbände, 
versicherung oder Weiterversicherung entscheidet noch eine S. der Kirchen= und Religionsgesell- 
auf Antrag die untere Verwaltungsbehörde schaften. 
(Landrat, in Städten über 10 000 Einw. der! Unter Verzicht auf eine Beurteilung dieser 
Gemeindevorstand) oder der Vorsitzende der! Begriffserklärungen im einzelnen soll hier nur 
Rentenstelle (s. Versicherungsanstal= folgendes hervorgehoben werden. Die S. ist an 
ten IV 3). Gegen ihren Bescheid ist innerhalb sich begrifflich kein subjektives Recht, 
eines Monats die Beschwerde an den Regierungs- sondern nur eine Form der Verwaltung, 
präsidenten (in Berlin an den Oberpräsidenten), wenn auch gewissen Persönlichkeiten ein Recht 
bei Fragen von grundsätzlicher Bedeutung an hierauf zustehen kann. Soweit es sich um das 
das RV. zulässig. Im übrigen werden Streitig-öffentliche Recht handelt, kann die S. selbst- 
keiten im Rentenfeststellungsverfahren entschie= verständlich nur öffentliche Angelegenheiten, 
den (Inv BG. 8 155). nicht privatwirtschaftliche, zum Gegenstande 
Selbstverwaltung. I. Der Begriff der S. phhaben. Eine Erklärung kann der Begriff der S. 
hat in der Wissenschaft eine sehr verschiedene Aus= im öffentlichen Recht nur aus seinem Gegen- 
legung und Abgrenzung gefunden. Mit Rück= satze finden, den die Staatsverwaltung 
sicht darauf, daß dieses Wort dem englischen Aus= bildet (nicht die Verwaltung staatlicher Angelegen- 
druck self-government nachgebildet ist, hat man heiten, sondern die Verwaltung durch den Staat). 
(unter Vortritt von Gneist) hierunter die Er-Nur der Staat kommt im öffentlichen Recht als 
ledigung staatlicher Angelegenheiten durch un-„der andere“ in Frage, dessen Verwaltungs- 
besoldete Ehren beamte verstanden, die tätigkeit auf einem bestimmten Gebiete durch die 
vom Staate hiermit beauftragt werden (wie die S. ausgeschlossen wird. Können hiernach Gegen- 
englischen Friedensrichter). Dagegen wird von stand der S. nur öffentliche Angelegen- 
mehreren Schriftstellern (besonders von Gierke, heiten sein, so darf doch eine Umgrenzung des 
Schäffle und Gluth) als S. das Recht korpora= Begriffs der S. nicht mittels Beschränkung ihrer 
tiver Verbände auf selbständige Verwaltung Tätigkeit auf „staatliche Funktionen“ erfolgen. 
ihrer eigenen Angelegenheiten bezceichnet. Denn der Kreis dieser Funktionen steht nicht fest, 
Andere (besonders Stein, E. v. Meier, Gareis, seine Grenzen sind flüssig und werden oft erst 
Hänel) sehen den Inhalt dieses Rechts in einer gerade dadurch bestimmt, daß hinsichtlich gewisser 
selbsttätigen Besorgung solcher öffentlichen Ange= Angelegenheiten ein Recht auf S. gesetzlich an- 
legenheiten, die ihrer Natur nach sowohl erkannt wird, während andererseits der Staat 
Aufgaben des Staates als auch der korpora= die Macht hat, durch seine Gesetzgebung alle 
tiven Verbände sind, durch diese Verbände. öffentlichen Angelegenheiten mehr oder weniger 
Unter Einschränkung dieses Begriffs wird dann zum Gegenstande seiner Verwaltungstätigkeit zu 
(von O. Mayer) die S. als die Verwaltung machen. Unter S. wird also diejenige Verwal- 
solcher Angelegenheiten, die an sich staatliche tung öffentlicher Angelegenheiten ver- 
sind, durch eine Körperschaft, der sie vom Staate standen werden müssen, die der Staat anderen 
übertragen worden sind, angesehen. Hier-Rechtspersönlichkeiten belassen oder über- 
bei wird dann auch hervorgehoben (von E. v. wiesen hat. Soweit dies durch Gesetze ge- 
Meier), daß die deutsche S. sich von der eng= schehen ist, entsteht hierdurch für die betreffenden 
lischen durch die Wahl der verwaltenden Per= Persönlichkeiten ein Recht auf S. gegenüber den 
sonen (im Gegensatz zu ihrer Ernennung durch Staatsbehörden, denen dann keine Mitverwal- 
den Staat) unterscheide, und demgemäß (von tung, sondern nur ein Aufsichtsrecht über die S. 
Jacobs) die S. als eine Verwaltung erklärt, die nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften (s. 
ganz oder teilweise durch nicht als Staats= Aufsicht, Kommunalaufsicht) zu- 
oder Kirchenbeamte angestellte Vertrauens= steht. In diesem Sinne können auch Angelegen- 
männer der Untertanen geführt wird., Noch heiten der „Eigenverwaltung", namentlich die 
andere Schriftsteller (Rosin, v. Stengel) verstehen „selbständige Verwaltung der Kirchenangelegen- 
unter S. sowohl die politische (obrigkeitliche) heiten“ (VlU. Art. 15) und der „äußeren Ange- 
Verwaltung staatlicher Angelegenheiten durch legenheiten der Volksschule“ (Vu. Art. 24) 
unabhängige, im Ehrenamte tätige Personen, als Gegenstand einer S. sein. Ebenso kann sich die 
auch die wirtschaftliche Eigenverwaltung S. auf Veranstaltungen einer Gemeinde erstrecken, 
der korporativen Verbände. Ihnen gegenüber die im „ffentlichen Interesse“ (KA. § 9) ge- 
wird (von Blodig) aus dem Worte S. als Gegen= troffen, selbst wenn sie an sich wirtschaftlicher Art 
satz zur Verwaltung „durch andere“" gefolgert, sind, sowie auf das Gemeindevermögen (. d.), 
daß es sich hierbei nur um einen Geschäftskreis dessen Verwaltung nicht lediglich eine privat- 
handeln könne, der vom Staate (dem „anderen“) rechtliche, sondern auch eine öffentlichrechtliche 
an gewisse korporative Verbände zur eigenen Be-| Angelegenheit und daher zwar keine Aufgabe des 
sorgung überlassen worden ist. Endlich wird (von Staates ist, aber doch seiner Einwirkung unter- 
Schön) ausgeführt, daß der Begriff der S. nur liegt. — Neben dieser S. im Sinne des preuß. 
aus dem Gebrauch dieses Wortes in der Gesetz= Verwaltungsrechts kann man auch von einer S. 
  
 
	        
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