Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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Städteordnungen 
gehenden Oberleitung des Staates. Neben den! die Kontrolle der Verwaltung, sowie die Be- 
unmittelbar unter dem Landesherrn stehenden 
S. kamen noch Mediatstädte (s. d.) vor. — 
Eine Mittelstellung zwischen den S. und den 
Landgemeinden nahmen die Flecken (s. d.) 
ein. Die jetzige Verfassung der S. beruht auf 
den Städteordnungen ((. d.), die teils 
für einzelne Provinzen, teils für größere Landes- 
teile erlassen worden sind. — Uber die Be- 
ziehung zwischen Landgemeinden in Westfalen, 
Hannover und der Rheinprovinz als Städte 
s. Städteordnungen; über die Be- 
grenzung des Stadtbezirks s. Gemeinde- 
bezirke I. — S., die mit Ausschluß der ak- 
tiven Militärpersonen eine Einwohnerzahl von 
mindestens 25 000 Seelen haben (in Westfalen 
30 000, in der Rheinprovinz 40 000 Seelen) und 
einem Landkreis angehören, sind befugt, für sich 
einen Kreisverband (Stadtkreis) zu bilden. Auf 
den Antrag der S. wird sie von dem Md J. für 
ausgeschieden aus ihrem bisherigen Kreisver- 
band erklärt (s. Kreise). Im Jahre 1905 
bestanden im Königreich Preußen 577 S., wovon, 
abgesehen von dem Stadtkreis Berlin, auf die 
Prov. Ostpreußen 67, Westpreußen 55, Branden- 
burg 137, Pommern 72, Posen 131, Schlesien 
150, Sachsen 142, Schleswig-Holstein 55, Han- 
nover 113, Westfalen 105, Hessen-Nassau 104, 
die Rheinprovinz 132, und Hohenzollern 2 ent- 
sallen- Von ihnen bildeten 88 S. eigene Stadt- 
reise. 
). Below,, Die Entstehung der deutschen Stadt- 
gemeinde, 1889; derselbe, Der uUrsprung der deut- 
schen Stadtverfassung, 1892; derselbe, Das ältere 
deutsche Städtewesen, 1905; Hassert, Die Städte, 
1907; v. Maurer, Geschichte der Städteverfassung in 
Deutschland, 1869: Preuß, Die Entwicklung des 
deutschen Städtewesens, 1906; Sohm, Die Entstehung 
des deutschen Städtewesens, 1890; Halberg, Das Ge- 
meindeverfassungs= und Verwaltungsrecht in den 7 östl. 
Provinzen Preußens, 1896: Lehmann, Der Ursprung 
der St O. von 1808 (Preuß. Jahrbücher Bd.# 93); 
v. Meier, Die Reform der Verwaltungsorganisation 
unter Stein und Hardenberg, 1381. 
Städteordnungen. I. Eine StO. ist ein 
Landesgesetz, durch welches die Verfassung und 
Verwaltung der Städte eines bestimmten Landes- 
teils geordnet wird. In Preußen, wo die Städte 
im 17. und 18. Jahrh. ihre frühere Selbständigkeit 
größtenteils verloren hatten (s. Städte), fand 
das Städterecht eine weitgehende Neuordnung 
durch die unter Leitung des Freiherrn v. Stein 
entworfene, die Bürger zu einer ausgedehnten 
Teilnahme an der Verwaltung städtischer An- 
gelegenheiten berufende St O. vom 19. Nov. 
1 80 8. Sie bildete den Ausgangspunkt für die 
kommunale Selbstverwaltung (s. d.). 
Nach dieser St O. waren die Städte entweder 
große (mit 10 000 und mehr Einw.), mittlere 
(mit 3500—10 000 Einw.) oder kleine. Die 
Einwohner waren entweder Bürger oder Schutz- 
verwandte. Der Unterschied zwischen Mediat- 
und Immediatstädten wurde beseitigt, das Städte- 
recht auf die Vorstädte ausgedehnt. Die Bürger 
sollten durch die von ihnen gewählten Stadt- 
verordneten vertreten werden, die aber 
selbständig und an Instruktionen ihrer Wähler 
nicht gebunden waren. Zum Vertreter und Ver- 
walter der städtischen Angelegenheiten wurde der 
Magistrat bestellt. Den Stadtverordneten 
sollte keine Verwaltung, sondern nur eine Be- 
schlußfassung über städtische Angelegenheiten und 
  
willigung der Geldmittel zustehen. Die Gerichts- 
barkeit und die Sicherheitspolizei wurde den 
Städten genommen; die Verwaltung der Polizei 
konnte aber vom Staate dem Magistrat über- 
tragen werden. Die Staatsaufsicht war auf die 
Kenntnisnahme von den Rechnungen, auf die 
Entscheidung über Beschwerden, sowie auf die 
Bestätigung von Ortsstatuten und Magistrats- 
wahlen beschränkt. Üüber die städtische Finanz- 
verwaltung waren die Stadtverordneten unbe- 
schränkte Herren. — Die Einengung des staatlichen 
Aufsichtsrechts war der hauptsächlichste Grund 
für die Revision der St O., aus der die St O. 
vom 17. März 1831 hervorging. Diese ließ 
den einzelnen Städten eine größere individuelle 
Freiheit hinsichtlich der Gestaltung ihrer Ver- 
fassung durch ein besonderes Statut, das der 
Genehmigung des Landesherrn bedurfte, soweit 
es Abweichungen von der StO. enthielt. Die 
frühere Einteilung der Städte in große, mittlere 
und kleine wurde ausgegeben. Mit der Polizei- 
verwaltung sollte nicht nur der Magistrat, son- 
dern auch der Bürgermeister als solcher beauf- 
tragt werden können. Die Zuständigkeit wurde 
zwischen Magistrat und Stadtverordneten be- 
stimmter abgegrenzt, die Kommunalbesteuerung 
und die städtische Vermögensverwaltung unter 
staatliche Aussicht gestellt. Der Unterschied 
zwischen Mediat= und Immediatstädten wurde 
beibehalten. — Die rev. StO. wurde in den 
Städten der Prov. Posen, Sachsen und West- 
falen eingeführt, in denen die St O. von 1808 
nicht galt. Die Städte in Neuvorpommern und 
Rügen behielten ihre alten Verfassungen. Von 
der Befugnis der Städte, in denen die StO. 
von 1808 galt, diese mit der revidierten zu ver- 
tauschen, ist fast nirgends Gebrauch gemacht 
worden. — Für die Rheinprovinz wurde 
am 23. Juli 185 eine für Stadt= und 
Landgemeinden geltende GemO. erlassen. — 
Zur Ausführung des Art. 105 Vl. erging am 
1 1. März 1850 für den damaligen Um- 
fang der Monarchie eine Gemeinde- 
ordnung, die den Unterschied zwischen 
Städten und Landgemeinden völlig beseitigte, 
hinsichtlich der Gemeindeverfassung nur einen 
Unterschied zwischen Gemeinden mit mehr und 
mit weniger als 1500 Einw. machte, als Ge- 
meindebehörden überall einen Gemeindevor- 
stand und einen Gemeinderat vorsah und die 
Bildung von Samtgemeinden zuließ. Diese 
GempO. wurde aber, bevor sie vollständig ein- 
geführt war, durch G. vom 24. Mai 1853 wieder 
aufgehoben. An ihre Stelle traten die unter 
11 1—3 erwähnten StO. *. 
II. Gegenwärtig bestehen in den verschie- 
denen Landesteilen folgende StO. mit den- 
jenigen Anderungen, welche die neuere staatliche 
Steuergesetzgebung, das Kommunalabgabengesetz, 
das Kommunalbeamtengesetz, das Gesetz über die 
Wählerabteilungen und andere Gesetze herbei- 
geführt haben. 
1. Die St O. vom 30. Mai 1853 
(GS. 261) für die östlichen Provinzen (Ost- 
preußen, Westpreußen, Posen, Pommern, Bran- 
denburg, Schlesien und Sachsen). Sie ist für 
die bis dahin auf den Provinziallandtagen im 
Stande der Städte vertretenen Städte und ferner
	        
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