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erstgenannten Provinz spätestens binnen drei
Tagen Nachricht von dem Ergebnisse der Ver—
handlung unter Mitteilung einer beglaubigten
Protokollabschrift. In den gemeinschaftlichen
Versammlungen der beiden Kollegien leitet
das vorsitzende Mitglied des Magistrats die Ver-
handlungen (Schl HHolst St O. §§ 51 Abs. 1, 54, 55;
Hann St O. s§ 105 Abs. 3, 106).
6. a) Die Beschlüsse der S. werden nach
Stimmenmehrheit gefaßt, bei Stimmengleichheit
gibt die Stimme des Vorsitzenden den Aus-
schlag. Anwesende, welche sich der Abstimmung
enthalten, werden für die Frage der Beschluß-
fähigkeit mitgezählt. Abstimmung durch Auf-
stehen, Händeerheben u. dgl. ist nicht ausge-
schlossen, geheime nur zugelassen, soweit das
Gesetz dies vorsieht (Pr VBl. 14, 147; 15, 427).
Persönlich beteiligte Stadtverordnete dürfen an
der Beschlußfassung nicht teilnehmen. Als in
diesem Sinne beteiligt gelten nur diejenigen,
deren Interesse in der zur Verhandlung stehen-
den Angelegenheit mit demjenigen der Ge-
meinde in Widerspruch steht. Ob dies der Fall
ist, ist Sache der tatsächlichen Prüfung in jedem
Einzelfalle (Pr VBl. 29, 54). Hat die persönliche
Beteiligung einer Mehrzahl von Stadtverord-
neten die Beschlußunfähigkeit der S. zur Folge,
so muß der Magistrat und, falls auch dieser
behindert ist, der BezA. für die Wahrung des
Gemeindeinteresses unter eventueller Bestellung
eines Vertreters der Stadtgemeinde sorgen. Die
Beurkundung der Beschlüsse erfolgt durch Ein--
tragung in ein Protokollbuch unter Angabe der
Anwesenden und Unterzeichnung durch den Vor-
sitzenden und wenigstens drei — in Hohen-
zollern zwei — Mitglieder. Die Beschlüsse sind
dem Magistrate zu übersenden (St O. f. d. ö. Pr.
§8#§ 3, 44, 47; Westf St O. 8§ 43, 44, 47; Rhein-
Ste. # 36. 41, 41, 73; Gem WW. 9Ss 53, 54, 57
HohenzollGp. g8 77, 78, 81; 36. 88 17 Abs. 1
Ziff. 2, 161).
b) In Schleswig-Holstein führt bei den ge-
meinsamen Versammlungen beider Kollegien
der Bürgermeister bzw. dessen Stellvertreter
das Direktorium. Die Beurkundung der auf
Grund gemeinschaftlicher Beratung und Beschluß-
fassung ergangenen Beschlüsse erfolgt nach vor-
gängiger Verlesung und Genehmigung durch die
Unterschrift des Bürgermeisters, des Stadt-
verordnetenvorstehers bzw. ihrer Stellvertreter
und des Protokollführers. Nicht in das Protokoll-
buch eingetragene Beschlüsse entbehren der
Gültigkeit. Bei der Abstimmung votiert, falls
das Ortsstatut nichts anderes bestimmt, der
Magistrat nach der S., jedes Kollegium stimmt
besonders ab, bei Stimmengleichheit gibt die
Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Ein
rechtswirksamer Gemeindebeschluß kommt zu-
stande, wenn die Mehrheit in dem einen sich mit
der Mehrheit in dem anderen Kollegium zu
rinem überenstimimenden Beschlusse vereinigt
(SchlHolst StO. 88 51, 52; Z36. 17 Abs. 1
Ziff. 2). Für die besonderen Sitzungen der S.
enthalten die §§ 51, 54, 55 entsprechende Vor-
schriften.
c) In der Prov. Hannover beruft der
Wortführer auf Veranlassung des Magistrats
die gemeinschaftlichen Versammlungen. Erfolgt
die Zusammenberufung wegen Beschlußunfähig-
Stadtverordnetenversammlung
keit zum zweiten Male, so sind die Bürger-
vorsteher durch den Magistrat einzeln zu laden.
Das vorsitzende Mitglied des Magistrats leitet
die Verhandlung, das Protokoll wird magistrats-
seitig geführt. Der Abstimmungsmodus entspricht
demjenigen in Schleswig-Holstein. Vor der Ab-
stimmung kann auf Anordnung des Vorsitzenden
oder des Wortführers oder dreier Bürgervorsteher
eine abgesonderte Beratung beider Kollegien ein-
treten. Anträge der Bürgervorsteher erfolgen
durch Überreichung der protokollierten Beschlüsse
oder durch Erklärung zum Magistratsprotokoll
(Hann StO. 8#§ 106—108; 3G. 85 17 Abs. 1 Ziff. 2).
IV. Rechtliche Stellung der Stadt-
verordneten. Die Mitglieder der S.
sind nicht Bevollmächtigte ihrer Wähler, sondern
Vertreter der ganzen Stadtgemeinde und an
keine Aufträge oder Instruktionen gebunden.
Sie sind weder mittelbare noch unmittelbare
Beamte und nur insoweit zur Verschwiegenheit
verpflichtet, als die S. im Einzelfalle Geheim-
haltung beschlossen hat. Sie unterliegen hin-
sichtlich ihrer Tätigkeit als Mitglieder der S.
keinem Disziplinarverfahren (ZG. § 20 Abs. 3)
und können auch nicht auf Grund ihrer Be-
schlüsse von der Stadtgemeinde wegen privatrecht-
licher Schädigung ersatzpflichtig gemacht werden.
Hinsichtlich ihrer in den Versammlungen der
Stadtverordneten gehaltenen Reden genießen sie
den Schutz des § 193 StG B. Sie beziehen
weder Gehälter noch Remunerationen, doch
ist die Vergütung barer Auslagen zulässig,
welche für sie aus der Ausrichtung von Auf-
trägen entstehen (St O. f. d. ö. Pr. § 64; Westf-
St O. § 64; Rhein St O. § 58; Hess NassSt O.
§ 38 Abs. 2, 53 Abs. 5, 91 Abs. 2; Gem W.
88 45 Abs. 2, 71 Abs. 2; Hohenzoll GO. § 72
Abs. 3; Hann StO. § 80).
V. Zuständigseit. a) In den alten
[Provinzen, Hessen-Nassau, Frank-
furt a. M. und Hohenzollern beschließt
die S. über alle Stadtangelegenheiten, soweit
sie nicht ausschließlich dem Magistrate (Bürger-
meister) überwiesen sind (O#V#G. 50 S. 4 u. 8;
Pr BBl. 28, 257). Zur Beschlußfassung über
andere Angelegenheiten ermächtigt sie nur eine
Anordnung der Aufsichtsbehörde, der gegenüber
sie zur Abgabe erforderter Gutachten verpflichtet
ist. Sie überwacht die gesamte Stadtverwaltung,
insbesondere auch das Finanzwesen, und ist
berechtigt, sich von der Ausführung ihrer Be-
schlüsse und der ordnungsmäßigen Vereinnah-
mung und Verwendung der Gemeindeeinnahmen
durch Akteneinsicht und Teilnahme an den Ge-
meinderevisionen zu überzeugen. (S. Städti-
sches Kassen= und Rechnungs-
wesen.) Der Stadtvorstand hat der S. all-
jährlich vor der ihr obliegenden Aufstellung des
Haushaltsplans (s. Gemeindehaushalt)
einen Verwaltungsbericht (s. Magistrate V)
zu erstatten. Das Kontrollrecht der S. be-
zieht sich nicht nur auf der Vergangenheit
angehörige Verwaltungsakte, sondern auch auf
die laufende Verwaltung. Sie ist dem Magi=
strate nicht übergeordnet, sondern mit und
neben ihm als Willensorgan der Stadtge-
meinde zur Tätigkeit berufen. Die Kontroll-
maßregeln dürfen nur informatorischer Art sein,
eine Beteiligung der S. an der dem Magistrate