Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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übrigen Ausfertigungen sind als „Duplikate“ 
zu versteuern (§ 9 Abs. 1). Enthält eine Ur- 
kunde mehrere Rechtsgeschäfte, so ist jedes 
besonders steuerpflichtig; es sei denn, daß die 
mehreren Geschäfte sich als Bestandteil eines 
einheitlichen, nach dem Tarif steuerpflichtigen 
Geschäfts darstellen. Alsdann ist nur der für 
dieses Geschäft vorgeschriebene Stempel zu ver- 
wenden (8§ 10 Abs. 2 u. 3). Die im Auslande, 
d. h. außerhalb des Geltungsbereichs des L St G., 
von Inländern oder von Ausländern ausgestellten 
Urkunden sind der preuß. S. insoweit unter- 
worfen, als es sich in ihnen um Geschäfte handelt, 
welche im Inlande befindliche Gegenstände be- 
treffen oder welche im Inlande zu erfüllen 
sind (§ 2. · 
staate entrichtete Stempel kann auf die preuß. 
S. angerechnet werden, sofern der andere 
  
Der in einem anderen Bundes- 
Bundesstaat die gleiche Rücksicht auf Preußen 
nimmt (§ 2 Aos. 3). Auf Grund dieser Be- 
stimmung ist zwischen Preußen und Sachsen zur 
Beseitigung von Doppelbesteuerungen eine Ver- 
einbarung unter dem 3./20. Mai 1910 getroffen 
worden (Abg 3 Bl. 521). Vgl. darüber auch 
FME. vom 22. Sept. 1910 (Abg BBl. 523). 
Der Stempeltarif führt unter 78 Nummern die 
verschiedenen Urkunden auf, die er der Steuer 
unterwirft. 
Die Verpflichtung zur Zahlung der S. trifft 
bei einseitigen Urkunden den Aussteller, bei 
zweiseitigen alle Vertragsteilnehmer, bei den 
von Behörden und Beamten, einschließlich der 
Notare, ausgenommenen Verhandlungen oder 
erteilten Ausfertigungen, Abschriften, Bescheini- 
gungen, Auszügen und Genehmigungen aller Art 
denjenigen, auf dessen Veranlassung die Schrift- 
stücke ausgenommen oder erteilt werden (§ 12 
Abs. 1). Von mehreren zur Zahlung der S 
  
Stempelsteuer (preußische) 
griffs gegen die eigentlich Verpflichteten und 
in erster Linie Haftenden. 
b) Verjährung. Die S. verjährt, 
wenn sie auf einen Bruchteil des Wertes des 
Gegenstandes bemessen ist, in zehn, sonst in fünf 
Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem 
ihre Zahlung hätte erfolgen müssen. Die Be- 
anstandung der Angaben des Steuerpflichtigen 
über den Wert des Gegenstandes eines Ge- 
schäfts ist nur binnen drei Jahren nach der Be- 
urkundung zulässig (§ 27 Abs. 1 u. 3). Die Ver- 
jährung wird unterbrochen durch eine Zahlungs- 
aufforderung an den Zahlungspflichtigen, durch 
Handlungen der Zwangsvollstreckung oder durch 
Stundungsbewilligung (§ 27 Abs. 2). Hinsichtlich 
des Stempels zu Verfügungen von Todes wegen 
beginnt die Verjährungs= und Wertbeanstan- 
dungsfrist erst nach Ablauf des Kalenderjahrs, 
in welchem die Eröffnung der Verfügung erfolgt 
(§ 27 Abs. 4). Die Wirkungen der Verjährung 
sind nach bürgerlichem Recht zu beurteilen 
(BGB. 88 194 ff.. 
c) Steuerbefreiungen. In §§ 4, 5 
LStG. werden diejenigen Urkunden (§ 4) und 
diejenigen Personen (§ 5) aufgezählt, denen die 
Stempelsteuerfreiheit zusteht. Daneben sind 
aber alle Urkunden und alle Personen, Behörden, 
Gesellschaften, Anstalten, Stiftungen, Vereine 
usw., denen durch frühere Gesetze oder landes- 
herrliche Privilegien Stempelfreiheit bewilligt 
worden ist, auch fernerhin privilegiert geblieben. 
u. In sachlicher Hinsicht sind von der 
S. befreit: 1. Urkunden über Gegenstände, 
deren Wert in Geld schätzbar ist, wenn dieser 
Wert 150 4 nicht übersteigt, insoweit der Tarif 
nicht entgegenstehende Bestimmungen enthält 
(z. B. TSt. 70 — f. unter Versicherungs- 
S.mwverträge — und 48 I — f. unter Pacht- 
verpflichteten Personen haftet jede einzelne als verträge); 2. Urkunden, die wegen Be- 
Gesamtschuldner (§ 12 Abs. 2). 
für die Entrichtung der S. unter Vorbehalt des 
Rückgriffs gegen die eigentlich Verpflichteten: 
1. Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften 
auf Aktien, eingetragene Genossenschaften, Ge- 
werkschaften und Gesellschaften mit beschränkter 
Haftung für die Stempel, welchen die von 
ihren Vorständen oder Geschäftsführern in ihrem 
Auftrage oder Namen errichteten Verhandlungen 
unterliegen; 2. bei Auktionen diejenigen, für 
deren Rechnung oder auf deren Veranlassung die 
Versteigerung stattgefunden hat, und die von 
diesen Personen zur Abhaltung der Auktionen 
Beaustragten; 3. jeder Inhaber oder Vorzeiger 
einer mit dem gesetzlichen Stempel nicht oder 
nicht ausreichend versehenen Urkunde, welcher 
ein rechtliches Interesse an dem Gegenstande 
derselben hat (§ 13 Abs. 1). Kann die S. von 
den eigentlich Verpflichteten und den für sie 
haftenden Personen (s. vorstehend unter 1—3) 
nicht erlangt werden, so haften hierfür ferner 
Beamte, einschließlich der Notare, jedoch aus- 
schließlich der Schiedsmänner, welche die von 
ihnen ausgenommenen Urkunden vor erfolgter 
oder nicht ausreichend erfolgter Stempelverwen- 
dung aushändigen oder Ausfertigungen oder Ab- 
schriften erteilen oder sonst die ihnen wegen der 
Einziehung des Stempels obliegenden Pflichten 
verabsäumen, insoweit ihnen ein Verschulden 
zur Last fällt und unter Vorbcehalt ihres Rück- 
  
Ferner haften stimmung des Betrages öffentlicher Abgaben und 
Einziehung derselben und überhaupt wegen Lei- 
stungen an den Fiskus des Deutschen Reichs 
oder des preuß. Staates infolge allgemeiner 
Vorschriften ausgenommen oder beigebracht wer- 
den müssen, sofern sie allein zu diesem Zwecke 
dienen; 3. die auf die Heeresergänzung und die 
Befreiung von dem Heeresdienste, den Reserve- 
und Landwehrübungen sowie Kontrollversamm- 
lungen bezüglichen amtlichen Urkunden; 4. die 
von der Auseinandersetzungsbehörde oder in 
deren Auftrage in Auseinandersetzungssachen ge- 
pflogenen Verhandlungen einschließlich der da- 
mit verbundenen Nebenpunkte sowie alle dazu 
gehörigen Urkunden; 5. Urkunden wegen Besitz- 
veränderungen, denen sich die Beteiligten aus 
Gründen des öffentlichen Wohls zu unterwerfen 
gesetzlich verpflichtet sind (Enteignungen), ohne 
Unterschied, ob die Besitzveränderung selbst durch 
Enteignungsbeschluß oder durch freiwillige Ver- 
äußerungsgeschäfte bewirkt wird; 6. Abschriften, 
Auszüge und Bescheinigungen aller Art aus den 
bei der Katasterverwaltung geführten bzw. auf- 
bewahrten Karten und sonstigen Schriftstücken; 
7. Verfügungen und Verhandlungen der Schieds- 
männer, soweit ihre Stempelpflichtigkeit in der 
TSt. „Vergleiche“ nicht ausdrücklich angeordnet 
ist. 
7. Persönlich steht Stempelfreiheit zu: 
.1. dem König, der Königin und den kal. Witwen;
	        
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