Stempelsteuer (preußische)
Außer den Zollbehörden haben alle Staats= und
Kommunalbehörden und beamten, denen eine
richterliche oder Polizeigewalt anvertraut ist, die
Verpflichtung, auf Befolgung des LStG. zu
achten und alle Zuwiderhandlungen der zu-
ständigen Zollbehörde von Amts wegen anzu-
zeigen (§ 30 Abs. 3). Die Versteuerung der von
Privatpersonen ausgestellten Urkunden sowie der
Verkauf der Stempelzeichen erfolgt durch die
Hauptzoll- und Zollämter. Außerdem werden
zu gleichem Zweck erforderlichenfalls Stempel-
verteiler bestellt, welche die ihnen obliegenden
Geschäfte nach Maßgabe der ihnen erteilten An-
weisung zu führen haben (AussBest. vom
16. Aug. 1910 Ziff. 31 Abs. 1 und Beilage 1
nebst Anlage dazu). Die Hauptzollämter
sowie die Stempelsteuerämter sind verbun-
den, den zur Stempelverwendung verpflich-
teten Personen gegen Erstattung der ent-
stehenden Schreibgebühren nebst Porto Aus-
kunft über die Höhe des erforderlichen Stempels
zu erteilen (§ 30 Abs. 2). Wird der Stempel
entsprechend der Auskunft verwendet, so ist der
Verpflichtete vor Stempelstrafe, nicht aber ge-
gebenenfalls vor Stempelnachforderung geschützt
(§ 20). Die Verhandlungen in Stempelsteuer-
angelegenheiten — außer in Strafsachen — sind
kostenfrei. Doch sind die Steuerpflichtigen zur
Tragung des entstehenden Portos außer in
Stempelrevisionsangelegenheiten verbunden (829 :
und Ausf Best. vom 16. Aug. 1910 Ziff. 30).
h) Gerichtliches Stempelwesen.
Nicht nur gerichtliche, sondern unter Umständen
auch außergerichtliche Urkunden sind von den
Gerichten zu versteuern. Wie bereits oben unter
1 und IIe erwähnt, findet in diesen Fällen eine
Verwendung von Stempelzeichen nicht statt,
vielmehr erfolgt die Versteuerung durch Ein-
ziehung des Stempels als Gerichtskosten (Ge-
richtskostenstempel). Die Bestimmungen dar-
über finden sich im DS#n G. (§8 2, 101) und
Pr G#b G. (§§ 30, 31, 119) sowie in der Allg. Vf.
des FM. und IM. vom 28. Juli 1910 (IM l.
299), betr. das gerichtliche Stempelwesen; ins-
besondere sind in §§ 1, 2 der letztgedachten
Verfügung diejenigen gerichtlichen und außer-
gerichtlichen Urkunden aufgezählt, bezüglich deren
der Stempel als Gerichtsgebühr zu erheben ist.
Die Nachprüfung des Stempelansatzes erfolgt
durch die Rechnungsrevisoren, deren Berichte
der zuständigen Oberzolldirektion zur Kenntnis
mitzuteilen sind. Im übrigen erstreckt sich die
Stempelrevision der Vorstände der Stempel-
steuerämter (s. o. unter g) auch auf den Gerichts-
kostenstemwel. Die bemerkten Unrichtigleiten
sind in einer Stempelprüfungsverhandlung dem
zuständigen Landgerichtspräsidenten (bezüglich
des Amtsgerichts Berlin-Mitte dem Amtsgerichts-
präsidenten und bezüglich der Oberlandesgerichte
den Oberlandesgerichtspräsidenten) zur weiteren
Veranlassung mitzuteilen (§ 23 a. a. O.). Über
den mit den Gerichtskosten zu erhebenden Auf-
lassungsstempel und dessen Kontrolle (88 13 bis
18 a. a. O.) s. unter Auflassung und be-
züglich des Rechtsweges wegen des Gerichts-
kostenstempels s. o. unter f. Über Erstattungs-
anträge entscheiden die Gerichte. Zur Erstattung
aus Billigkeit ist der Landgerichtspräsident bzw.
für den Bezirk des Amtsgerichts Berlin-Mitte
schulden kommen lassen.
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der Amtsgerichtspräsident zuständig (8 9 a. a. O.).
Der JM. ist in allen Fällen befugt, den Ansatz
des Gerichtskostenstempels von Amts wegen zu
berichtigen (PrGS G. § 30).
i) Strafbestimmungen und Straf-
verfahren. Das LSt6. unterscheidet zwi-
schen Erzwingungs-, Hinterziehungs= und Ord-
nungsstrafen. Die Erzwingungsstrafe,
welche durch einfache Strafverfügung von den
Stempelsteuerämtern, falls das Verfahren vor
diesen schwebt, sonst von den Hauptämtern fest-
gesetzt wird, ist bereits oben unter d erwähnt.
Die Hinterziehungsstrafe beträgt in
der Regel das Vierfache des hinterzogenen
Stempels, mindestens aber 3 4; sie beträgt
das Zehnfache des hinterzogenen Stempels,
mindestens aber 30 4, wenn es sich um Zu-
widerhandlungen gegen die TSt. 48 1 (s. Pacht-
verträge) oder um Urkunden, zu denen
Privatpersonen Stempelmarken ohne amtliche
Überwachung verwenden dürfen, handelt, ferner
wenn bei Aufslassungserklärungen ein hinter dem
nach TSt. 32 zu berechnenden Kaufpreise zurück-
bleibender Wert angegeben oder eine Urkunde
über das der Auflassung zugrunde liegende Rechts-
geschäft vorgelegt wird, in der die Gegenleistung
zur Ersparung von Stempelkosten niedriger als
verabredet angegeben ist (§ 17 Abs. 1—3). Kann
der Betrag des hinterzogenen Stempels nicht
festgestellt werden, so tritt Geldstrafe bis zu
3000 .“ ein (§ 17 Abs. 4). Die Ordnungs-
strafe bis zum Betrage von 300 A tritt in
den Fällen an die Stelle der Hinterziehungs-
strafe, in denen eine Hinterziehung nicht hat
verübt werden können oder nicht beabsichtigt
worden ist; sie tritt ferner ein bei Zuwider-
handlungen gegen das LStG. oder gegen die
zu seiner Ausführung erlassenen Vorschriften,
die im LSt G. mit keiner besonderen Strafe be-
legt sind (§ 18 Abs. 1, 3). Die verwirkten Geld-
strafen treffen jeden Unterzeichner oder Aus-
steller der Urkunde besonders und in vollem Be-
trage, bei Pacht= und Mietverträgen aber nur
den Verpächter oder Vermieter, da diesem allein
die Aufstellung und Versteuerung des Pacht-
und Mietverzeichnisses obliegt (§ 17 Abs. b u. 7).
Bei Genossenschaften und Aktiengesellschaften
sind die Strafen gegen die Vorstandsmitglieder,
bei Kommanditgesellschaften gegen die persön-
lich haftenden Gesellschafter, bei offenen Handels-
gesellschaften gegen die Gesellschafter, bei Ge-
sellschaften mit beschränkter Haftung gegen die
Geschäftsführer, bei Gewerkschaften gegen die
Repräsentanten oder Grubenvorstände nur im
einmaligen Betrage, jedoch unter Haftbarkeit
jedes einzelnen als Gesamtschuldners, festzusetzen.
Dasselbe gilt, wenn mehrere Urkundenaussteller
bei einem Geschäft als gemeinschaftliche Kon-
trahenten beteiligt sind (§ 17 Abs. 6). Bei den
vorerwähnten Hinterziehungs= und Ordnungs-
strafen handelt es sich um solche Zuwiderhand-
lungen, die sich Privatpersonen zu-
Die Festsetzung der
Strafen erfolgt in diesen Fällen im Wege des
Verwaltungsstrafverfahrens (s. Zollstraf-
verfahren). Beamte, einschließlich der
Notare, die gegen die stempelsteuerlichen Bestim-
mungen verstoßen, sind, sofern nicht nach der
Art des Vergehens wegen verletzter Amtspflicht
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