Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

634 Steuererhebung — 
Steuererhebung. Durch § 16 Abs. 2 des G. 
wegen Aufhebung direkter Staatssteuern (s. 
Aufhebung direkter Staats- 
steuern) und die V. vom 22. Jan. 1894 
(GS. 5) ist seit dem 1. April 1895 den Ge- 
meinden die Verpflichtung zur Elementar- 
erhebung der sämtlichen direkten Staatssteuern 
auferlegt. Gesetzlich sind alle Staats= und 
Kommunalsteuern Bringschulden, d. h. der 
Steuerpflichtige ist verpflichtet, die Steuer bei 
der ihm bezeichneten Stelle einzuzahlen. Ein- 
zelne Gemeinden haben aber, wie versuchs- 
weise vor dem 1. April 1895 auch der Staat 
in Frankfurt a. M., Hannover und Linden, 
eine ambulante S. eingerichtet, d. h. die Steuern 
werden von „Steuerempfängern“" oder „Steuer- 
erhebern“ in der Wohnung der Steuerpflichtigen 
abgeholt; erfolgt bei dieser Gelegenheit die Zah- 
lung nicht, so ist es Sache des Stenerpflichtigen, 
sie bis zum Fälligkeitstermine bei der ihm be- 
zeichneten Stelle zu bewirken. Mit der am- 
bulanten S. kann schon vor Eintritt der Fällig-= 
keit begonnen werden; dasselbe gilt von der 
Anberaumung örtlicher Hebetermine. Die Mah- 
nung (vgl. Verwaltungszwangsver- 
fahren V) darf dagegen erst nach dem Ein- 
tritt des Fälligkeitstermins ergehen. Vgl. wegen 
des letzteren Hebeperioden und auch die 
Artikel Hebegebühren, Heberollen. 
Die eingehobene Staatseinkommen= und Er- 
gänzungssteuer muß vom Ortserheber spätestens 
fünf Tage vor Ablauf des Vierteljahres nebst der 
Nachweisung der Ausfälle und Reste an die 
Kreiskasse abgeliefert werden; doch kann die 
Regierung für kleinere Gemeinden und Guts- 
bezirke auf einem früheren Ablieferungstermin 
bestehen, und innerhalb der Frist können be- 
stimmte Ablieferungstermine für die verschie- 
denen Ortserheber festgesetzt werden (Eink t G. 
§ 67; Erg StG. 8 43; AusfAnw. vom 25. Juli 
1906 Art. 90; KA#. § 66; AusfAnw. hierzu 
Art. 13 Ziff. 2). 
Steuererklärungen sind im allgemeinen von 
dem Stenerpflichtigen der Veranlagungsbehörde 
in vorgeschriebener Form zu machende, vom 
Gesetz geforderte oder anheimgestellte Angaben 
über die Besteuerungsmerkmale. 
I. In Preußen versteht man unter S. ohne 
weiteren Zusatz die durch §8 25 ff. Eink St G. 
angeordnete S. zum Zwecke der Veranlagung! 
ist jeder zur 
zur Einkommensteuer. Diese S. 
Zeit der öffentlichen Aufforderung bereits, wenn 
auch noch nicht endgültig (O##G#St. 11, 281; 
5, 253), mit einem Einkommen von mehr als 
3000 KAK veranlagte Steuerpflichtige auf die er- 
gehende öffentliche Aufforderung alljährlich inner- 
halb der auf mindestens 2 Wochen zu bemessen- 
den Frist nach einem, wenn auch nicht auf 
dem vom FM. vorgeschriebenen, kostenlos zu ver- 
absolgenden Formular (vgl. O###G# St. 12, 333 ff.) 
bei dem Vorsitzenden der Veranlagungskommis- 
sion schriftlich oder zu Protokoll unter der Ver- 
sicherung, daß die Angaben nach bestem Wissen 
und Gewissen gemacht seien, abzugeben ver- 
pflichtet. Die Frist ist durch Art. 54 Abs. 1 
der Ausf Anw. vom 25. Juli 1906 ein für allemal 
auf die Zeit vom 4. bis 20. Jan. bestimmt. 
Andere Steuerpflichtige sind zur Abgabe einer 
S. innerhalb dieser Frist berechtigt, verpflichtet 
  
Steuererklärungen 
aber, und zwar innerhalb der vom Vorsitzenden 
der Veranlagungskommission gestellten min- 
destens zweiwöchigen, vom Tage der Zustel- 
lung der Aufforderung ab laufenden Frist, nur, 
wenn sie von dem gedachten Vorsitzenden eine 
besondere Aufforderung erhalten. In der S. 
ist das Einkommen getrennt nach den vier 
vom EinkSt. unterschiedenen Quellen 
Kapitalvermögen, Grundvermögen, Handel und 
Gewerbe, gewinnbringende Beschäftigung 
anzugeben, das Einkommen von außerhalb des 
Veranlagungsbezirks belegenem Grundbesitz und 
stattfindendem Gewerbebetrieb ist besonders auf- 
zuführen, ebenso das Einkommen, welches auf 
Gewinnanteile von Gesellschaften m. b. H. entfällt; 
Schuldenzinsen, Lasten usw., deren Abzug bean- 
sprucht wird, sind anzugeben. Auf Antrag ist 
indes dem Steunerpflichtigen, soweit es sich um 
nur durch Schätzung zu ermittelndes Einkommen 
handelt, zu gestatten, statt der ziffermäßigen 
Angaben nur diejenigen Nachweisungen zu 
geben, deren die Veranlagungskommission zur 
Schätzung bedarf. Für Personen unter elter- 
licher Gewalt, Pflegschaft oder Vormundschaft 
sowie für nichtphysische Personen haben deren 
Vertreter die S. abzugeben; insoweit der gesetz- 
liche Vertreter rechtswirksam von der Ver- 
waltung des Vermögens ausgeschlossen ist, ist 
der zu dessen Verwaltung Berufene zur Abgabe 
der S. zuzulassen; für Abwesende oder sonst 
Verhinderte können sie Bevollmächtigte ab- 
geben. Wer die S., zu deren Abgabe er ver- 
pflichtet ist, ohne triftige Entschuldigung inner- 
halb der vorgeschriebenen Frist nicht abgibt, 
verwirkt einen Steuerzuschlag von 5%00; er 
erhält eine nochmalige besondere Aufforde- 
rung zur S. mit zweiwöchiger Frist; kommt er 
auch dieser ohne triftigen Grund nicht nach, so 
setzt die Regierung gegen ihn einen Zuschlag 
von 25 0% der veranlagten Stener fest; gegen 
die Festsetzung der Zuschläge findet die Be- 
schwerde an den FM. binnen 4 Wochen statt 
(Eink St G. §§ 25—31; AusfsAnw. hierzu Art. 32 
bis 35, 541—59, 66 nebst Anderungen vom 1. Juli 
1909). Der Vorsitzende der Veranlagungs- 
kommission kann auf hinreichend begründeten 
Antrag die Fristen verlängern, in der Regel 
aber nicht über den 1. März hinaus; die Fristen 
betragen für Abwesende, je nachdem diese sich 
außerhalb Europas, außerhalb Deutschlands, 
aber innerhalb Europas oder innerhalb Deutsch- 
lands aufhalten, 6 Monate, 6 oder 3 Wochen 
(Eink StG. § 84). Wegen der Bestrafung un- 
richtiger Angaben vgl. Steuerhinter- 
Aiehungen und Steuerstrafen. Die 
S. gelangen nicht zur Kenntnis der Vorein- 
schätzungskommissionen, sondern nur zu der der 
Veranlagungskommission und der höheren In- 
stanzen; sie sind unter Verschluß aufzubewahren 
und dürfen nur zur Kenntnis durch ihren Amts- 
eid zur Geheimhaltung verpflichteter Beamten 
gelangen (Eink StG. &§ 57 Abs. 3; Ausf Anw. 
Art. 77 Ziff. 5). Der Vorsitzende der Ver- 
anlagungskommission prüft die S., die nicht 
etwa eine Selbsteinschätzung des Steuerpflich- 
tigen darstellen, welche unbedingt oder solange zu 
gelten hätte, bis dem Steuerpflichtigen der Nach- 
weis der Unrichtigkeit erbracht ist, sondern nur 
ein Veranlagungsmittel sind, das nebst dem 
 
	        
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