Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

684 Süßstoffgesetz 
zum Genusse bestimmt sind, sondern nur als außer aus der zu a bezeichneten Fabrik auch 
Mittel zur Süßung von Nahrungs= und Genuß= aus Apotheken beziehen. Der Bestellung ist 
mitteln dienen. Die bezeichnete Fabrik unter- der Bezugsschein, sowie ein nach vorgeschrie- 
liegt dauernder amtlicher Uberwachung und benem Muster ausgestellter Bestellzettel bei- 
Revision durch Zollbeamte nach näheren An= zufügen. Der den Süßstoff Abgebende hat 
ordnungen, die die Oberzolldirektion in Magde= die Abgabe auf dem Bezugsschein nach Tag, 
burg zu treffen hat. Auch ist sie verpflichtet, Art und Menge der Lieferung zu vermerken 
fertigen Süßstoff nur in bestimmten, von der und letzterem sodann dem Besteller zurück- 
Zollbehörde zu genehmigenden und nach deren zugeben; die Bestellzettel sind beim Lagerbuch 
Anordnung gegen Diebstahl usw. zu sichern= aufzubewahren. Apotheken, aber nur diesen, 
den Räumen aufzubewahren, sowie über diesen ist ferner die Abgabe von Sachharintäfelchen 
Süßstoff in vorgesehener Weise ein Lagerbuch in Fabrikpackung (Glasröhrchen) von 25 Stück 
zu führen. Um eine zu weitgehende Ausnützung mit höchstens 20 4% und zusammen nicht über 
des der Fabrik gewährten Fabrikations= und Ver-0,48g# Gehalt an raffiniertem Saccharin gestattet. 
kaufsmonopols unmöglich zu machen, ist be- Auch dürfen sie Süßstoff gegen eine vorschriftlich 
stimmt, daß bei dem Verkauf von Süßstoff an ausgestellte Anweisung eines Arztes, Zahn- 
  
  
  
  
inländische Abnehmer der Preis von 30 K für 
ein Kilogramm raffiniertes Saccharin nicht 
überschritten werden darf. 
hiernach sich für die einzelnen Süßstoffarten 
berechnenden Höchstpreise liegt dem RK. ob. 
Bei der Ausfuhr von Süßstoff in das Ausland, 
die der Fabrik gestattet ist, bei der jedoch vor- 
behaltlich gewisser Erleichterungen im Postver- 
kehr die Formen des zollamtlichen Begleitschein- 
Die Festsetzung der! 
arztes oder Tierarztes abgeben; doch dürfen 
gegen eine Anweisung nicht mehr als 50 8 
raffiniertes Saccharin oder eine entsprechende 
NMenge der übrigen Süßstoffarten verabfolgt 
werden (88 4 u. 5 des G.; AusfBest. 88 6—10, 
s. auch 3 Bl. 1908, 522). Wegen der Abgabe und 
des Bezuges von süßstoffhaltigen-- Waren f. 
unter o. 
e) Verwendung von Sübßstoff. 
  
verkehres einzuhalten sind, ist die Fabrik an diese Die Verwendung von Süßstoff im eigentlichen 
Preise nicht gebunden (§8 1—3 des G.; Ausf= Apothekenbetriebe unterliegt keiner be- 
Best. §§ 2—5). Die Einfuhr von Süßstoff aus sonderen Überwachung. Doch haben die Leiter 
dem Auslande in einzelnen Fällen — und ebenso 
eine vorübergehende Erhöhung der eben be- 
zeichneten Höchstpreise — kann vom R#kK. zu- 
gelassen werden (Ausf Best. § 18). Das Einfuhr- 
verbot bezieht sich nicht nur auf die Einfuhr in 
das Zoll inland, sondern in das Inland über- 
haupt (Abg Bl. 1906, 1340). Die Durch- 
fuhr von Suüßstoff ist nicht verboten (eben- 
daselbst). 
b) Abgabe und Bezug von Süß- 
stoff. Die unter a bezeichnete Fabrik darf 
Süßstoff nur an Personen abgeben, die zum 
Bezuge von Süßstoff befugt sind und sich über 
diese Befugnis durch Vorlegung eines von der 
Steuerbehörde erteilten Bezugscheines ausweisen. 
Zum Bezuge von Süßstoff befugt sind: 1. Apo- 
theken; 2. Personen, denen die Erlaubnis zum 
Bezuge von Süßstoff zu bestimmten Zwecken 
widerruflich erteilt wird, sofern die Verwendung 
des Süßstoffes zu diesen Zwecken ausreichend 
überwacht werden kann. Die Erlaubnis ist nur 
zu erteilen: a. Personen, die den Süßstoff zu 
wissenschaftlichen Zwecken verwenden: P. Ge- 
werbetreibenden zur Herstellung von bestimmten 
Waren, für die die Zusetzung von Süßstoff aus 
einem die Verwendung von Zucker ausschließen- 
den Grunde erforderlich ist; y. Leitern von 
Kranken-, Kur-, Pflege= und ähnlichen Anstalten 
zur Verwendung für die in der Anstalt befind- 
lichen Personen; 0. Inhabern von Gast= und 
Speisewirtschaften, sowie Wohnungsvermietern, 
die ihre Mieter ganz oder teilweise beköstigen, in 
Kurorten, deren Besuchern der Genuß mit Zucker 
verfüßter Lebensmittel ärztlicherseits untersagt 
zu werden pflegt, zur Verwendung für die im 
Orte befindlichen Personen (zurzeit kommt als 
solcher Kurort nach § 9 AusfBest. nur Neuenahr 
in der Rheinprovinz in Betracht; weitere Kur- 
orte würde die Landesregierung im Einvernehmen 
mit dem RHK. zulassen können). 
zuge von Suüßstoff Berechtigten dürfen diesen 
Die zum Be- 
der Apotheken über den Verbleib des im Apo- 
thekenbetrieb verwendeten — wie auch des 
abgegebenen — Suüßstoffes nach eingehenden 
Vorschriften ein Ausgabebuch zu führen, bei 
dem außer den Bestellzetteln auch die ärzt- 
lichen Anweisungen aufzubewahren sind. Auf 
Apotheken, in denen Waren unter Verwen- 
dung von Süßstoff zum Verkauf hergestellt 
werden, finden insoweit die für andere Ge- 
werbetreibenden geltenden, unten zu erwähnen- 
den strengeren Vorschriften Anwendung (Ausf- 
Best. §§8 11, 13). Die übrigen zum Be- 
zuge von Süßstoff berechtigten 
[Personen (vgl. b 2) dürfen den Süßstoff 
nur zu den im Bezugsschein angegebenen 
Zwecken verwenden und unterliegen — abgesehen 
von den Fällen unter b 2à und 0 — der Ver- 
pflichtung zu einer mehr oder weniger ein- 
gehenden Buchführung. Auch dürfen Suüß- 
stoff oder unter Verwendung von solchem her- 
gestellte Nahrungs= und Genußmittel in dem 
Falle zu b 2# überhaupt nicht, im Falle zu 
b 27 nur innerhalb der Anstalt, im Falle zu 
b 20 nur innerhalb des Kurortes abgegeben 
werden. Besondere Bestimmungen bestehen 
für die Herstellung von Waren unter 
Zusetzung von Süßstoff (Fall zu b 2 8). 
Hier ist die Zollbehörde zu einer amtlichen Be- 
aufsichtigung des Betriebes und zur Einsicht- 
nahme in die Geschäftsbücher befugt. Auch 
sind die unter Verwendung von Süßstoff her- 
gestellten Waren, soweit es sich um Nah- 
rungs= und Genußmittel handelt, in 
den Verkaufsräumen an besonderen, durch eine 
Aufschrift gekennzeichneten Lagerstellen auf- 
zubewahren und dürfen zum Wiederverkaufe 
nur an Apotheken, sonst nur an solche Abnehmer, 
die ausdrücklich derart zubereitete Waren ver- 
langen und nur mit einer genau vorgeschriebe- 
nen, die Verwendung von Sußstoff deutlich er- 
kennbar machenden Ausschrift abgelassen werden. 
  
  
  
  
  
 
	        
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