Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Tierärztekammern — Tierärztliche Hochschulen 
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der Privatpraxis zusammengeschlossen und für seiner Geschäftsführung und seiner Beschluß- 
den Fall der Unterschreitung solcher Taxen Geld- 
strafen vereinbart. Die Teilnahme von beamteten 
T. an derartigen Vereinbarungen ist durch Af. 
vom 23. Juli 1908 (MlMs. 310) untersagt. 
S. auch Dispensierrecht II und Tier- 
ärztekammern. 
Tierürztekammern. I. In gleicher Weise wie 
für die Arzte und die Apotheker ist auch für die 
  
fassungen s. §8§ 9—11 der V. Zu bemerken bleibt, 
daß der MsDL. berechtigt ist, T. benachbarter Pro- 
vinzen mit geringer Mitgliederzahl auf ihren 
Antrag zu vereinigen und auch die Wiederauf- 
hebung der Vereinigung zu verfügen (§ 1 Abs. 3). 
II. Aus Abgeordneten der T. wird ein Tier- 
ärztekammerausschuß mit dem Sitze 
in Berlin gebildet. Jede Kammer wählt einen 
Tierärzte durch Allerh V. vom 2. April 1911 (GS. Abgeordneten und einen Stellvertreter für die 
61) in Ticrärztekammern eine Standesvertretung Dauer der Wahlperiode der Kammer (58§ 15, 16). 
eingerichtet worden. Die T., welche für iede 
Provinz am Sitze des Oberpräsidenten errichtet 
werden, für Brandenburg und Berlin gemein- 
schaftlich mit dem Sitze in Berlin, für die hohen- 
zollernschen Lande gemeinschaftlich mit der Rhein- 
provinz (§ 1), und die unter der allgemeinen, 
unter Umständen auch das Recht der Auflösung 
in sich schließenden Staatsaufsicht des Oberpräsi- 
denten stehen (s. hierzu § 14), sind dazu bestimmt, 
alle Fragen und Angelegenheiten zu erörtern, 
liche Veterinärwesen angehen, oder die Wahr- 
  
Der Ausschuß hat die Aufgabe, innerhalb der den 
T. zugewiesenen Zuständigkeit eine vermittelnde 
Tätigkeit auszuüben, und zwar sowohl zwischen 
dem M L. und den T., als auch zwischen diesen 
untereinander und zu diesem Behufe die ihm 
von dem Ms·L. überwiesenen Vorlagen vorzu- 
beraten und darüber nach Anhörung der T. gut- 
achtlich zu berichten, auch die von den einzelnen 
T. oder den Mitgliedern des Ausschusses an ihn 
gerichteten Anträge zu beraten (s. das Nähere 
welche den ticrärztlichen Beruf oder das öffent- 
nehmung und Vertretung der Standesinteressen 
zum Gegenstande haben (§ 2). Die Mitglieder 
der T. werden in Wahlbezirken, welche letztere desselben zum Landesveterinäramt (s. d.) vor- 
die Regierungsbezirke sowie die Stadt Berlin 
bilden, gewählt; wahlberechtigt sind alle appro- 
bierten Tierärzte, dic innerhalb des Wahlbezirkes 
ihren Wohnsitz haben, Angehörige des Deutschen 
Reiches sind und sich im Besitze der bürgerlichen 
Ehrenrechte befinden, mit Ausnahme der aktiven 
Militärveterinäre (§ 3). Zu wählen sind auf jede 
Vollzahl von 20 Wahlberechtigten ein Mitglied 
und ein Stellvertreter, mindestens aber je sechs 
Mitglieder und Stellvertreter (§ 6 Abs. 1). Über 
die Wahl, welche alle drei Jahre im November 
stattfindet, enthalten §§ 5 und 6 der V. die näheren 
Vorschriften. In dem auf die Wahl folgenden 
Monate Januar findet durch die Kammer die 
Wahl des aus einem Vorsitzenden und mindestens 
zwei Mitgliedern bestehenden Vorstandes statt, 
welcher letztere die Kammer nach außen zu ver- 
treten und den Verkehr mit den Staatsbehörden 
zu vermitteln hat (§8§ 8 u. 9). Einem Tierarzte, 
der die Pflichten seines Berufes in erheblicher 
Weise oder wiederholt verletzt, oder sich durch 
sein Verhalten der Achtung, die sein Beruf er- 
fordert, unwürdig gezeigt hat, ist durch Beschluß 
des Vorstandes (bei Stimmengleichheit gilt der 
Beschluß nicht als zustande gekommen, § 9 Abs. 2 
a. a. O.) das Wahlrecht oder die Wählbarkeit 
oder beides zugleich dauernd oder auf Zeit zu 
entziehen. Gegen den Beschluß findet binnen 
vier Wochen nach der Zustellung der Rekurs an 
den M L. statt; gegenüber Tierärzten, welche ein 
unmittelbares oder mittelbares Staatsamt be- 
kleiden, findet eine Entziehung des Wahlrechts 
nicht statt (§ 4). Die T. ist beschlußfähig, wenn 
mehr als die Hälfte der Mitglieder oder Stell- 
vertreter anwesend ist (§ 12). Die letzteren ver- 
walten ihr Amt als Ehrenamt, doch können ihnen 
für die Teilnahme an den Kammer= und Vor- 
standssitzungen Reisekostenentschädigungen ge- 
währt werden (§ 7). Für die Bereitstellung der 
erforderlichen Mittel zur Deckung der Kosten der 
T. haben diese selbst Sorge zu tragen. Die Kosten 
der erstmaligen Wahl trägt der Staat (§ 13). 
Begen der Zusammenberufung des Vorstandes, 
  
hierüber, sowie über die Geschäftsführung usw. 
des Ausschusses §§ 17, 19 u. 20). Die Aufsicht 
über den Ausschuß führt der MiesL., dessen Be- 
stimmung auch die Zuziehung von Mitgliedern 
behalten bleibt (§8§ 22, 18). Die Bereitstellung der 
Mittel für den Ausschuß ist den T. überlassen (8 21). 
Vgl. auch Htpothekerkammern, Arzte- 
kammern. 
Tierärztliche Hochschulen. Tierärztliche Lehr- 
anstalten, die der Vorbereitung zum tierärztlichen 
Berufe dienen, bestehen in Berlin und 
Hannover. Beide blicken auf eine mehr 
als ein Jahrhundert alte Entwicklung zurück, die 
sie von bescheidenen Anfängen zu einer an wissen- 
schaftlicher Bedeutung und Lehrerfolgen mit den 
medizinischen Fakultäten der deutschen Universi- 
täten wetteifernden Höhe geführt hat. Sie hießen 
früher „Tierarzeneischulen“, haben aber in Würdi- 
gung ihrer Stellung unter den wissenschaftlichen 
Lehranstalten durch kgl. Order vom 20. Juni 
1887 die Bezeichnung „T. H.“ beigelegt erhalten. 
Die im Jahre 1778 mit 2 Dozenten eröffnete 
Hochschule in Hannover verfügt heute über 
9 ordentliche Lehrer und 19 sonstige Lehrkräfte. 
Bei der Gründung der Berliner Hochschule am 
1. Juni 1790 wurden 3 ordentliche Lehrer und 
1 Prosektor angestellt. Heute ist die Anstalt mit 
10 ordentlichen Lehrern und 27 sonstigen Lehr- 
kräften besetzt. Dementsprechend sind die staat- 
lichen Aufwendungen und die Hörerfrequenz ge- 
stiegen. Die Hochschule in Hannover hat in den 
letzten Jahren des verflossenen Jahrhunderts 
einen vollständigen Neubau erhalten, dessen An- 
lage und Einrichtungen als mustergültig anerkannt 
werden, und die Berliner Hochschule ist gleichfalls 
kürzlich mit einer Reihe neuer Institute ausge- 
stattet, darunter ein pathologisches, ein hygieni- 
sches und ein anatomisches, die allen Anforderun- 
gen der modernen wissenschaftlichen Forschung 
entsprechen. Die Besuchsziffern beliefen sich im 
Durchschnitt der Jahre 1817—1837 in Berlin 
auf 120, in Hannover auf 40, zusammen auf 160; 
sie waren bis in die zweite Hälfte des vorigen. 
Jahrhunderts hinein nur langsam und schwankend 
gestiegen, sind seitdem aber außerordentlich em- 
porgeschnellt. Sie betrugen im Durchschnitte der 
Jahre 1877—1889 für Berlin 260, für Hannover
	        
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