Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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BR.-Instr. vom 27. Juni 1895 — RGBl. 357 — 
§§ 16—31: Erl. vom 28. Juni 1909 — MlM s. 
252) beruhen im wesentlichen auf dem Tötungs- 
zwange für alle wutkranken und seuchenverdäch- 
tigen Hunde, desgleichen für die mutmaßlich von 
wutkranken Tieren gebissenen Hunde und Katzen; 
sodann kommt die Festlegung aller Hunde in 
einem Bezirk, in dem ein wutkranker oder -er- 
dächtiger Hund frei umhergelaufen ist (vgl. hierzu 
Erl. vom 27. Febr. 1909 — MBlM L. 153), 
ferner das Verbot des Heilverfahrens und der 
Schlachtung für alle wutkranken oder = verdäch- 
tigen Tiere, endlich die unschädliche Beseitigung 
der Kadaver und die Desinfektion (s. d. II) in 
Betracht. Mit allen diesen Maßregeln ist es zwar 
gelungen, der T. im Innern von Deutschland und 
Preußen fast völlig Herr zu werden. Aber in 
den Grenzbezirken, besonders in den an Rußland 
und Osterreich anstoßenden, sind die behördlichen 
Tilgungsversuche bisher gegenüber der immer 
wiederkehrenden Einschleppung und Weiterver- 
breitung der Seuche durch überlaufende erkrankter 
Hunde, die eine durch die Krankheit hervorge- 
rufene Neigung zum weiten Umherschweifen 
haben, machtlos gewesen. Zwischen den deut- 
schen und den österreichischen Grenzbehörden sind 
kürzlich Vereinbarungen getroffen worden, die 
eine gleichmäßige wirksamere Bekämpfung der 
T., namentlich durch Maßregeln gegenüber 
den überlaufenden verdächtigen Hunden, zum 
Gegenstande haben. Abgesehen von einem 
deutlichen Rückgange zu Anfang dieses Jahr- 
hunderts hat sich in letzter Zeit eher eine Zu- 
nahme als eine Abnahme der Seuche in den 
Grenzbezirken bemerkbar gemacht. Im letzten 
Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts ist ein all- 
mähliches Vorschreiten der T. von der Mitte der 
deutsch-russischen Grenze aus in nordwestlicher 
Richtung beobachtet worden. Neuerdings ist 
auch die Rheinprovinz wieder mehrfach heim- 
gesucht gewesen. Insgesamt sind von 1876 bis 
1908 erkrankt und gefallen oder getötet 16 350 
Hunde und 3400 Rinder, ferner wegen Anstek- 
kungsverdachtes getötet 40 350 Hunde, außerdem 
waren 7505 herrenlose Hunde verdächtig. Im 
Jahre 1908 waren 561 Gemeinden (Gutsbezirke) 
von- der Seuche betroffen, 504 Hunde und 
76 Rinder waren nach der Erkrankung gefallen 
oder getötet. 910 ansteckungsverdächtige Hunde 
wurden polizeilich getötet, und 140 herrenlose 
Hunde waren wutverdächtig. Die im ganzen 
nicht erheblichen Verluste an Rindern machten 
sich dem einzelnen Besitzer doch recht fühlbar. 
Für getötete Tiere, die an T. gelitten haben, 
wird nach den bestehenden Vorschriften eine 
Entschädigung (s. d. bei Viehseuchen) nicht 
gewährt, für Hunde und Katzen selbst dann nicht, 
wenn sie nach der Tötung gesund befunden 
werden. Auch ist die T. beim Menschen (auch 
Wasserscheu, Lyssa genannt) Gegenstand der 
Gesundheitsgesetzgebung. Ihre Bekämpfung ist 
geregelt im G. vom 28. Aug. 1905, betr. die Be- 
kämpfung übertragbarer Krankheiten (s. d. 
II—VI). Von tollen oder verdächtigen Tieren 
gebissene Menschen werden in den Wutschutz- 
abteilungen des Instituts für Infektionskrank- 
heiten in Berlin und des hygienischen Instituts 
an der Universität Breslau nach dem Pasteurschen 
  
Tonkunstwerke 
jährlich erfolgen Mitteilungen über Bißver- 
letzungen durch tolle Tiere und die Ergebnisse der 
Schutzimpfung (vgl. M Bl. 1910, 319). 
Tonkunstwerke. I. T. im Sinne des Urheber- 
rechts (s. d.) sind durch Formgebung von Tönen 
in künstlerischer Weise hervorgebrachte Schöpfun- 
gen, welche der Wiedergabe fähig sind. Zweck 
und Wert ist für die Frage des Urheberschutzes 
ohne Bedeutung; dagegen muß es sich um eigen- 
artige Schöpfungen handeln. Die Befugnisse 
des Urhebers eines T. bestehen in dem ausschließ- 
lichen Rechte der Vervielfältigung, der öffentlichen 
Mitteilung seines wesentlichen Inhalts vor dem 
Erscheinen, der Verbreitung, der Bearbeitung, ein- 
schließlich der Herstellung von Auszügen, Einrich- 
tung für einzelne oder mehrere Instrumente oder 
Stimmen, öffentliche Aufführung, Übertragung 
auf Vorrichtungen für Instrumente, welche der 
Wiedergabe für das Gehör dienen (LitU. 
88 11, 12 Ziff. 4; Art. I Ziff. 3 des G. vom 
22. Mai 1910). 
II. Zulässig ist die Anführung einzelner 
Stellen eines bereits erschienenen und die Auf- 
nahme kleinerer Kompositionen in eine selb- 
ständige wissenschaftliche Arbeit nach deren Er- 
scheinen, sowie unter der letzteren Voraussetzung 
die Aufnahme in eine Sammlung von Kompo- 
sitionen, welche ihrer Beschaffenheit nach für 
den Unterricht in Schulen, mit Ausnahme der 
Musikschulen, bestimmt ist. Zulässig ist auch, so- 
weit es sich um eine eigenartige Schöpfung han- 
delt, die freie Benutzung eines T.; jedoch ist jede 
Benutzung unzulässig, durch welche eine Melodie 
erkennbar einem Werke entnommen und einer 
neuen Arbeit zugrunde gelegt wird. Die Wieder- 
gabe ist nur unter Angabe der Quelle und in un- 
veränderter Form — vorbehaltlich jedoch der Über- 
tragung in eine andere Tonart oder Stimmlage 
bzw. der für Phonographen usw. erforderlichen 
Einrichtungen — statthaft. Für öffentliche Auf- 
führungen von T. ist ferner die Einwilligung des 
Urhebers dann nicht erforderlich, wenn sie keinem 
gewerblichen Zwecke dienen und die Zuhörer 
ohne Entgelt zugelassen werden; bei Volksfesten 
mit Ausnahme der Mufikfeste; bei Wohltätigkeits- 
veranstaltungen, wenn die Mitwirkenden kein 
Entgelt erhalten; bei Vereinsveranstaltungen 
mit Beschränkung auf die Vereinsmitglieder und 
ihre Angehörigen — in allen Fällen jedoch mit 
Ausschluß der bühnenmäßigen Aufführung einer 
Oper oder eines sonstigen T., zu welchem ein 
Text gehört (8§§ 21—25, 27; Art. I des G. vom 
22. Mai 1910). 3 
III. Wenn von dem Urheber eines T. die Ein- 
willigung zur gewerbsmäßigen Vervielfältigung 
mittels mechanischer Wiedergabe 
(Drehorgeln usw.) erteilt ist, kann jeder Dritte, 
der im Inlande eine gewerbliche Hauptnieder- 
lassung oder den Wohnsitz hat, die Erteilung der 
gleichen Erlaubnis mit Wirkung für das Inland 
und diejenigen Staaten, in denen ein Schutz gegen 
mechanische Wiedergabe nicht besteht, gegen ange- 
messene Vergütung verlangen (sog. Fr#ang 
lizenz). Vorrichtungen, die auf Grund einer 
derartigen Erlaubnis hergestellt sind, berechtigen 
ohne weiteres zu ihrer Benutzung in öffentlichen 
Aufführungen. Ist letztere Befugnis von dem 
Urheber bereits einem andern ausschließlich er- 
  
Verfahren durch Schutzimpfung behandelt. All= teilt gewesen, so ist dem letzteren ein angemessener
	        
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