Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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lich der Hausschlachtungen, und für Wildschweine 
einzuführen. Im Landtage wurde jedoch eine 
Ausnahmevorschrift für Hausschlachtungen auf- 
genommen und die Ausdehnung der T. auf letz- 
tere den bestehenden oder künftig ergehenden 
Polizeiverordnungen überlassen. Im Gesetz 
ist ferner bestimmt, daß die T. bei dem aus an- 
deren Bundesstaaten eingeführten Fleische von 
Schweinen und Wildschweinen nachzuholen sei, 
soweit sie nicht bereits im Herkunftslande stattge- 
funden habe (§§ 1—3, § 5 Abs. 2, § 13, § 14 Abs. 2 
des G. vom 28. Juni 1902 — GS. 229). Hiernach 
besteht gegenwärtig in Preußen mit Ausnahme 
der hohenzoll. Lande die T. für alle nicht zum 
Hausgebrauche geschlachteten Schweine und für 
Wildschweine allgemein, ist aber auch für Haus- 
schlachtungen in 25 Regierungsbezirken vollstän- 
dig und in den übrigen wenigstens in den Schlacht- 
hausgemeinden, zum Teil auch in anderen grö- 
ßeren Orten, hier und da selbst in ländlichen Be- 
zirken eingeführt. Zur Vereinfachung des Nach- 
weises der Untersuchung auf Trichinen ist zwischen 
den Regierungen der deutschen Bundesstaaten, 
in denen mindestens für das nicht zum Haus- 
gebrauch ausgeschlachtete Schweinefleisch der 
Trichinenschauzwang besteht — d. s. alle Staaten, 
mit Ausnahme von Bayern, Württemberg, Ba- 
den und Hessen — das Abkommen getroffen, daß 
zu diesem Nachweise die Feststellung genügt, daß 
das Fleisch aus dem Gebiet eines der beteiligten 
Bundesstaaten stammt (vgl. Erl. vom 8. Nov. 
1906 — MBlM (L. 319 — und vom 30. Sept. 
1907 — ebenda 373). — In den Jahren 1903 bis 
1909 sind über 80 Mill. Schweine auf Trichinen 
untersucht. Im Durchschnitte dieser Jahre ent- 
fielen auf 100 000 untersuchte Schweine nur etwa 
6 trichinöse Tiere. Im Jahre 1909 wurden 
11 934 201 Schweine untersucht und 637 
0,0053 % trichinös befunden. Der Prozent- 
satz ist seit Einführung und infolge der Trichinen- 
schau stetig gesunken. 
IV. Die Art der Untersuchung ist 
in Preußen für die inländischen Schlachtungen 
in dem Erl. vom 20. März 1903 (MBl. 56) 
§§ 41—59, § 60 Abs. 2, §§ 61—65, § 77 ge- 
regelt (s. auch für die Stempelung des mikro- 
skopisch untersuchten Schweinefleisches den Erl. 
vom 7. März 1903 — MnBl. 49 — unter 1 Ziff. 7 
und II Ziff. 4, endlich für ausländisches Fleisch 
einige Zusatzbestimmungen in dem Erl. vom 
21. April 1903 — ebd. S. 129 — § 1 Abs. 2, 
§§ 2, 3, 6—12.) 
V. Die Organisation der T. gliedert 
sich an diejenige der allgemeinen Fleischbeschau 
an. Das Bestreben, die Trichinenschaubezirke 
mit denen der Fleischbeschau zu vereinigen, hat 
sich jedoch auf dem Lande überall da nicht voll- 
ständig durchführen lassen, wo die Hausschlach- 
tungen von Schweinen zwar der T., nicht aber 
der Fleischbeschau unterliegen. Dort haben die 
Trichinenschaubezirke, meist kleiner als die Fleisch- 
beschaubezirke, ausgewiesen werden müssen und 
es ist ferner nicht überall möglich gewesen, das 
Amt der Fleischbeschauer und Trichinenschauer in 
eine Hand zu bringen, was übrigens regelmäßig 
in den Schlachthöfen und auch sonst da nicht der 
Fall ist, wo Tierärzte die Fleischbeschau ausüben. 
Die Befähigung zur Ausübung der T. wird 
durch das Bestehen einer Prüfung, gewöhnlich 
  
Trichinose — Triebwerke 
vor dem Kreistierarzte, nach einer 14 tägigen 
Ausbildung entweder in einem Schlachthof oder 
bei einem beamteten Tierarzt erlangt. Arzte 
und Tierärzte sind von der Prüfung befreit. Für 
Apotheker sind gewisse Erleichterungen zugestan- 
den (Erl. vom 24. März 1905 — MBlMfL. 115). 
Die Trichinenschauer haben sich ebenso wie die 
Fleischbeschauer regelmäßigen Nachprüfungen zu 
unterziehen und unterliegen einer amtstierärzt- 
lichen Kontrolle. Sie werden meist nur auf Wider- 
ruf bestellt. Die mikroskopische Untersuchung er- 
folgt an Quetschpräparaten, die aus den sog. 
Lieblingssitzen der Trichinen (Zwerchfell, Kehl- 
kopf= und Zungenmuskeln) zu entnehmen sind. 
Bei ganzen Schweinen müssen 4 Proben ent- 
nommen und je 6, zusammen also 24 Präparate 
gefertigt werden. Die Untersuchung hat bei jedem 
Schwein mindestens 18 Minuten zu dauern. Um 
die Sorgfalt der Untersuchung zu sichern, sind 
ferner Maximaltagesleistungen vorgeschrieben. 
Werden Trichinen vorgefunden, so muß der Be- 
fund von einem Tierarzte nachgeprüft werden. 
Trichinöses Fleisch ist regelmäßig völlig durch 
hohe Hitzegrade oder auf chemischem Wege zu 
vernichten. Nur Fleisch von schwach trichinösen, 
d. h. solchen Schweinen, bei denen in höchstens 
dem dritten Teile der untersuchten 24 Präparate 
Trichinen gefunden werden, kann als bedingt 
tauglich nach Kochen oder Dämpfen in den Verkehr 
gegeben werden. Uber das in Preußen vorhan- 
dene Personal an Trichinenschauern sind unter 
Fleischbeschauer einige Angaben ge- 
macht (vgl. Erl. vom 30. Aug. 1909 — MHBl- 
MiL. 304 — und die dort angezogenen weiteren 
Vorschriften). Die Trichinenschauer auf Schlacht- 
höfen sind als sonstige Angestellte (s. d.) invaliden- 
versicherungspflichtig (Erl. vom 30. Aug. 1909 — 
HMBl. 419). Der Krankenversicherungspflicht 
unterliegen sie nur, wenn der Versicherungs- 
zwang auf Grund des KVG. § 2 Abs. 1 Ziff. 2 
durch Ortsstatut auf die in Kommunalbetrieben 
oder im Kommunaldienst beschäftigten Personen 
ausgedehnt worden ist. Die Unfallversicherung 
greift nicht Platz. 
VI. Auch für die T. werden überall Gebühren 
erhoben, die sich meist auf 75 3 pro Schwein 
belaufen, in den Schlachthöfen und größeren 
Städten aber auch häufig niedriger sind. Über 
die Verbindung der Finnenschau mit der T. vgl. 
Finnen. 
Trichinose, eine durch einen Muskelparasiten 
(trichina spiralis) hervorgerufene schwere Muskel- 
erkrankung, ist, obwohl nicht von Mensch zu 
Mensch übertragbar, unter die übertragbaren 
Krankheiten durch das G. vom 28. Aug. 1905 
(GS. 373) aufgenommen worden (s. UÜber- 
tragbare Krankheiten II, III 4, IV1d). 
Die Verhütung der Trichinose ist sachlich nicht 
sowohl ein Gegenstand der Seuchen= als der 
Nahrungsmittelpolizei, insbesondere der Tri- 
chinenschau (s. d.). 
Triebwerke sind keine nach GewO. 8§ 16 ge- 
nehmigungspflichtigen Anlagen; genehmigungs- 
pflichtig sind nur die Stauanlagen (s. d.), 
auch können die Regierungspräsidenten oder die 
Oberpräsidenten durch Polizeiverordnung über 
die Entfernung, welche bei Errichtung (O. 
10, 283) der durch Wind bewegten T. von be- 
nachbarten fremden Grundstücken und von öffent-
	        
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