Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Überverdienstgelder — Uferrecht an öffentlichen Flüssen 
ferner Einfluß auf die Bemessung der Fristen 
bei der Verjährung der Strafverfolgung und der 
Strafvollstreckung (s. Verfjährung, all- 
gemein), auf die Bestrafung von Versuch, 
Begünstigung und Beihilfe, auf die im Aus- 
lande begangenen Delikte u. a. m. hat. Bei der 
Zuständigkeit sind jedoch die Grenzen sehr ver- 
wischt, indem die Straftammern auch über Ver- 
brechen, die Schöffengerichte auch über Ver- 
gehen entscheiden. Die bei den strafbaren Hand- 
lungen überhaupt geltenden Grundsätze über 
(dolus und culpn kommen im allgemeinen auch 
bei den U. in Betracht. Bei rein polizeilichen 
Strafverboten bedarf es jedoch nicht der Fest- 
stellung eines besonderen Vorsatzes oder einer 
Fahrlässigkeit, sondern genügt es, daß die Tat 
auf der freien Willensbestimmung des Täters 
beruht. Vgl. den Art. Verbrechen. 
II. In neuerer Zeit ist mehrfach die Ansicht 
vertreten, daß der größere Teil der U. überhaupt 
nicht den allgemeinen Regeln des StGB. über 
strafbare Handlungen, insbesondere auch nicht 
oder doch wenigstens nicht bei der polizeilichen 
Verfolgung der des sog. Legalitätsprinzips (s. 
Anklagemonopol) zu unterstellen und 
ihre Aburteilung der Zuständigkeit der Ver- 
waltungsbehörden oder der Verwaltungsgerichte 
zuzuweisen sei (sog. Verwaltungsstraf- 
recht und Verwaltungsstrafgerichts- 
barkeit; vgl. Verwaltungsstreit- 
verfahren II). 
Olshausen, Kommentar zum UÜbertretungsab- 
schnitt des StEB., 1906; Goldschmidt, Das Ver- 
waltungsstrafrecht: ders. in der DJZZ. 7. 212; Schult. 
zenstein, UÜber Verwaltungsstrafgerichtsbarkeit, im 
Verwlrch. 11, 119: Hofacker, Über Verwaltungs- 
strafrecht daselbst 15, 404; Höpfner, Die polizei- 
liche Berfolgung von Ubertretungen, im Pr Bl. 29, 781; 
Hofsacker, Die polizeiliche Verfolgung von Über- 
tretungen, daselbst 29, 965. · 
Überverdienstgelder s. Gefangenenar- 
beitsverdienstanteil. 
Überversicherung. Die Versicherung soll Scha- 
denersatz sichern, aber nicht zu einer Bereiche- 
rung führen. Dieser Grundsatz beherrscht auch 
jezt noch das Versicherungsrecht und ist in § 55 
des RG. über den Versicherungsvertrag vom 
30. Mai 1908 (s. Versicherungsver- 
tragsgesetz) ausgesprochen. Nach § 51 
Abs. 2 das. ist ferner ein Vertrag nichtig, den der 
  
Versicherungsnehmer in der Aosicht schließt, sich 
aus der U. einen rechtswidrigen Vermögensvor- 
teil zu verschaffen. Dagegen ist das landrechtliche 
Verbot der Versicherung über den gemeinen 
Wert der Sache hinaus durch das Gesetz beseitigt, 
es kann auch der indirekte Schaden, der durch Ein- 
tritt des Schadenfalles entgehende Gewinn, ver- 
sichert werden (§ 53 des G.). Vgl. auch Dop- 
pelversicherung I. 
Überwachungsbedürftige Anlagen sind solche 
Anlagen, die zur Vermeidung von Unglücksfällen 
im öffentlichen Interesse eine polizeiliche Uber- 
wachung beanspruchen. Nach G., betr. die Kosten 
der Prüfung ül A., vom 18. Juli 1905 (GS. 317) 
gehören dazu Aufzüge (s. Aufzüge [Fahr- 
stühlel), Kraftfahrzeuge (s. d.), Dampffässer 
(s. d.), Gefäße für verdichtete und verflüssigte Gase 
(s. Gase), Mineralwasserapparate (s. d.), Aze- 
tylenanlagen (s. Azetylen) und Elektrizitäts- 
anlagen (s. d.). Für die Prüfung durch Sachver- 
ständige können, was früher als unzulässig an- 
  
719 
gesehen wurde, Kosten erhoben werden, die vom 
Besitzer im Verwaltungszwangsverfahren (s. d.) 
beigetrieben werden können. 
Überweisung an die Landespolizeibehörde 
s. Korrektionelle Nachhaft. 
flberzoll (surtaxe), d. i. der Unterschied zwi- 
schen dem Betrage des Zolles für ausländischen und 
der Steuer für inländischen Zucker, darf nach der 
Brüsseler Zuckerkonvention höchstens 6b3w. 5,50 Fr. 
für 1 dz betragen (s. Zuckersteuer! 3t0). 
lbungen (militärische). I. Zu U. während 
des Friedens sind verpflichtet: a) die Mann- 
schaften der Reserve zu zwei UÜbungen von 
höchstens acht Wochen (Wehrgesetz vom 9. Nov. 
1867 8/6); b) die Mannschaften der Landwehr 
(Seewehr) ersten Aufgebots mit Ausnahme 
der Landwehrkavallerie, welche im Frieden von 
U. befreit ist, zu zwei U. von je acht bis vierzehn 
Tagen (Wehrgesetz §7 Abs. 4; G. vom 11. Febr. 
1888 §§ 2, 20; G. vom 15. April 1905 — RGBl. 
249 — Art. II § 3), jedoch nur ausnahmsweise 
über das 32. Lebensiahr hinaus (G. vom 15. Febr. 
1875 — Rel. 65 — N 4); c) Mannschaften 
der Ersatzre serve zu drei Ul. von zehn, 
sechs und vier Wochen, jedoch nicht über das 
32. Lebensjahr hinaus (G. vom 11. Febr. 1888 — 
RGBl. 11 — Art. 1I §8§8 13 u. 14; s. auch die 
betreffenden Spezialartikel). Jede Einberufung 
zum Dienst im Hecere bzw. zur Ausrüstung 
der Flotte zählt für eine U. (Wehrgesetz § 6) 
und ebenso die Zurückbehaltung zu entlassender 
Mannschaften beim aktiven Dienste im Falle 
vom Kaiser angeordneter notwendiger Verstär- 
kungen (Art. II § 1 des G. vom 15. April 1905). 
Die Zeit für die U. ist unter möglichster Be- 
rücksichtigung der Interessen der bürgerlichen Be- 
rufskreise, namentlich der Ernteverhältnisse anzu- 
setzen (§ 4 des G. vom 15. April 1905). B ei- 
ungen oder Abkürzungen von U. auf 
Grund häuslicher, gewerblicher oder amtlicher Ver- 
hältnisse können bei Mannschaften durch die Be- 
zirkskommandos, bei Offizieren und Offiziers- 
aspiranten nur durch die Generalkommandos oder 
obersten Waffenbehörden verfügt werden (Wehr O. 
§ 116 Ziff. 10). Wegen der Unterstützung der An- 
gehörigen der zu Ubungen Einberufenen s. Fa- 
milienunterstützungen. 
II. Wegen der Friedensübungen der Offi- 
ziersaspiranten und Offiziere des 
Beurlaubtenstandes (i. 8§ 12, 13 Ziff. 4 
Abs. 2 des Wehrgesetzes, sowie § 116 Ziff. 6—8 
Wehr O. und § 51 Ziff. 7 der Marineordnung. 
Die auf die Befreiung von den Reserve= und 
Landwehrübungen bezüglichen amtlichen Urkun- 
den sind stempelfrei (LSt G. 84 Abs. 1c). Wegen 
Anrechnung militärischer U. s. Verwaltungs- 
dienst (Vorbereitung zum höheren) III, 
und wegen Zahlung der fixierten Remunera- 
tion usw. Erl. vom 20. Aug. 1886 (MBl. 197), 
sowie Erl. vom 1. Dez. 1906 (YMl. 1907, 45). 
Ufser s. Flüsse (öffentliche) I, 
Meer und Meeresufer. 4 
Uferbesitzer an öffentlichen Flüssen s. Ufer- 
t 
echt. 
Ufergeld s. Ablagen. 
Uferrecht an öffentlichen Flüssen. Die Tätig- 
keit des Staates zur Sicherung eines guten Zu- 
standes der Flüsse kann, wenn sie wirksam sein 
soll, nicht mit der Ausbildung des Bettes oder 
f
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.