Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Unmittelbarkeit im Prozeß 
Obliegenheiten (RGSt. 33, 354), zugänglich ge- 
worden sind, während der Geltungsdauer des 
Dienstverhältnisses unbefugt an andere 
Zwecken des Wettbewerbes oder in der Absicht, 
dem Inhaber des Geschäftsbetriebs Schaden 
zuzufügen, mitteilt, wird mit Gefängnis bis zu 
einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu 5000 M. 
bestraft (§ 17 Abs. 1). Gleiche Strafe trifft den- 
jenigen, welcher Geschäfts-- oder Betriebsgeheim- 
nisse, deren Kenntnis er durch Verrat oder durch 
eine gegen das Gesetz oder die guten Sitten 
verstoßende eigene Handlung erlangt hat, zu 
Zwecken des Wettbewerbes unbefugt verwertet, 
d. h. zu gewerblichen Zwecken praktisch ver- 
wendet (RGt. 39, 83) oder an andere mit- 
teilt (§ 17 Abs. 2), sowie denjenigen, welcher die 
ihm im geschäftlichen Verkehr anvertrauten Vor- 
lagen oder Vorschriften technischer Art, insbe- 
sondere Zeichnungen, Modelle, Schablonen, 
Schnitte, Rezepte zu Zwecken des Wettbewerbes 
unbefugt verwertet oder an andere mitteilt 
(& 18). Die Strafvorschrift des § 18 findet 
auf die im § 17 Abs. 1 bezeichneten An- 
gestellten keine Anwendung (RGSt. 44, 152). 
In allen diesen Fällen besteht außerdem 
die Verpflichtung zum Schadenersatze, wobei 
mehrere als Gesamtschuldner haften (8 19). 
Wer zum Zwecke des Wettbewerbes es unter- 
nimmt, einen andern während seines Dienst- 
verhältnisses zum Verrat des Geschäftsgeheim- 
nisses oder zur Mitteilung ihm anvertrauter Vor- 
lagen zu bestimmen (s. R#St. 32, 309; 33, 305), 
wird mit Gefängnis bis zu neun Monaten oder 
mit Geldstrafe bis zu 2000 4 bestraft (8 20). 
Daß der Angestellte in der Lage ist, die ihm 
angesonnene Mitteilung zu machen, ist nicht er- 
forderlich (R #t. 35, 136). S. auch RSt. 
39, 83. 
X. Strafverfolgung, Verjäh- 
rung. Die Strafverfolgung tritt, soweit es 
sich nicht um Ausverkäufe (s. d.) und Quantitäts- 
verschleierungen handelt (III), nur auf Antrag 
ein, die Staatsanwaltschaft erhebt die Klage 
nur, wenn ein öffentliches Interesse vorliegt. 
Im übrigen können die zum Antrage Berech- 
tigten strafbare Handlungen im Wege der Privat- 
klage verfolgen. Für die Privatklage sind die 
Schöffengerichte zuständig. Bei der Klage auf 
Unterlassung oder auf Schadenersatz ist das 
Gericht der gewerblichen Niederlassung oder in 
Ermanglung eines solchen dasjenige des Wohn- 
orts zuständig. Ansprüche auf Unterlassung oder 
Schadenersatz verjähren in sechs Monaten. 
Über das Verhältnis der Verzjährungsfrist 
zu 8 826 BGB. s. RGZ. 74, 434. Die 
Veröffentlichung des Strafurteils kann in den 
in § 23 bezeichneten Fällen angeordnet oder 
gestellt werden. Bei Klage auf Unterlassung 
kann der obsiegenden Partei die Veröffent- 
lichung der Entscheidung gestattet werden. Neben 
der Strafe kann auf Buße bis 10 000 K erkannt 
werden. Für die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten 
sind in erster Instanz die Kammern für Handels- 
sachen, in letzter Instanz ist das Reichsgericht 
zuständig. Ausländer, die im Inlande eine 
Hauptniederlassung nicht haben, haben nur im 
Falle der verbürgten Gegenseitigkeit Anspruch 
auf Schutz gegen u. W. (§ 28). Die Anwendung 
  
zu #1 
  
  
des Gesetzes schließt die Anwendung des Ge- 
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 2. Aufl. II. 
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setzes zum Schutz der Warenbezeichnungen nicht 
aus (R St. 41, 78). S. auch Konkurrenz- 
ausel. 
Kommentare und Handausgaben von Baer, 1910; 
Finger, 1909; Fuld, 1909; Mayer, 1909; Mül- 
ler, 1909: Pinner, 1909; Rosenthal u. Weg- 
ner, 1909: Seelow, 1909:; Seyfferth, 1909: 
Friedländer, Der strafrechtliche Schutz des Ge- 
schäfts= und Betriebsgeheimnisses, 1903: Hesse, Der 
Rechtsschutz des Geschäfts. und Betriebsgeheimnisses, 
1906: Reinhard, Geschäftsgeheimnisse und veren 
Bewahrung, 1906: chmid, Der gesetzliche Schutz 
der Fabrik= und Geschäftsgeheimnisse, 1907. 
Unmittelbarkeit im Prozeß. Dieselbe hängt 
mit der Mündlichkeit (s. Mündliche Ver- 
handlung) eng zusammen, ist aber mit ihr 
nicht gleichbedeutend. Sie besteht darin, daß 
der Richter Erklärungen und Beweise nicht 
mittelbar, d. h. nicht auf dem Umwege eines 
Schriftstücks oder eines mündlichen Berichts 
anderer Personen, kennen lernen, sondern un- 
mittelbar die Erklärungen der Prozeßbeteiligten 
oder ihrer Vertreter entgegennehmen und die 
zum Beweise nötigen Wahrnehmungen selbst 
machen soll. Infolge der starken Anerkennung 
der Mündlichkeit im Zivil- und im Strafprozesse 
hat sie hier ausgedehnte Geltung. Es muß 
die Verhandlung sich grundsätzlich vor dem er- 
kennenden Gerichte selbst abspielen, nament- 
lich auch die Beweisaufnahme der Regel nach 
vor diesem Gerichte stattfinden. An der Ent- 
scheidung dürfen daher nur solche Richter mit- 
wirken, welche der ihr zugrunde liegenden 
mündlichen Verhandlung beigewohnt haben, so 
daß, wenn im Laufe des Verfahrens ein Richter 
aus irgend einem Anlaß ausgeschieden ist, die 
Verhandlung vor dem anders besetzten Gerichte 
wiederholt werden muß. Ausnahmen von der 
U. sind im Zivilprozesse namentlich für die 
Beweiserhebung (8§ 355, 372 Abs. 2, 375, 382, 
479 3P.) und für den Sühneversuch der 
Parteien (§ 296) zugelassen; das vorbereitende 
Verfahren in Rechnungssachen usw. (88 348 ff.) 
führt zu keiner Ausnahme, weil dadurch die 
Parteiverhandlung vor dem erkennenden Ge- 
richte nicht überflüssig gemacht wird. Im Straf- 
prozeß enthalten Einschränkungen der U. nament- 
lich die Bestimmungen, wonach in der Berufungs- 
und der Revisionsinstanz ein Berichterstatter einen 
Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Ver- 
fahrens hält (§§ 365, 366, 391 St PO.; §§ 391, 
409 MStGO.). Im Verwaltungsstreitverfahren 
konnte entsprechend der geringeren Bedeutung 
der Mündlichkeit in ihm die U. mehr eingeschränkt 
werden und ist sehr eingeschränkt worden. In 
demjenigen nach dem LG. insbesondere hängt 
es ganz vom Ermessen des Gerichts ab, ob die 
Beweiserhebung in der mündlichen Verhandlung 
stattfinden oder durch eines seiner Mitglieder 
oder eine zu dem Ende zu ersuchende sonstige 
Behörde bewirkt werden soll (§ 77 Abs. 1 LV.), 
und beginnt die mündliche Verhandlung außer 
dem Falle, daß bei dem Erscheinen sämtlicher 
Beteiligten der Vorsitzende diesen den Vortrag 
des Sachverhalts überläßt, mit einem Vortrage 
des Referenten über das Sachverhältnis (Re- 
gulative für die KrL. — Ml. 1884, 41 — 
§ 11 Abs. 2, für die Bezu. — MBl. 1884, 37 — 
§ 11 Abs. 1, für die Berg A. — HMl. 1895, 333 
— §9 10 Abs. 1, für das OVG. — MBl. 1892, 133 
— § 4 Abs. 3). 
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