Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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und Porto den Wahlkommissaren Ausgaben er- 
wachsen, werden sie auf die Staatskasse über- 
nommen. Zu Wahlkommissaren sollen nur Be- 
amte des Oberpräsidiums oder der Regierungen 
ernannt werden (Erl. vom 15. Mai 1900 — 
MBl. 216; s. auch AN. 21, 586). Die Veröffent- 
lichung der Wahlbezirke und Wahlordnungen er- 
folgt auf Kosten des Staates (Erl. vom 26. April. 
1892). Für jeden Vertreter sind mindestens ein 
erster und zweiter Ersatzmann zu wählen, welche 
denselben in Behinderungsfällen zu ersetzen und 
im Falle des Ausscheidens für den Rest der Wahl- 
periode in der Reihenfolge ihrer Wahl einzu- 
treten haben. Streitigkeiten über die Wahlen 
werden vom Oberpräsidenten entschieden (Inv- 
VG. § 77). Dem Ausschusse müssen die im 
Inv VWG. 8§ 71 bezeichneten Geschäfte vorbehalten 
bleiben. Die Uberwachung der Geschäftsführung 
des Vorstands umfaßt auch die Befugnis, unter 
Umständen das persönliche Erscheinen eines Ver- 
treters des Vorstands in der Ausschußsitzung be- 
hufs Auskunftserteilung über die Geschäfts- 
führung zu verlangen. Die durch die UÜber- 
wachung entstehenden Auslagen sind Verwal- 
tungskosten (AN. 20, 258). 
3. Rentenstellen. Zur Wahrnehmung 
der den unteren Verwaltungsbehörden ((. d.) 
übertragenen Befugnisse und Olbliegenheiten 
können mit Zustimmung des Ausschusses und des 
Provinzialverbandes Rentenstellen errichtet wer- 
den. Im Falle des geschäftlichen Bedürfnisses, 
insbesondere in Gegenden mit dichter Bevölke- 
rung, kann der HM. und Md J. nach Anhörung 
des Vorstands und Ausschusses der V. so- 
wie des Provinzialausschusses, in Berlin des 
Magistrats, für Kreise oder einzelne Gemeinden 
Rentenstellen errichten. Den Rentenstellen kön- 
nen weitere Geschäfte durch den HM. oder den 
Vorstand der V. übertragen werden. Sie er- 
halten von allen Entscheidungen des Vorstands, 
die auf ihre Begutachtung hin erfolgt sind, Mit- 
teilung (Inv VG. § 122). Im übrigen ist die Er- 
richtung der Rentenstellen durch Inv WG. 8§§ 80 
bis 86 geregelt. Rentenstellen bestehen in Beu- 
then, Marburg und Sigmaringen. 
4. Gemeinsame Bestimmungen. 
Die Anzahl der Vertreter der Arbeitgeber und 
der Versicherten muß in den Organen der V. 
gleich sein (Inv VG. § 87). Wählbar sind nur 
deutsche, männliche, volljährige, im Bezirke der 
V. wohnende Personen, die zum Amt eines 
Schöffen (s. d.) fähig sind. Zu. Vertretern der 
Arbeitgeber sind nur Arbeitgeber versicherungs- 
pflichtiger Personen und die bevollmächtigten 
Leiter der Betriebe wählbar, zu Vertretern der 
Versicherten nur versicherte Personen (Inv VWG. 
§ 88). Versicherte Arbeitgeber, die nicht bloß vor- 
übergehend versicherungspflichtige Personen be- 
schäftigen, werden den Arbeitgebern zugerechnet 
(Inv WG. § 90). Die Wahlperiode dauert fünf 
Jahre. Ausscheidende sind wieder wählbar 
(Inv VWG. § 90 Abs. 1). Nur Arbeitgeber können 
die Wahl ablehnen, und zwar aus den Gründen, 
aus denen die Ubernahme der Vormundschaft 
abgelehnt werden kann. Die Wahrnehmung eines 
auf Grund der Arbeiterversicherungsgesetze (s. 
Arbeiterversicherung) übertragenen 
Ehrenamts steht der Führung der Vormundschaft 
gleich. Die Wiederwahl kann für die nächste 
  
Versicherungsbeirat — Versicherungspflicht 
Wahlperiode abgelehnt werden (Inv W. § 94). 
Personen, die die Wahl ohne zulässigen Grund 
ablehnen, zu den Sitzungen nicht pünktlich er- 
scheinen oder ihren Obliegenheiten sich in anderer 
Weise entziehen, können vom Vorsitzenden des 
Vorstands mit Geldstrafe bis 500 .Ké, oder wenn 
es sich um Beisitzer der Rentenstellen handelt, 
vom Vorsitzenden der Rentenstelle mit Geld- 
strafe bis zu 150 Kl bestraft werden. Kommt eine 
Wahl nicht zustande, oder verweigern die Ge- 
wählten ihre Dienstleistung, so ernennt die untere 
Verwaltungsbehörde (s. d.) die Vertreter (Inv- 
VG. § 90 Abs. 2, 3). Werden hinsichtlich eines 
Gewählten Tatsachen bekannt, die seine Wähl- 
barkeit ausschließen oder sich als grobe Pflicht- 
verletzungen darstellen, so ist der Gewählte, nach- 
dem ihm Gelegenheit zur Äußerung gegeben 
worden ist, durch Beschluß des Vorstands seines 
Amtes zu entheben. Hiergegen ist die Beschwerde 
an das RVA. innerhalb eines Monats zu- 
lässig (Inv V G. § 91). Die Vertreter der Arbeit- 
geber und Versicherten in den Organen der V. 
verwalten ihr Amt als Ehrenamt und erhalten 
nach näherer Bestimmung des Statuts Ersatz 
für bare Auslagen, die Vertreter der Versicherten 
außerdem einen Pauschbetrag für Zeitverlust 
oder Ersatz für den ihnen entgangenen Arbeits- 
verdienst (Inv WG. § 92). Die Mitglieder der 
Organe haften der V. für getreue Geschäfts- 
verwaltung wie Vormünder ihren Mündeln und 
unterliegen der Strafbestimmung des St#B. 
§ 266 (Inv W. § 93). Bei allen Abstimmungen 
gibt im Falle der Stimmengleichheit der Vor- 
sitzende den Ausschlag (Inv VG. § 96). Die Ver- 
treter der Versicherten haben in jedem Fall, in 
dem sie zur Wahrnehmung ihrer Obliegenheiten 
berufen werden, die Arbeitgeber in Kenntnis zu 
setzen. Die Nichtleistung der Arbeit während 
dieser Zeit bildet keinen Grund zu sofortiger Ent- 
lassung (Inv VG. § 97). Die bei den V. und ihren 
Organen im Hauptamte beschäftigten Bureau-, 
Kanzlei= und Unterbeamten haben 
die Rechte und Pflichten der entsprechenden Be- 
amten des Provinzialverbandes (Inv W. § 98; 
Erl. vom 30. Nov. 1899 und vom 28. Nov. 1900). 
Die Disziplinarverhältnisse sind durch G. vom 
17. Juni 1900 (G. 251) geregelt. Die Stellen 
sind zum Teil Militäranwärtern vorbehalten 
(R#Bek. vom 25. Juli 1899 — 3ZBl. 268). 
V. Aufsicht. Die Aussicht über die V. führt 
das RVA.; dieses kann die Prüfung des Ge- 
schäftsganges vornehmen und zu diesem Zwecke 
die Vorlage der Bücher, Akten usw. verlangen. 
Die Mitglieder des Vorstands und der sonstigen 
Organe können zur Befolgung der gesetzlichen und 
statutarischen Bestimmungen durch Geldstrafen 
bis zu 1000 .KH angehalten werden (Inv V. 
§ 108). Wegen der Unfallversicherungsanstalten 
s. Bauun allversicherung; See- 
unfallversicherung. 
Bersicherungtsbeirat s. Aufsichtsamt 
für Privatversicherung. 
Bersicherungspflicht. I. Krankenver- 
sicherung. 1. Gesetzliche V. Kraft Ge- 
setzes sind der V. nach KVG. § 1 unterworfen 
Personen, welche gegen Gehalt oder Lohn be- 
schäftigt sind in Bergwerken, Salinen, Auf- 
bereitungsanstalten, Brüchen und Gruben, in 
Fabriken und Hüttenwerken, beim Eisenbahn--,
	        
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