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613). Die V. besteht entweder kraft Gesetzes
oder auf Grund eines Beschlusses des BR.
1. Gesetzliche V. Kraft Gesetzes sind nach
Inv WG. § 1 gegen Alter und Invalidität ver-
sichert vom vollendeten sechzehnten Lebensjahr
ab: a) Personen, welche als Arbeiter, Gehilfen,
Gesellen, Lehrlinge oder Dienstboten gegen Lohn
oder Gchalt beschäftigt werden; b) Betriebs-
beamte, Werkmeister und Techniker (s. Be-
triebsbeamte), Handlungsgehilfen und
-Zehrlinge (ausschließlich der in Apotheken be-
schäftigten Gehilsfen und Lehrlinge), sonstige
Angestellte, deren dienstliche Beschäftigung ihren
Hauptberuf bildet, sämtlich sofern sie Lohn oder
Gehalt beziehen, ihr regelmäßiger Jahresarbeits-
verdienst aber 2000 K nicht übersteigt; wegen
der Lehrer s. Lehrer und Lehrerinnen
(Versicherungspflicht); c) die gegen Lohn
oder Gehalt beschäftigten Personen der Schiffs-
besatzung deutscher Seefahrzeuge (G. vom
13. Juli 1887 — Rl. 329) und von Fahr-
zeugen der Binnenschiffahrt, Schiffsführer jedoch
nur dann, wenn ihr regelmäßiger Jahresarbeits-
verdienst an Lohn oder Gehalt 2000 (K nicht
übersteigt. Als Lohn oder Gehalt gelten auch
Naturalbezüge und Tantiemen; den Durch-
schnittswert der Naturalien setzt die untere Ver-
waltungsbehörde fest (Inv VWG. 8§ 3).
2. Durch Beschluß des BR. ist die V. auf
Hausgewerbetreibende der Tabakfabrikation und
der Textilindustrie ausgedehnt worden. S. R-
Bek. vom 16. Dez. 1891 (Rl. 395), vom
1. März 1894 (RöBl. 324), vom 9. Nov. 1895
(RGBl. 452).
3. Befreiung von der V. tritt entweder kraft
Gesetzes auf Antrag oder durch Beschluß des
BR. ein.
a) Kraft Gesetzes sind befreit Personen, die
nur freien Unterhalt als Entgelt beziehen oder
die vorübergehend beschäftigt werden (s. Vor-
übergehende Beschäftigung,), sowie
polnische Arbeiter russischer und österreichischer
Staatsangehörigkeit, welchen der Aufenthalt im
Inlande nur vorübergehend gestattet ist (§ 3
Abs. 2, § 4) [s. Ausländer VII. Ferner unter-
liegen der V. nicht Beamte des Reichs, der Bun-
desstaaten und der Kommunalverbände sowie
Lehrer und Erzieher an öffentlichen Schulen
oder Anstalten, sofern sie lediglich zur Aus-
bildung für ihren künftigen Beruf beschäftigt
werden oder sofern ihnen eine Anwartschaft
auf Pension im Mindestbetrage der Invaliden=
rente (s. Invalidenversicherung,) nach
den Sätzen der ersten Lohnklasse gewährleistet ist.
Eine solche Anwartschaft befreit auch Beamte der
Versicherungsanstalten und zugelassenen beson-
deren Kasseneinrichtungen. Nichtversicherungs-
pflichtig sind endlich erwerbsunfähige Personen
(l[. Erwerbsunfähigkeit), Personen, welche
Unterricht gegen Entgelt erteilen, sofern dies
während ihrer wissenschaftlichen Ausbildung für
ihren zukünftigen Lebensberuf geschieht, sowie
Personen, denen auf Grund des Inv W. eine
Invalidenrente bewilligt ist, und Personen des
Soldatenstands, welche dienstlich (als Arbeiter)
beschäftigt werden (Inv WG. § 3 Abs. 2, 88 4, 5).
b) Befreiung auf Antrag. Nach
Inv VW. 8 6 Abs. 1 sind auf ihren Antrag von
der V. zu befreien Personen, welchen vom Reiche,
Versicherungspflicht
von einem Bundesstaat, einem Kommunal-
verband, einer Versicherungsanstalt oder zu-
gelassenen besonderen Kasseneinrichtung, oder
welchen auf Grund früherer Beschäftigung als
Lehrer oder Erzieher an öffentlichen Schulen
oder Anstalten Pensionen, Wartegelder oder
ähnliche Bezüge im Mindestbetrage der Invaliden=
rente nach den Sätzen der ersten Lohnklasse be-
willigt sind, oder welchen auf Grund der reichs-
gesetzlichen Bestimmungen über Unfallversiche-
rung der Bezug einer jährlichen Rente von min-
destens demselben Betrage zusteht. Dasselbe
gilt von solchen Personen, welche das sieben-
zigste Lebensjahr vollendet haben. Über den
Antrag entscheidet die untere Verwaltungsbe-
hörde des Beschäftigungsorts. Gegen den Be-
scheid derselben ist die Beschwerde an die zu-
nächst vorgesetzte Behörde zulässig, welche end-
gültig entscheidet. Bei Zurücknahme des An-
trags tritt die V. wieder in Kraft. In der gleichen
Weise sind auf ihren Antrag von der V. zu be-
freien Personen, welche Lohnarbeit im Laufe
eines Kalenderiahres nur in bestimmten Jahres-
zeiten für nicht mehr als zwölf Wochen oder
überhaupt für nicht mehr als fünfzig Tage über-
nehmen, im übrigen aber ihren Lebensunter-
halt als Betriebsunternehmer oder anderweit
selbständig erwerben, oder ohne Lohn oder Ge-
halt tätig sind, solange für dieselben nicht bereits
100 Wochen lang Beiträge entrichtet (s. AN.
23, 492) worden sind (Inv W. § 6 Abst. 2).
Diesen Personen wird nach Maßgabe der R-
Bek. vom 24. Dez. 1899 (RGBl. 721) eine Ver-
sicherungsfreikarte ausgestellt. Eine Befreiung
ist nur möglich, wenn die V. besteht, nicht also
wenn eine vorhergehende Beschäftigung vorliegt
(AN. 25, 591).
c) Durch Beschluß des BR. kann auf An-
trag bestimmt werden, wieweit Beamte,
die von anderen öffentlichen Verbänden oder
von Körperschaften angestellt sind und nur zur
Ausbildung für ihren zukünftigen Beruf be-
schäftigt werden oder Anwartschaft auf Pension
im Mindestbetrage der Invalidenrente nach
den Sätzen der ersten Lohnklasse haben oder
eine Pension, Wartegeld oder ähnliche Bezüge
oder eine Unfallrente in solcher Höhe beziehen,
sowie Lehrer und Erzieher an nicht öffentlichen
Schulen oder Anstalten, sofern diesen Personen
eine Anwartschaft auf Pension im Mindestbe-
trage der Invalidenrente nach den Sätzen der
ersten Lohnklasse gewährleistet ist, und Per-
sonen, welchen auf Grund früherer Anstellung
bei solchen Verbänden oder Körperschaften,
Schulen oder Anstalten Pensionen, Wartegelder
oder ähnliche Bezüge in dem genannten Mindest-
betrage der Invalidenrente bewilligt sind, von
der V. befreit sind oder auf Antrag befreit
werden können (Inv VWG. § 7). Von dieser
Befugnis hat der BR. in zahlreichen Fällen
Gebrauch gemacht. Die betreffenden RrKBek.
sind im ZBl. veröffentlicht.
4. Streitigkeiten über die V. und über die
Zulässigkeit der Befreiung auf Antrag zwischen
der Versicherungsanstalt einerseits und den
Arbeitgebern oder Arbeitern andererseits oder
wischen Arbeitgebern und Arbeitern werden,
soferm sie nicht gelegentlich der Festsetzung der
Rente hervortreten, von der unteren Verwal-