Bersicherungsvertragsgesetz — Versicherungswesen (im allgemeinen)
in Abstufungen von 10 3 für je 20 K oder
einem Bruchteil dieses Betrages. Befreit sind
Versicherungen, bei denen die verabredeten
Jahresprämien den Betrag von 40 K nicht
übersteigen.
c) Versicherungen gegen andere
Gefahren (Feuer-, Hagel--, Vieh-
versicherungen usw.) für jedes Jahr oder den
Bruchteil eines Jahres der Versicherungsdauer
einem Stempel von 1½/1000 99 d. i. 1 3& von
1000 .K der versicherten Summe in Abstufungen
von 10 8 für je 10 000 .K oder einem Bruchteil
dieses Betrages. Die Verlängerung der Ver-
sicherungen dieser Art ist steuerpflichtig ohne
Rücksicht darauf, ob sie ausdrücklich beurkundet
wird oder stillschweigend eintritt. Die den öffent-
lichen Feuerversicherungsanstalten reglement-
mäßig zustehenden Stempelsteuerprivilegien blei-
ben bestehen. Befreit sind ferner: a) Versiche-
rungen, bei welchen die versicherte Summe den
Betrag von 3000 K nicht übersteigt; b) Ver-
sicherungen bei den auf Gegenseitigkeit ge-
gründeten und nicht die Erzielung von Gewinn
bezweckenden Versicherungsanstalten, deren Ver-
sicherungsbeträge durch Umlage erhoben werden
und deren Geschäftsbetrieb über den Umfang
einer Provinz nicht hinausgeht.
2. Verträge über Rückversicherungen
und Transportversicherungen sind
stempelfrei.
3. Die im Ausland errichteten V. sind auch
dann zu versteuern, wenn zu a und b der Ver-
sicherungsnehmer im Inlande wohnt und zu c
die versicherten Gegenstände sich im Inlande
befinden.
4. Über die Ausführung der Tt. 70 vogl.
Ziff. 86 der AusfBest. vom 16. Aug. 1910 (Beil.
zu Nr. 20 des Abg ZBl. für 1910). In Abs. 2
a. a. O. ist vorgesehen, daß Versicherungsgesell-
schaften, bei denen stillschweigende Verlänge-
rungen in großer Zahl vorkommen, die Ver-
steuerung im Wege der Abfindung (§ 14 Abf. 2
des LSt G. und Ziff. 21 der AusfsBest. vom
16. Aug. 1910 gestattet wird; s. Stempel-
steuer lle.
Versicherungsvertragsgesetz. Die privatrecht-
liche Seite der Versicherung richtete sich bis vor
kurzem im wesentlichen nach dem Landesrecht,
in Verbindung mit den Vorschriften des H##.
Das BGB. enthält nur vereinzelte Vorschriften
über die V. und überließ im übrigen die Rege-
lung der Landesgesetzgebung (Art. 75 EG.).
Neuerdings ist aber die Materie reichsgesetzlich er-
schöpfend geregelt durch das G. über den Ver-
sicherungsvertrag vom 30. Mai 1908 (RE-
Bl. 263), das nur auf die Seeversicherung und
auf die Rückversicherung nach § 186 keine An-
wendung findet. Das Gesetz enthält teils zwin-
gende Vorschriften, teils solche, die nur mangels
einer anderweiten Abmachung der Parteien zur
Anwendung kommen. Diese Abmachung kann
entweder im Versicherungsvertrage selbst ge-
troffen sein, oder sich aus den nach dem Ver-
trage maßgebenden Allgemeinen Versicherungs-
bedingungen regeln. Zwingender Art sind nur
diejenigen Vorschriften, die entweder das Gesetz
ausdrücklich für verbindlich erklärt (z. B. 8§§ 5,
6, 8), oder bei denen sich dieser Charakter un-
dessen schriftlicher Einwilligung.
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mittelbar aus dem Inhalte der Vorschrift ergibt
(z. B. §§ 4, 47). Für den Vertragsabschluß
bedarf es keiner besonderen Form (vgl. Ver-
sicherungsschein). Das 194 Paragraphen
umfassende Gesetz enthält zunächst Vorschriften
für sämtliche Versicherungszweige, regelt dann
im 2. Abschnitt die Schadenversicherung (Feuer-,
Hagel--, Vieh-, Transport-, Haftpflichtversiche-
rung), im 3. und 4. Abschnitt die Lebens= und
die Unfallversicherung und gibt im 5. Abschnitte
Schlußvorschriften. Dazu Ein führungs-
#e setz von demselben Tage (Rl. 305).
lber die privatrechtliche Stellung des Ver-
sicherungsagenten bestimmen die 8§ 43
bis 48 des G. — Bei der Schadenver-
sicherung ist die frühere Beschränkung der
Vers. auf den Wert der Sache beseitigt, es kann
auch der entgehende Gewinn versichert werden
(§§ 52, 53). Dieser Versicherungswert kann
sogar im voraus durch Taxe vereinbart werden
(§ 57), außer bei der Feuerversicherung (§ 89).
Bei Veräußerung der versicherten Sache tritt
der Erwerber gesetzlich an die Stelle des Ver-
äußerers (§ 69), der Versicherer hat aber in
diesem Falle ein Kündigungsrecht (§ 70). Schon
nach § 1128 BG#B. haftet die Versicherungs-
summe des Gebäudes dem Hypothekengläubiger.
Dieser Grundsatz ist in den §§ 98—107 des
V. näher durchgeführt, bemerkenswert u. a.
die Vorschrift (§ 101), daß, wenn die Ent-
schädigungsforderung des Versicherungsnehmers
wegen seines Verhaltens verwirkt ist, sie zu-
gunsten des Hypothekengläubigers gleichwohl
bestehen bleibt, es sei denn, daß die Verwirkung
auf nicht rechtzeitiger Zahlung der Versicherungs-
prämie beruht. — Die Lebensversiche-
rung darf auch auf das Leben eines anderen
genommen werden (§8 159), jedoch nur mit
Selbstmord
des Versicherten (nicht Tod im Zweikampf)
befreit den Versicherer von seiner Leistung,
es sei denn, daß die Tat im Zustande der Un-
zurechnungsfähigkeit begangen ist (§ 169), nur
zugunsten des Versicherungsnehmers ist diese Vor-
1eist abänderlich (5 172). Erleichternde Vor-
schriften über Umwandlung und Rückkauf der
Lebensversicherung gibt das Gesetz in §#§ 173
bis 176 bei mindestens dreijährigem Bestehen
der Versicherung und richtig erfolgter Prämien-
ahlung. Auf die beim Inkrafttreten des Ge-
senes bestehenden Versicherungsverhält-
nisse findet das Gesetz im allgemeinen nicht An-
wendung, einzelne Ausnahmen im Art. 4 des
Einführungsgesetzes; vgl. auch Art. 3 das.
Kommentare zum G. von 1908, u. a. von Konrad
Schneider (München, Beck).
Versicherungswesen (im allgemeinen). Die
Versicherung beruht auf dem Gedanken, die
dem einzelnen durch unerwartete Ereignisse
(Tod, Feuer-, Hagelschaden usw.) drohenden
wirtschaftlichen Gefahren und Nachteile auf
eine große Gesamtheit zu verteilen und sie
dadurch für den einzelnen weniger fühlbar zu
machen. Der hierfür von dem einzelnen (Ver-
sicherten, Versicherungsnehmer) zu erhebende
Beitrag wird als Prämie (Versicherungs-
prämie) bezeichnet. Ihre Höhe muß der Größe
der vom Versicherungsgeber (Versicherer) über-
nommenen Gefahr entsprechen, und in der