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der V. erstreckt sich, vom wild ablaufenden Wasser
abgesehen, auf alle Arten natürlicher wie künst-
licher Wasserläufe (vgl. auch Stauan-
lagen).
II. Die Erhaltung der V. (Räu-
mung). Die dem gemeinen Rechte fremde
Verpflichtung zur Beseitigung derjenigen Vor-
fluthindernisse, die durch Verschlammen, Ver-
sanden, Verwachsen des Bettes oder Ufer-
abbruch entstehen (Räumung), ist im heutigen
Recht überall anerkannt. Gräben und Kanäle
sind nach AbR. I, 8 § 100 vom Eigentümer
zu unterhalten, neu angelegte Entwässerungs-
gräben aber von demjenigen, in dessen Inter-
esse sie angelegt sind (SS§ 106—116 a. a. O.).
Nach 8§ 10 des Vorflutedikts kann derjenige,
welchem die Unterhaltung eines Grabens oder
Wasserabzuges obliegt, zu dessen Auskrautung
und Räumung polizeilich angehalten werden,
sobald aus der Vernachlässigung derselben oder
aus Mangel an der erforderlichen Tiefe Nachteil
für andere Grundstücke oder für die Gesundheit
der Anwohner entsteht. Nach § 7 des Privat=
flußgesetzes vom 28. Febr. 1843 endlich sind
die Uferbesitzer zur Räumung des Flusses in-
soweit verpflichtet, als es zur Beschaffung der
V. notwendig ist. Der § 10 des Vorflutedikts
findet auf alle Wasserläufe, mithin auch auf
öffentliche Flüsse Anwendung (O. Hahn, Die
Preuß. Gesetzgebung über V. usw., 2. Aufl.,
Breslau 1886 S. 43). Die Bestimmungen des
Privatflußgesetzes von 1843 gelten für die ganze
alte Monarchie. Für Neuvorpommern und
Rügen sind durch das Vorflutgesetz vom 9. Febr.
1867 ähnliche Räumungsvorschriften wie im
landrechtlichen Gebiete gegeben; nach § 3 können
bei Zersplitterung des Besitzstandes oder aus
anderen Gründen die einzelnen Räumungs-
pflichtigen einer Feldmark durch Reglement zu
Räumungsgemeinschaften verbunden werden.
Nach allen diesen Vorschriften besteht eine Ver-
pflichtung zur Räumung (Unterhaltung) nur in-
soweit, als es zur Erhaltung oder Wiederherstel-
lung der V. dient, nicht darüber hinaus eine
Verpflichtung zum Uferschutz oder zu Regulie-
rungsarbeiten. Innerhalb dieser Grenze kann
aber die Räumung im vollen Umfange ge-
fordert werden. Dagegen ist in Hannover
nach dem Hann G. vom 21. Aug. 1847 §F 2 die
ebenfalls den Uferbesitzern obliegende Räu-
mungspflicht auf bestimmte im Gesetz
aufgeführte Arbeiten beschränkt. In den hann.
Marschdistrikten bildet die Unterhaltung der Ent-
wässerungsgräben einen Teil der Deich'Siel)-
last, liegt daher den Deich= und Sielverbänden
ob. Weitergehende Unterhaltungsvorschriften,
unter regulativmäßiger Heranziehung der unter-
haltungspflichtigen Grundbesitzer bestehen für!
die Geestdistrikte der Prov. Schleswig-
Holstein nach der Wasserlösungsordnung für
Holstein vom 16. Juli 1857 und der provisorischen
Vsfs. für Schleswig vom 6. Sept. 1863. Im
vormaligennKurfürstentumbHessen
wird nach der V. vom 31. Dez. 1824 unterschieden
zwischen Privatwasserbau, Gemeindewasserbau,
Staatswasserbau, je nach Umfang und d Bedeutung
der vorzunehmenden Arbeiten. Der Privat-
wasserbau liegt den Anliegern ob unter sub-
sidiärer Haftung der Gemeinde. Im
vor-
Vorführung von Gefangenen zu gerichtlichen Terminen
maligen Herzogtum Nassau haben
nach § 6 der V. vom 27. Juli 1858 die Ge-
meinden die Verpflichtung zur Aufräumung und
Unterhaltung der Bäche und größerer künstlicher
Gräben und Kanäle.
III. Zuständigkeit und Behörden.
Das Recht der V. gehört sowohl dem öffentlichen
wie dem Privatrecht an. In allen Fällen unter-
liegen Schadenersatzansprüche wegen Beeinträch-
tigung der V. der Entscheidung der ordentlichen
Gerichte, ferner Streitigkeiten aus ALR. I, 8
§ 102, ebenso Streitigkeiten über die privat-
rechtliche Verpflichtung zur Räumung von
Gräben und Wasserläufen. Dagegen unterliegen
Streitigkeiten über öffentlichrechtliche Verbind-
lichkeiten dieser Art nach § 66 36. der Ent-
scheidung im Verwaltungsstreitverfahren. Nach
§ 66 trifft ferner wegen Räumung von Gräben,
Bächen, Wasserläufen und wegen Verteilung
der Kosten die Wasserpolizeibehörde Anordnung,
dagegen Einspruch und demnächst Klage im Ver-
waltungsstreitverfahren. In den älteren Pro-
vinzen beschließt über Anträge auf Verschaffung
der V. nach § 68 ZG. der Kr A. (St A.); wegen
der 1866 erworbenen Provinzen vgl. §8 81
bis 93 Z6.
Bei Wegebauten hat die Wegepolizeibehörde,
wie sie überhaupt alle dabei in Betracht kom-
menden öffentlichen Interessen zu beachten hat,
insbesondere auch das der V. im Auge zu be-
halten, soweit nicht etwa lediglich privatrechtliche
Interessen in Frage stehen. Andererseits bestcht
keine rechtliche Verpflichtung des Wegebaupflich-
tigen, den Anliegern V. zu gewähren. Die Zu-
leitung von Abwässern nach den Straßengräben
ist deshalb, soweit es nicht in gewissem Um-
fange durch Provinzialgeset (ogl. Wegeverord-
nung für Schleswig-Holstein vom 1. März 1812
8§ 125, 159, 161 und das Wegepolizeigesetz für
diese Provinz vom 15. Juni 1885 — G6. 28
— § 27) oder durch besondere Titel des öffent-
lichen Rechts oder mit Zustimmung der Wege-
polizeibehörde privatrechtlich zugelassen ist, un-
statthaft und wegepolizeilich zu verhindern (ogl.
auch OVG. 27, 386).
Borführung von Gefangenen zu gerichtlichen
Terminen. Sie ist ein Fall von Gefangenen-
transport (s. d. 1), soweit dazu ein Transport
vom Detentionsorte nach einem anderen Orte
notwendig ist. Über die Kosten hierbei be-
stimmen die Allg. Vf. vom 14. Juli 1897 (IJM-
Bl. 211), vom 16. Febr. 1899 (JIMl. 51) und
vom 1. April 1899 (JMMBl. 156). Im übrigen
sind die Vernehmungen von Gefangenen mög-
lichst in der Gefangenanstalt zu bewirken. Uber
die V. und die Bewachung der gerichtlichen
Gefangenen verhalten sich der Runderlaß vom
13. Febr. 1880 (Müller, Preuß. Justizverwal=
tung, 6. Aufl., 1825), über den Transport
und die Vorführung von Gefangenen aus
Strafanstalten des Md J. zu gerichtlichen Ter-
minen das Zirk. vom 5. Mai 1894 (Mhl. 83).
die Vf. vom 29. Jan. 1895 (MBl. 32), der
Runderlaß vom 14. Juli 1897 (MBl. 196:
I Bl. 211), die Vf. vom 10. Febr. und 4. März
1911 (JM.72; Ml. 96) und die Dienstordnung
für die dem Md J. unterstellten Strafanstalten und
größeren Gefängnisse vom 14. Nov. 1902 5 121,
über die V. von Gefangenen und Zöglingen