Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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aller Prinzen und Prinzessinnen des Hauses 
und soweit andere Personen zu Vormündern er- 
nannt sind, der entscheidende Obervormund. 
Für die Mitglieder standesherrlicher Familien 
erfolgt die Bestellung des Vormundes, soweit 
eine solche stattfindet, auf Antrag des JM. 
durch den König. Obervormundschaftsbehörde 
ist das Oberlandcsgericht, in dessen Bezirke die 
Standesherrschaft gelegen ist. Beschwerde- 
gericht ist das JM. (8 19 unter a der Instr. 
vom 30. Mai 1820 — GS. 81 —, hannoversche 
Vormundschaftsordnung für Bentheim von 1823 
§ 14, kurhessisches Edikt vom 29. Mai 1833 § 18, 
großherzoglich hessisches G. vom 18. Juli 1858 
Art. 13 unter a, V. vom 12. Nov. 1855 — G. 
688 — 8 1; AGGVG. vom 24. April 1878 — 
GS. 230 — 9§27; Pr FKG. Art. 136). Vgl. die 
Artikel König und Reichsunmittelbare. 
VI. Vgl. auch das Haager Abkommen zur 
Regelung der Vormundschaft über Minder- 
jährige vom 12. Juni 1902 (RBl. 1904 S. 240, 
307; 1907, 84) und dazu die Bek. vom 21. Juni 
1906 (JM Bl. 225) sowie die Allg. Vf. vom 
12. Okt. 1906 (IM l. 301) und die vom Reichs- 
Justizamte zusammengestellte Übersicht der Vor- 
schriften, betr. die Vormundschaft über Minder- 
jährige, nach den Gesetzgebungen derjenigen 
Staaten, die dem Haager Abkommen vom 
12. Juni 1902 beigetreten sind, im Zentralblatt 
für freiwillige Gerichtsbarkeit 7, 357; s. auch 
Haager Konvention. 
Außer den Kommentaren und Lehrbüchern des BGB. 
besonders noch Schultzen stein -Köhne, Deutsches 
Vormundschaftsrecht, 1901; v. Blume, Das Vormund- 
schaftsrecht des Bem.; Fuchs, Vormundschaftsrecht; 
Hallbauer und Thieme-Garmann, Das deut- 
sche Vormundschaftsrecht, 1909: Glässing, Die öffent- 
lichrechtliche Natur des deutschen Vormundschaftsrechts, im 
ArchCfsKh. 16, 161; Schanz, Die vorläufige Vor- 
mundschaft: Haidlen, Das Familien= und Vormund-= 
schaftsrecht: Lion, Die Mitvormundschaft; Schlecht, 
Das Prinzip der Selbständigkeit des Vormundes, in Grün-ä 
huts 8. 28, 749; Spahn, Verwandtschaft und Bor- 
mundschaft nach dem BGB.; v. Blume, Das sog. 
Prinzip der Selbständigkeit des Vormundes, in Iherings J. 
49, 291; Josef, Die Selbständigkeit des Bormundes 
und das Aussichtsrecht des Vormundschaftsgerichts, im 
Arch Ziv Prax. 97, 108; v. Knebel.= Döberitz, Die 
Berufsvormundschaft über uneheliche Kinder, im Pr BBl. 
32, 209; Zentralblatt für Vormundschaftswesen, Jugend- 
gerichte und Fürsorgeerziehung. 
Bormundschaftsgericht. I. Die vormund- 
schaftliche Tätigkeit des Staates (s. Vor- 
mund und Vormundschaft I ist reichs- 
gesetzlich den Gerichten übertragen. Sie bildet 
einen Teil der freiwilligen Gerichtsbarkeit (s. d.). 
V. sind die Amtsgerichte (FG#G. 8§ 35). Gemäß 
des Vorbehalts zugunsten landesgesetzlicher Vor- 
schriften in den Art. 147 Abs. 1 und 218 EG BGB. 
ist es jedoch in Preußen für den Landesherrn 
und die Mitglieder der regierenden Familie und 
des hohen Adele bei der bisherigen, durch Landes- 
gesetzgebung und Hausverfassung bewirkten Re- 
gelung geblieben (s. Vormund und Vor- 
mundschaft V). Das V. kann teilweise durch 
einen Familienrat ersetzt werden (s. d.). 
II. Zu den Ausgaben des Vormund- 
schaftsgerichts gehören bei den Vormund- 
schaften und entsprechend dann auch bei den 
Pflegschaften (BGB. § 1915) außer der An- 
ordnung der Vormundschaft, der Bestellung und 
Entlassung des Vormundes, der Einsetzung eines 
Familienrats, wenn die Voraussctzungen für 
einen solchen vorliegen, der Benachrichtigung 
  
Vormundschaftsgericht 
des Waisenrats usw. namentlich noch: die zum 
Zwecke der Erziehung notwendige Unterbringung 
des Mündels (§ 1838), unter Umständen die un- 
mittelbare Vornahme von Maßregeln im Inter- 
esse des Mündels (§ 1846), die Aufsicht über die 
gesamte Tätigkeit des Vormundes und des 
Gegenvormundes (§ 1837) mit dem Recht und 
der Pflicht, jederzeit Auskunft zu verlangen 
(§ 1839), gegen Pflichtwidrigkeiten durch Ge- 
bote und Verbote einzuschreiten (§ 1837 Abs. 1), 
zur Einreichung eines Vermögensverzeichnisses, 
zu wiederkehrender Rechnungslegung oder wenig- 
stens Einreichung einer Bestandsübersicht an- 
zuhalten und die Rechnung oder die Vermögens- 
übersicht zu prüfen (88 1802, 1840, 1843, 1854), 
sowie unter Umständen die Hinterlegung von 
Wertpapieren und Kostbarkeiten anzuordnen 
(s 1818) und Sicherheit vom Vormunde zu 
fordern (§ 1844), die Genehmigung einzelner 
Handlungen des Vormundes (8§8 1809, 1814 
bis 1816, 1821—1823), die Ersetzung der er- 
forderlichen Genehmigung des Gegenvormun- 
des (§8 1810, 1812 Abs. 2) und des Vormun- 
des (§§ 113 Abs. 3, 1304 Abs. 2, 1337 Abs. 1), 
die Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit 
unter Mitvormündern (§5 1797 Abs. 1, 1798) 
und die Vermittelung der nach Beendigung der 
Vormundschaft überhaupt oder des Amtes des 
Vormundes stattfindenden Auseinandersetzung 
zwischen dem bisherigen Mündel oder dessen 
Rechtsnachfolger oder neuem Vertreter und dem 
bisherigen Vormund oder dessen Erben (§ 1892). 
Wegen der örtlichen Zuständigkeit des V. kom- 
men die 88 4—7, 36, 46 FG. in Betracht. 
Über Anzeigen anderer Behörden an das V. 
zwecks der Tätigkeit des letzteren besonders 
88 48, 50 FG., §§ 627 Abs. 3, 630, 657, 660, 
674, 683 BZPO., § 1999 BGB. 
III. Außerhalb des Gebietes der 
Vormundschaften und Pflegschaf- 
ten sind den Vormundschaftsgerich- 
ten noch verschiedene weitere Obliegenheiten 
übertragen, z. B. die Volljährigkeitserklärung 
(BGB. 8§ 3), ferner zahlreiche Entscheidungen 
gegenüber Eheleuten und Eltern und Kindern, 
sowie die Anordnung einer Fürsorgeerziehung 
Minderjähriger nach dem G. vom 2. Juli 1900 
(GS. 264) ls. Fürsorgeerziehungl. 
IV. Die Geschäftsführung der B. 
unterliegt nach ihrer formellen Seite (Geschäfts- 
verzögerungen usw.) der gewöhnlichen Dienst- 
aufficht. Materiell ist gegen ihre Anordnungen 
in weitem Umfange die — regelmäßig die Voll- 
iehung nicht aufschiebende — Beschwerde ohne 
rist, in gewissen Fällen die sofortige, d. i. an 
eine Frist von zwei Wochen gebundene Be- 
schwerde und, wenn die darauf ergangene Ent- 
scheidung auf einer Verletzung des Gesetzes be- 
ruht, die weitere Beschwerde gegeben (FG#. 
§& 19—30, 57—64). In beschränktem Umfange 
hat dieses Recht der Beschwerde auch der Mündel 
selbst (FGGG. 8§ 59). 
V. Als Zwangsmittel zur Durchfüh- 
rung seiner Anordnungen hat das V. diejenige 
Zwangsgewalt, die das Gericht nach Landes- 
gesetz in den Angelegenheiten der freiwilligen 
Gerichtsbarkeit überhaupt hat (Pr FG. Art. 15 
bis 17), und ferner das Recht zur Verhängung 
von Ordnungsstrafen (§ 1837 Abs. 2) und zur
	        
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