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Waisenanstalten und Waisenhäuser — Waldbrände
gebene Sinn des Wortes W. liegt den Begriffen Frauen, die dazu bereit sind, als W. widerruflich
„Gold-, Silber-, Doppelwährung“ (s. diese Ar-
tikel), Parallelwährung, d. i. ein „Geldsystem,
bei welchem Gold= und Silbermünzen gleich-
berechtigt nebeneinander im Umlauf sind, ohne
daß, wie bei der Doppelwährung, ein festes ge-
setzliches Verhältnis zwischen ihnen besteht“
(Lexis), zugrunde. Die ebenfalls übliche Be-
zeichnung „Papierwährung" wird besser als
schief vermieden. Denn sie bezeichnet nur einen
Zustand, wo wegen Mangels an Metallgeld durch
gesetzliche Fiktion dem sog. Papiergeld die So-
lutiveigenschaft des Metallgeldes beigelegt wird,
obwohl es einen Stoffwert wie dieses nicht be-
sitzt und daher sein Stoff auch nicht als Wert-
messer dienen kann. Schließlich gebraucht man
das Wort W. auch als gleichbedeutend mit Münz-
fuß, z. B. Talerwährung, Guldenwährung usw.
Vgl. außer den im Text angezogenen Artikeln
auch Münzgesetz; Papiergeld.
Waisenanstalten und Waisenhäuser. Die
Unterbringung von Ganz= oder Halbwaisen in
Familien hat neben großen Vorzügen auch be-
denkliche Schattenseiten. Es sind deshalb schon
seit langen Zeiten Waisenhäuser eingerichtet
worden — das erste größere war das Franckesche
Waisenhaus in Halle a. S. 1698 —, darunter
auch solche, die auf die Aufnahme von Militär-
waisenknaben oder Militärwaisenmädchen (s.
Militärwaisenhaus zu Potsdam)
oder Beamtenwaisen beschränkt sind. Es gibt
Waisenanstalten sowohl des Staates, der Pro-
vinzen und der Gemeinden wie rein private,
unter den letzteren namentlich solche, die auf
Stiftungen beruhen. Wegen der Ausfsicht über
die Waisenhäuser und der Rechte und Pflichten
des Anstaltsvorstandes als Vormund s. Er-
ziehungsanstalten. Vgl. auch Wohl-
tätigkeitsanstalten. Einzelne W. u. W.
suchen durch Vereinigung einer kleineren Zahl von
Zöglingen in besonderen Häusern sich der Fa-
milienpflege zu nähern. Wegen der Befreiung
der W. u. W. von kommunalen Realsteuern s.
Art. 16 der Anw. vom 10. Mai 1894 zum K2.
und von der Quartierleistung für die bewaffnete
Macht während des Friedenszustandes s. G.
vom 25. Juni 1868 (B# Bl. 523) § 4 Ziff. 6.
Offentliche Waisenhäuser sind von der Zahlung
der Gerichtsgebühren befreit (PrGK. 8§8 8
Nr. 2, 118; LVG. 8§ 107 Ziff. 5) und ge-
nießen Stempelfreiheit (Pr Stemp St G. in der
Fassung vom 30. Juni 1909 — GS. 535. —
8§ 5 d). Erziehungsanstalten, welche über den
Rahmen der Armenpflege hinausgehende Ziele
verfolgen, gehören nicht zu den Waisen-
häusern (IJW. 1895, 513), und ein Waisen-
haus besteht nicht schon dann, wenn auf
Kosten des Trägers der Waisenpflege einige
Waisenkinder an Privatstellen untergebracht sind,
sondern nur da, wo die Waisen gemeinsam
wohnen sowie gemeinsame Ernährung und Auf-
sicht haben (KG J. 16, 273). Wegen der Erb-
schafts-- und der Schenkungssteuervergünstigung
s. Rerb St G. vom 3. Juni 1906 (RGBl. 654) §5 12
Abs. 1 Ziff. 2 u. 3 und Abs. 3; § 55. Vgl. auch
Erbschaftssteuer IId.
Waisenpflegerinnen. Nach Art.7 § 2 dbes AS-
BeB. vom 20. Sept. 1899 (GS. 177) können
zur Unterstützung des Gemeindewaisenrats (s. d.)
bestellt werden. Die Zuständigkeit für die Be-
stellung bestimmt sich nach den für die Bestellung
der Waisenräte maßgebenden Vorschriften. Die
W. haben unter der Leitung des Gemeindewaisen-
rats bei der Beaufsichtigung der im Kindesalter
— d. h. hier nicht im Alter bis zum vollen-
deten 7. Lebensjahre (vgl. den Art. Kinder),
sondern etwa gleichbedeutend mit schulpflichtigem
Alter — stehenden Mündel und bei der Über-
wachung weiblicher Mündel mitzuwirken. Sie
bekleiden ein unentgeltliches Gemeindeamt und
haben die Eigenschaft mittelbarer Staatsbeamten,
sind dem Waisenrat untergeordnet und haben
dessen Anordnungen Folge zu leisten. Sie können
nicht selbst Vormünder usw. vorschlagen; über-
haupt findet zwischen ihnen und dem Vormund-
schaftsgerichte kein unmittelbarer Verkehr statt.
Die mit der Bestellung von Frauen zu W. ge-
machten Erfahrungen sind durchaus günstig (Vj.
vom 28. Mai 1906 — WVBl. 204), und in der
Vf. vom 15. Nov. 1909, betr. die Waisenpflege
(MBl. 228), ist deshalb die vermehrte Heran-
ziehung von Frauen auf dem Gebiete der Waisen-
pflege überhaupt und besonders auch empfohlen
worden, daß die Waisenräte darauf Bedacht neh-
men, daß ihnen Frauen als W. zur Verfügung
stehen. #
Waisenuräte s. Gemeindewaisenrat.
Waldbrände zu verhüten, ist der Zweck einer
Reihe von Bestimmungen des StB. (88 308,
368 Ziff. 3 u. 6) und des Feld= und Forstpolizei-
gesetzes vom 1. April 1880 (88 32, 44, 45, 47—52),
von denen die letzteren Ansiedelungen im Walde
oder in der Nähe desselben betreffen und, neben
dem allg. Ansiedelungsgesetz vom 25. Aug. 1876
(s. Ansiedelung) nach § 24 das., mit Aus-
schluß jedoch des 2. Abs. des § 52 cit., welcher
durch Art. II des neuen Ansiedelungsgesetzes vom
10. Aug. 1904 aufgehoben ist, gelten. Neben den
gesetzlichen Bestimmungen bestehen zur Ver-
hütung von W. in fast allen Regierungsbezirken
Polizeiverordnungen, insbesondere auf Grund der
§§ 32 u. 46 des Feld-- und Forstpolizeigesetzes
erlassene, die das Brennen auf Torfmooren,
Heiden und Waldflächen regeln; außerdem fast
überall Verordnungen über das Rauchen im
Walde. In den Staatsforsten sind zur Ver-
hütung von W. wichtige Einrichtungen und
Anordnungen getroffen worden; so in großen
zusammenhängenden und besonders gefährdeten
Nadelholzforsten die Errichtung von Feuertür-
men, die zur Zeit der Gefahr mit Wachen besetzt
werden, und durch Anlegung telephonischer
Einrichtungen (s. auch Allg. Vf. vom 27. Mai
1881 — Danckelmanns Jahrbuch S. 236; vom
9. Mai 1900 — das. S. 236; vom 23. März 1901
— S. 113 — und vom 20. März 1902 — S. 70).
Ihr wesentlicher Inhalt ist die Anordnung von
Brandwachen (besonders an Feiertagen und auf
verkehrsreichen Wegen), Herstellung von Wund-
streifen längs der Wege, Vornahme von Trocken-
ästungen daselbst, wenn der Bestand noch nicht
über das Dickungsalter hinaus ist, Zurückstellung
der Kultur auf breiten Streifen bei umfang-
reichen Aufforstungen usw. Besonders zu er-
wähnen sind die vom Forstmeister Kienitz emp-
fohlenen Schutzstreifen gegen Zündung durch
Lokomotivfeuer, deren Herstellung in den Staats-