Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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lichem Betriebsplan vorzunehmende forstmäßige 
Bewirtschaftung gerichtet sind (Wirtschaftsgenos- 
senschaft). Die Vereinigung kann geschehen auf 
Antrag jedes Besitzers, der Kommunalverbände 
oder der Landespolizeibehörde, sie ist jedoch nur 
zulässig bei Schutzgenossenschaften, wenn die 
Mehrzahl der Beteiligten nach dem Katasterrein- 
ertrage, bei Wirtschaftsgenossenschaften, wenn 
außerdem mindestens ein Drittel der Beteiligten 
zustimmt. Die Rechtsverhältnisse der Genossen- 
schaft in inneren Angelegenheiten und die Ver- 
tretung nach außen werden durch Statut geregelt. 
Bei den Schutzgenossenschaften wirtschaftet jeder 
  
Waldgenosse selbst, steuert aber zu den Kosten 
der gemeinsamen Einrichtungen nach dem Kata- 
sterreinertrage bei. Bei Wirtschaftsgenossenschaf- 
ten werden Einnahme und Ausgabe des Genos- 
senschaftswaldes nach dem Kapitalwerte des von 
jedem Genossen eingeworfenen Waldes verteilt. 
Verwertbare Holzbestände können vor der Ge- 
nossenschaftsbildung abgetrieben, die Kulturen 
müssen aber auf Kosten der Eigentümer ausge- 
führt werden. Die Bildung der Waldgenossen- 
schaften erfolgt im allgemeinen durch den Kr#. 
(Waldschutzgericht), welcher durch einen Kom- 
missar die erforderlichen örtlichen Feststellungen 
und die Beschlußfassung der Waldeigentümer 
über die Genossenschaftsbildung, Aufstellung des 
Genossenschaftsstatuts veranlaßt und sodann über 
das Bedürfnis zur Vereinigung der beteiligten 
Eigentümer und über das Statut entscheidet. 
Die Waldgenossenschaften sind der Staatsauf- 
sicht in derselben Weise wie die Gemeindewal- 
dungen unterworfen (s. Gemeinde= und 
Anstaltsforsten). Auch bezüglich der Wald- 
genossenschaftsbildung hat das W. trotz Aufwen- 
dung nicht unerheblicher Staatsmittel bisher nur 
geringe Erfolge gehabt. 
Waldstren ist für die Humusbildung und da- 
mit für die Ernährung der Bäume von der größ- 
⅝ten Bedeutung, und die Fortnahme der W. ist 
daher nur ausnahmsweise und unter bestimmten 
Voraussetzungen forsttechnisch zulässig. Mit Rück- 
sicht auf die Gefahren der Streuentnahme sind 
die Berechtigungen darauf fast überall abgelöst, 
die Gesetzgebung darüber s. unter Gemein- 
heitsteilungen. Vergünstigungsweise 
wird in besonders futterarmen Jahren aus ge- 
eigneten Waldrevieren von der Staatsforstver- 
waltung W. abgegeben, generelle Anordnungen 
bestehen hierüber nicht. Unbefugte Streuent- 
nahme wird nach § 1 Ziff. 4 des Forstdiebstahls= 
gesetzes vom 15. April 1878 als Forstdiebstahl 
bestraft. 
Wallfahrten s. Aufzüge II. 
Walzwerke s. Hammerwerke. 
Wanderarbeitsstätten dienen demselben Zwecke 
einer Beseitigung der mit der Wanderbettelei ver- 
bundenen Mißstände und einer geregelten Fürsorge 
für Wanderarme wie die Arbeiterkolonien und 
die Naturalverpflegungsstationen (s. diese Artikel). 
Sie beruhen aber abweichend von den letzteren 
auf dem Gedanken, daß sie nur an einigen we- 
nigen größeren Orten eines Bezirks eingerichtet 
werden, und daß sie durchgehends mit Arbeits- 
nachweisen und die Arbeitsnachweise wiederum 
miteinander zu verbinden sind, also für den in 
eine W. eintretenden arbeitsuchenden Wanderer 
sogleich ein ausgebreitetes System organisch 
  
Waldstreu — Wanderarbeitsstätten 
zusammengehöriger Arbeitsnachweise in Tätig- 
keit tritt. Demgemäß werden mittellose arbeit- 
suchende Wanderer, die sich als solche bei einer 
Gemeindebehörde usw. ausweisen, der nächsten 
W. zugeführt. Hier erhalten sie vorübergehend 
gegen Arbeitsleistung Beköstigung und Obdach, 
vor allem aber wird versucht, ihnen Arbeit nach- 
zuweisen. Soweit solche nicht vorhanden ist, 
wird der Wanderer zu einer anderen W. weiter- 
gesandt, wo er nach den gegenseitig ausgetausch- 
ten Nachrichten der Arbeitsnachweise voraussicht- 
lich Arbeit finden kann. Ist ihm nirgends Ar- 
beitsgelegenheit zu verschaffen, so wird er einer 
Arbeiterkolonie zugewiesen. Der Vorteil dieses 
Systems beruht darauf, daß die mittellosen ar- 
beitsuchenden Wanderer nicht ständig auf den 
Wanderstraßen hin und hergeschoben, vielmehr 
möglichst bald davon entfernt werden, um ent- 
weder durch die mit den W. verbundenen Arbeits- 
nachweise in einer dauernden Stellung oder einst- 
weilen bis zur Erlangung einer solchen in einer 
Arbeiterkolonie untergebracht zu werden. 
Nach längeren Vorbereitungen, bei denen be- 
sonders der Pastor v. Bodelschwingh beteiligt 
gewesen ist, ist das Wanderarbeitsstättengesetz 
vom 29. Juni 1907 (GS. 205) zustande gekom- 
men. Es nimmt von jeder obligatorischen Ein- 
richtung Abstand und überläßt die Beurteilung 
des Bedürfnisses den einzelnen Provinzen, denen 
hierbei die Bezirksverbände der Prov. Hessen- 
Nassau und der Landeskommunalverband der 
hohenzoll. Lande gleichgestellt sind, und denen 
die Ausführung dadurch erleichtert wird, daß sie 
die Berechtigung haben, die Kreise heranzu- 
ziehen. Die letzteren können sich wieder der frei- 
willigen Mitwirkung Dritter bedienen und von 
den Gemeinden und Gutsbezirken, in denen 
eine W. eingerichtet wird, gegen Entschädigung 
die Mitwirkung bei deren Verwaltung sowie 
die Hergabe passender Räumlichkeiten, soweit 
solche schon bisher einem gleichen Zwecke dienten, 
verlangen. Die Heranziehung der Kreise, Land- 
und Stadtkreise, besteht darin, daß sie durch Be- 
schluß des Provinziallandtags verpflichtet werden 
können, sowohl W. einzurichten, zu unterhalten 
und zu verwalten, als auch, wenn in ihnen keine 
W. eingerichtet wird, ihnen aber die von anderen 
Kreisen derselben Provinz eingerichteten W. zu- 
gute kommen, zu den Kosten dieser W. beizutragen. 
Die Kosten für die W. werden teils von den Krei- 
sen, teils von den Provinzen getragen. Der 
Staat beteiligt sich an den Kosten nicht, weil die 
Fürsorge für die Wanderarmen als ein Teil der 
Armenpflege gesetzlich nicht Aufgabe des Staates, 
sondern der dazu berufenen Kommunalverbände 
ist. Als die Personen, die das Gesetz betrifft, 
bezeichnet es nur mittellose arbeitsfähige Män- 
ner, so daß Frauen nicht die Möglichkeit haben, 
von den W. Gebrauch zu machen. Andererseits 
beschränkt es diese Möglichkeit weder auf preuß., 
noch auch nur auf deutsche Staatsangehörige. In 
den im §8 6 des G. bezeichneten Fällen ist eine 
Klage im Verwaltungsstreitverfahren zugelassen. 
Von ihm wird besonders auch erhofft, daß es 
eine gerechtere Anwendung der Nr. 7 u. 8 des 
§ 361 St GB. ermöglichen wird, indem diese nicht 
mehr die Armen, sondern die Arbeitsscheuen 
treffen. 
Mauve-Gröning, 
Wanderarbeitsstättengesestz.
	        
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