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lichem Betriebsplan vorzunehmende forstmäßige
Bewirtschaftung gerichtet sind (Wirtschaftsgenos-
senschaft). Die Vereinigung kann geschehen auf
Antrag jedes Besitzers, der Kommunalverbände
oder der Landespolizeibehörde, sie ist jedoch nur
zulässig bei Schutzgenossenschaften, wenn die
Mehrzahl der Beteiligten nach dem Katasterrein-
ertrage, bei Wirtschaftsgenossenschaften, wenn
außerdem mindestens ein Drittel der Beteiligten
zustimmt. Die Rechtsverhältnisse der Genossen-
schaft in inneren Angelegenheiten und die Ver-
tretung nach außen werden durch Statut geregelt.
Bei den Schutzgenossenschaften wirtschaftet jeder
Waldgenosse selbst, steuert aber zu den Kosten
der gemeinsamen Einrichtungen nach dem Kata-
sterreinertrage bei. Bei Wirtschaftsgenossenschaf-
ten werden Einnahme und Ausgabe des Genos-
senschaftswaldes nach dem Kapitalwerte des von
jedem Genossen eingeworfenen Waldes verteilt.
Verwertbare Holzbestände können vor der Ge-
nossenschaftsbildung abgetrieben, die Kulturen
müssen aber auf Kosten der Eigentümer ausge-
führt werden. Die Bildung der Waldgenossen-
schaften erfolgt im allgemeinen durch den Kr#.
(Waldschutzgericht), welcher durch einen Kom-
missar die erforderlichen örtlichen Feststellungen
und die Beschlußfassung der Waldeigentümer
über die Genossenschaftsbildung, Aufstellung des
Genossenschaftsstatuts veranlaßt und sodann über
das Bedürfnis zur Vereinigung der beteiligten
Eigentümer und über das Statut entscheidet.
Die Waldgenossenschaften sind der Staatsauf-
sicht in derselben Weise wie die Gemeindewal-
dungen unterworfen (s. Gemeinde= und
Anstaltsforsten). Auch bezüglich der Wald-
genossenschaftsbildung hat das W. trotz Aufwen-
dung nicht unerheblicher Staatsmittel bisher nur
geringe Erfolge gehabt.
Waldstren ist für die Humusbildung und da-
mit für die Ernährung der Bäume von der größ-
⅝ten Bedeutung, und die Fortnahme der W. ist
daher nur ausnahmsweise und unter bestimmten
Voraussetzungen forsttechnisch zulässig. Mit Rück-
sicht auf die Gefahren der Streuentnahme sind
die Berechtigungen darauf fast überall abgelöst,
die Gesetzgebung darüber s. unter Gemein-
heitsteilungen. Vergünstigungsweise
wird in besonders futterarmen Jahren aus ge-
eigneten Waldrevieren von der Staatsforstver-
waltung W. abgegeben, generelle Anordnungen
bestehen hierüber nicht. Unbefugte Streuent-
nahme wird nach § 1 Ziff. 4 des Forstdiebstahls=
gesetzes vom 15. April 1878 als Forstdiebstahl
bestraft.
Wallfahrten s. Aufzüge II.
Walzwerke s. Hammerwerke.
Wanderarbeitsstätten dienen demselben Zwecke
einer Beseitigung der mit der Wanderbettelei ver-
bundenen Mißstände und einer geregelten Fürsorge
für Wanderarme wie die Arbeiterkolonien und
die Naturalverpflegungsstationen (s. diese Artikel).
Sie beruhen aber abweichend von den letzteren
auf dem Gedanken, daß sie nur an einigen we-
nigen größeren Orten eines Bezirks eingerichtet
werden, und daß sie durchgehends mit Arbeits-
nachweisen und die Arbeitsnachweise wiederum
miteinander zu verbinden sind, also für den in
eine W. eintretenden arbeitsuchenden Wanderer
sogleich ein ausgebreitetes System organisch
Waldstreu — Wanderarbeitsstätten
zusammengehöriger Arbeitsnachweise in Tätig-
keit tritt. Demgemäß werden mittellose arbeit-
suchende Wanderer, die sich als solche bei einer
Gemeindebehörde usw. ausweisen, der nächsten
W. zugeführt. Hier erhalten sie vorübergehend
gegen Arbeitsleistung Beköstigung und Obdach,
vor allem aber wird versucht, ihnen Arbeit nach-
zuweisen. Soweit solche nicht vorhanden ist,
wird der Wanderer zu einer anderen W. weiter-
gesandt, wo er nach den gegenseitig ausgetausch-
ten Nachrichten der Arbeitsnachweise voraussicht-
lich Arbeit finden kann. Ist ihm nirgends Ar-
beitsgelegenheit zu verschaffen, so wird er einer
Arbeiterkolonie zugewiesen. Der Vorteil dieses
Systems beruht darauf, daß die mittellosen ar-
beitsuchenden Wanderer nicht ständig auf den
Wanderstraßen hin und hergeschoben, vielmehr
möglichst bald davon entfernt werden, um ent-
weder durch die mit den W. verbundenen Arbeits-
nachweise in einer dauernden Stellung oder einst-
weilen bis zur Erlangung einer solchen in einer
Arbeiterkolonie untergebracht zu werden.
Nach längeren Vorbereitungen, bei denen be-
sonders der Pastor v. Bodelschwingh beteiligt
gewesen ist, ist das Wanderarbeitsstättengesetz
vom 29. Juni 1907 (GS. 205) zustande gekom-
men. Es nimmt von jeder obligatorischen Ein-
richtung Abstand und überläßt die Beurteilung
des Bedürfnisses den einzelnen Provinzen, denen
hierbei die Bezirksverbände der Prov. Hessen-
Nassau und der Landeskommunalverband der
hohenzoll. Lande gleichgestellt sind, und denen
die Ausführung dadurch erleichtert wird, daß sie
die Berechtigung haben, die Kreise heranzu-
ziehen. Die letzteren können sich wieder der frei-
willigen Mitwirkung Dritter bedienen und von
den Gemeinden und Gutsbezirken, in denen
eine W. eingerichtet wird, gegen Entschädigung
die Mitwirkung bei deren Verwaltung sowie
die Hergabe passender Räumlichkeiten, soweit
solche schon bisher einem gleichen Zwecke dienten,
verlangen. Die Heranziehung der Kreise, Land-
und Stadtkreise, besteht darin, daß sie durch Be-
schluß des Provinziallandtags verpflichtet werden
können, sowohl W. einzurichten, zu unterhalten
und zu verwalten, als auch, wenn in ihnen keine
W. eingerichtet wird, ihnen aber die von anderen
Kreisen derselben Provinz eingerichteten W. zu-
gute kommen, zu den Kosten dieser W. beizutragen.
Die Kosten für die W. werden teils von den Krei-
sen, teils von den Provinzen getragen. Der
Staat beteiligt sich an den Kosten nicht, weil die
Fürsorge für die Wanderarmen als ein Teil der
Armenpflege gesetzlich nicht Aufgabe des Staates,
sondern der dazu berufenen Kommunalverbände
ist. Als die Personen, die das Gesetz betrifft,
bezeichnet es nur mittellose arbeitsfähige Män-
ner, so daß Frauen nicht die Möglichkeit haben,
von den W. Gebrauch zu machen. Andererseits
beschränkt es diese Möglichkeit weder auf preuß.,
noch auch nur auf deutsche Staatsangehörige. In
den im §8 6 des G. bezeichneten Fällen ist eine
Klage im Verwaltungsstreitverfahren zugelassen.
Von ihm wird besonders auch erhofft, daß es
eine gerechtere Anwendung der Nr. 7 u. 8 des
§ 361 St GB. ermöglichen wird, indem diese nicht
mehr die Armen, sondern die Arbeitsscheuen
treffen.
Mauve-Gröning,
Wanderarbeitsstättengesestz.