Lotterie 89
B. Geschichte der preuß. Staats= Strelitz, das zwar keine eigene Staatslotterie
lotterie. Nachdem 1703 in Preußen zuerst besaß, von dem aus aber, weil es den Handel
Klassenlotterien Eingang gefunden hatten, über- mit fremden Losen frei gestattete und dadurch
ließ der Staat die Veranstaltung von L. Pri= zum Mittelpunkt eines Preußen mit Anpreisun-
vaten und behielt sich nur deren Genehmigung #gen solcher Lose überschwemmenden Losehandels
und eine von Fall zu Fall bestimmte Abgabe geworden war, die Wirksamkeit der preuß. L.
für wohltätige Zwecke vor. 1763 wurden die erschwert wurde, unterm 3. Dez. 1904 (GS.
L. monopolisiert (so auch ALK. I, 11 § 547; 1905, 202), mit Reuß j. L., das bis 31. Dez.
II, 20 §§ 248 ff.) und ein staatliches Zahlen- 1906 an die sächs. L. angeschlossen war, unterm
lotto, 1767 daneben eine Klassenlotterie ein-= 30. Mai 1905 (GS. 1906, 129), mit Oldenburg,
geführt; beide wurden verpachtet und erst das bei sich die hess.-thür. L. zugelassen hatte,
1794 (Lotterieedikt vom 20. Juni) in Eigen= unterm 9. Dez. 1905 4GS. 1906, 145), mit
betrieb genommen. Das Zahlenlotto wurde! Bremen, das die braunschweigische und ham-
durch das zweite Lotterieedikt vom 28. Mai burgische Lotterie zugelassen hatte, unterm
1810 (GS. 712) abgeschafft; vorübergehend trat 18. Mai 1906 (GS. 124), mit Waldeck, wo bis-
an seine Stelle eine „Quinenlotterie“, eine her keine Staatslotterie zugelassen war, unterm
Art des Lottos, die aber bald beseitigt wurde. # 22. April 1907 (GS. 1908, 1) und mit Elsaß-
Die 1810 suspendierte Klassenlotterie trat 1813 Lothringen, wo ebenfalls keine Staatslotterie
wieder ins Leben. Einzige Staatslotterie ist bestand oder zugelassen war, unterm 30. April
die „Kgl. Preuß. Klassenlotterie“ seit 1832. Zu 1910 (GS. 301) Staatsverträge abgeschlossen,
ihrem Schutz wurde unterm 29. Juli 1885 ein nach denen auch in diesen Staaten gegen Jahres-
Strafgesetz (GS. 317) gegen das Spiel #renten ausschließlich die preuß. L. zugelassen
und den Vertrieb von Losen nichtzugelassener und durch Strafbestimmungen geschützt wird.
L. erlassen, das aber, weil es sich wegen der! Die Jahresrenten betragen für Mecklenburg-
geringen Höhe der Strafen für den Losevertrieb Strelitz 67 000, für Reuß j. L. 65 000, für Waldeck
und infolge der Anwendung des Grundsatzes 15 000 K, für Oldenburg für jedes von dort
des fortgesetzten Deliktes als wirkungslos er= aus in beiden Lotterien des Jahres abgesetzte
wies, durch das G., betr. das Spielen in Los 40 A, mindestens aber 100 000 K, für
außerpreuß. L., vom 29. Aug. 1904 (GS. Bremen für jedes von dort aus in beiden Jahres-
255) ersetzt ist; nach diesem sind die Strafen für lotterien abgesetzte Los bis zur Zahl von 2500 Losen
den Vertrieb und das Anbieten von Losen 40, für jedes darüber hinaus abgesetzte 20 A,
nichtzugelassener L. wesentlich erhöht, und es für Elsaß-Lothringen 550 000 A, mindestens
ist jede einzelne Vertriebshandlung für eine aber pro Kopf ebensoviel wie die Einnahme
besondere Straftat erklärt. Die hierdurch be- Preußens. Die Verträge sind auf verschiedene
wirkte bzw. in Aussicht stehende wirksame Aus= Dauer abgeschlossen, alle aber mit der Klausel
schließung der bisher Preußen überschwemmen= des Fortlaufens für einen bestimmten Zeitraum,
den fremden Lose hat alsbald dazu geführt, wenn sie nicht gewisse längere Zeit zuvor ge-
daß die anderen deutschen Lotteriestaaten an kündigt werden; in einzelnen ist die Zulässigkeit
Preußen mit dem Wunsche nach Verhand- der Kündigung außerdem von bestimmten Vor-
lungen wegen einer Lotteriegemeinschaft heran= aussetzungen abhängig gemacht. Über die Vor-
traten. Diese Verhandlungen haben mit Mecklen- geschichte, Tendenz und Inhalt der im einzelnen
burg-Schwerin, Lübeck, den zur hess.-thür. vielfache Verschiedenheiten aufweisenden und
Staatslotterie vereinigten Staaten Hessen, etwas komplizierten Verträge sowie über die
Sachsen-Weimar, Sachsen-Meiningen, Sachsen= Notwendigkeit derartig verschiedener und ver-
Koburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Sonders= wickelter Regelung vgl. Strutz, „Die preußischen
hausen, Schwarzburg-Rudolstadt, Reuß ä. L., Lotterieverträge“ im Finanzarchiv, 24. Jahrg.,
Schaumburg-Lippe und Lippe sowie mit Braun= S. 449 ff. Die 1904—1905 auch mit Sachsen
schweig zum Abschluß der Staatsverträge vom und Hamburg auf deren Wunsch gepflogenen
28. Nov. 1904, 7. Dez. 1904, 17. Juni 1905 Verhandlungen sind ergebnislos geblieben. Nicht
und 18. Mai 1906 (GS. 1905 S. 199, 212; sowohl dem Absatze der Staatslotterie, den sie
1906 S. 134, 415) geführt. Nach diesen Ver= sogar erschweren, als vielmehr dem Schutze
trägen haben diese Staaten ihre eigenen Staats= des Publikums gegen Ausbeutung und An-
lotterien eingehen lassen und ihr Gebiet unter reiz zum Lotteriespiel dienen die G. vom 18. Aug.
Einführung von den preußischen entsprechenden 1891 (GS. 353) und 19. April 1894 (GS. 73),
Strafbestimmungen ausschließlich der preuß. von denen jenes den Privathandel mit Losen
Staatslotterie geöffnet; sie erhalten hierfür von der Staatslotterie, dieses den Handel mit ge-
Preußen Jahresrenten, Mecklenburg-Schwerin ringeren als den genehmigten Anteilen oder
100 000, Lübeck 200 000 K, die hefs.-thür. Staaten Abschnitten von Losen zu Privatlotterien unter
in den ersten fünf Jahren 1 630 000 A, dann Strafe stellt. Ein G. gegen die Serien= und
16% 11 des einschließlich dieser Rente verbleiben= Prämienlosunternehmungen (s. d.) befindet sich
den Uberschusses der preuß. Lotterieverwaltung, in Vorbereitung.
aber höchstens 1 630 000 K, Braunschweig fütr C. Die gegenwärtige Einrichtung
die ersten fünf Jahre 475 000 .K, später /1%der preuß. Klassenlotterie. Es
des einschließlich seiner Rente, also für Preußen 3 finden in jedem Kalenderjahre zwei L. mit je
und Braunschweig, verbleibenden, d. i. 7/1909 fünf — bis 1903 nur vier — Klassen statt. Die
des Preußen verbleibenden Überschusses, aber Zahl der Lose ist, hauptsächlich wegen des Hin-
nicht mehr als 450 000 .K. Unter gewissen Vor= zutritts anderer Staaten, allmählich auf 348 000
aussetzungen erhöhen oder vermindern sich ein-Stammlose, d. h. zur sofortigen Ausgabe be-
zelne Renten. Weiter sind mit Mecklenburg= stimmte Lose im Gegensatz zu den Freilosen