Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Wertzuwachssteuer 
schaftlichen Vorgang, wie der Veräußerung eines 
einzelnen Grundstücks zu einem höheren Preise 
als den Selbstkosten, kein Rückschluß auf eine per- 
sönliche Leistungsfähigkeit möglich ist. Die Be- 
gründung des demnachstigen Gesetzentwurfes ließ 
dann aber diesen Gedanken zurücktreten und stützte 
sich wie die kommunale W. auf den Gedanken der 
sog. Aquivalenztheorie, also auf den eines Ent- 
gelts für die besonderen Vorteile des Grund- 
besitzes aus dem Dasein, der Entwicklung und den 
Veranstaltungen des Deutschen Reiches. Die 
weiteren Verhandlungen über den Gesetzentwurf 
lassen kein klares Bild gewinnen, ob man die 
Rechtfertigung mehr in der Aquivalenz= oder in 
der Opfertheorie fand, ob man also mehr eine 
Besteuerung des reinen, objektiven Wertzu- 
wachses des Grundstücks oder des subjektiven Ge- 
winnes des Veräußerers beabsichtigte, obwohl 
es einleuchtend ist, daß, je nachdem man das eine 
oder das andere will, das Gesetz hätte ganz ver- 
schieden gestaltet werdeen müssen. Doch ist in den 
letzten Stadien der Beratung der Gedanke der 
Besteuerung einer subjektiven Leistungsfähigkeit 
wieder' stärker betont worden. — Die Reichs- 
zuwachssteuer (R.) knüpft an an den Eigen- 
tumsübergang — an das ihn begründende 
Rechtsgeschäft nur, wenn er diesem nicht inner- 
halb Jahresfrist folgt — an inländischen Grund- 
stücken und Berechtigungen, für welche die auf 
Grundstücke bezüglichen Vorschriften des bürger- 
lichen Rechtes gelten, ausgenommen unbeweg- 
liche Bergwerksanteile. Gleichgestellt ist der 
Übergang von Rechten am Vermögen der Er- 
werbsgesellschaften außer Aktien= und Kom- 
manditaktiengesellschaften sowie von eingetra- 
genen Vereinen, sofern die Vereinigung Grund- 
stücke besitzt und entweder die Verwertung solcher 
zum Gegenstand hat oder zum Zweck der Er- 
sparung der R. geschaffen ist. Befreiung 
tritt ein a) für Veräußerer mit einem Einkom- 
men von nicht mehr als 2000 .K bei Veräußerung 
von bebauten Grundstücken im Werte von nicht 
mehr als 20 000 und unbebauten von nicht mehr 
als 5000 K.l; b) für Landesfürst und -fürstin, 
soweit nicht die Landesgesetzgebung zugunsten 
der Kommunen Ausnahmen vorsieht, für das 
Reich, die. Bundesstaaten und Kommunalver= 
bände, in deren Bereich sich das Grundstück befin- 
det, sowie unter gewissen Voraussetzungen (§ 30 
Ziff. 4) für gemeinnützige, der inneren Koloni- 
sation, Arbeiteransiedlung, Grundentschuldung 
oder der Wohnungsfürsorge für minderbemittelte 
Klassen dienende Vereinigungen; für die zu b 
genannten Personen usw. jedoch nur als Ver- 
äußerer, nicht als subsidiär haftende (s. u.) Er- 
werber; c) mit der Maßgabe, daß bei einer dem- 
nächstigen steuerpflichtigen Veräußerung für Be- 
messung des Wertzuwachses auf den früheren, 
vor dem steuerfreien liegenden Rechtsvorgang 
steuerpflichtiger Art zurückgegangen wird, und 
mit gewissen Einschränkungen (§ 7) bei Erwerb 
von Todes wegen, Schenkung, die eheliche Güter- 
gemeinschaft betreffenden Rechtsvorgängen, Erb- 
auseinandersetzung, Erwerb der Abkömmlinge 
von ihren Aszendenten, Einbringen in Gesell- 
schaften und Vereinigungen, die nur vom Ver- 
äußerer und seinen Abkömmlingen oder diesen 
allein oder von Miterben gebildet werden, Aus- 
tausch bei Zusammenlegungen, Flurbereinigun- 
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 2. Aufl. II. 
  
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gen, Umlegungen und Forstablösungen sowie 
Austausch von Feldesteilen zwischen angrenzen- 
den Bergwerken und Vereinigung von Berg- 
werken zur besseren bergbaulichen Ausnutzung 
(§§ 1—7, 30, 31). Andererseits ist dem BR. be- 
hufs Verhütung von Umgehungen das Recht bei- 
gelegt, vorbehaltlich der nachträglichen Zustim- 
mung des Rd. steuerfreie Rechtsvorgänge, die 
einem anderen ermöglichen, über das Grundstück 
wie der Eigentümer zu verfügen, für stuerpflich- 
tig zu erklären und ihre Steuerpflicht zu regeln 
(§ 66 Abs. 2, 3) Bemessungsgrund- 
lage ist der im Gesetz näher umschriebene, 
„ohne Zutun des Eigentümers“ entstandene 
Wertzuwachs, tatsächlich infolge der Art der Um- 
schreibung ein Mittelding zwischen objektivem 
Wertzuwachs und subjektivem Gewinn. Grund- 
sätzlich wird nämlich der steuerpflichtige Wert- 
zuwachs dargestellt durch den Unterschied zwischen 
dem Erwerbspreise — d. i. dem Gesamtbetrage 
der Gegenleistung, bei Zwangsversteigerung 
Meistgebot und übernommene Leistungen — zu- 
züglich der im Gesetz vorgesehenen Zurechnungen 
und dem Veräußerungspreise abzüglich der zu- 
gelassenen Abrechnungen. Dem Erwerbspreise 
zuzurechnen sind — mit einigen Einschränkungen 
— 1. die nachgewiesenen Kosten des Erwerbes, 
mindestens aber 4 0% des Erwerbspreises; 2. bei 
Erwerb in der Zwangsversteigerung der Betrag 
der dem Erwerber ausgefallenen Hypotheken und 
Grundschulden bis zu dem Grundstückswert; 
3. Aufwendungen für noch vorhandene Bauten, 
Umbauten und sonstige dauernde Verbesserungen 
mit einem Aufschlag von 5, wenn aber der Ver- 
äußerer Baugewerbetreibender und selbst der 
Bauunternehmer ist, von 15 %; 4. Aufwen- 
dungen, Leistungen und Beiträge für Verkehrs- 
anlagen aller Art und Kanalisierung sowie „ohne 
entsprechende Gegenleistung und Verzinsung 
geleistete Beiträge für sonstige öffentliche Ein- 
richtungen“, alles unter 4 Genannte unter Hinzu- 
rechnung von 4%½ für jedes seit der Aufwendung 
usw. verflossene Jahr bis zu 15 Jahren; 5. für 
jedes Jahr des maßgebenden Zeitraums von dem 
Betrage des Erwerbspreises und der Anrech- 
nungen 1—3, wenn er pro Ar 100, bei Wein- 
bergen 300 4+t nicht übersteigt, 2½, vom Mehr- 
betrage bei unbebauten Grundstücken 2, bei be- 
bauten 1½ 00, indes nur die Hälfte aller dieser 
Prozentsätze, wenn der Zeitraum nicht mehr 
als 5 Jahre beträgt. Vom Veräußerungspreise 
abzuziehen sind a) die dem Veräußerer nachweis- 
lich zur Last fallenden Veräußerungskosten und 
b) auf Antrag für jedes, höchstens aber für 15 zu- 
sammenhängende Jahre der Besitzdauer der Be- 
trag, um den der Jahresertrag des Grundstücks 
hinter 3 v. H. des Erwerbspreises zuzüglich der 
oben unter 1—3 genannten Anrechnungen zurück- 
geblieben ist. Hinzuzurechnen sind dem Veräuße- 
rungspreise nicht nachweislich zur Beseitigung 
des Schadens verwendete Entschädigungen für 
Wertminderungen, soweit der Anspruch nach 
dem 1. Jan. 1911 entstanden ist, und die vom 
Erwerber übernommene R. Soweit Preise nicht 
vereinbart oder zu ermitteln sind, tritt an ihre 
Stelle der gemeine Wert, und wenn der letzte 
steuerpflichtige Rechtsvorgang länger als 40 Jahre 
vor Eintritt der Steuerpflicht zurückliegt, gilt 
mangels Nachweises eines höheren Erwerbs- 
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