Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Wildschaden 
eine Ursache der zahlreichen Bauernunruhen des 
späteren Mittelalters und des Anfangs der 
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durch jagdbares Wild (jeglicher Art, also auch 
durch Hasen) verursachte Schaden zu ersetzen. 
neueren Zeit war. Erst in der letzteren Zeit der Entschädigungspflichtig ist der Jagdberechtigte, 
Herrschaft des Instituts der Jagdgerechtigkeit ge- 
langten einige Milderungen zugunsten der ver- 
pflichteten Grundeigentümer zur gesetzlichen An- 
erkennung. Zwar wurde der Grundsatz, daß 
jeder W. zu ersetzen sei, nur vereinzelt angenom- 
men (z. B. Osterr G. 1786 § 15: „Jeder W., er 
mag in landesfürstlichen oder Privatjagdbarkeiten 
an Feldfrüchten, Obstbäumen, Weingärten ge- 
schehen, ist dem Untertan nach Maß des Schadens 
ohne Verzug zu vergüten"). Die meisten Gesetze 
derselben Zeit beschränkten sich darauf, zuzulassen, 
daß der Grundbesitzer sich selbst gegen das Wild 
durch Verscheuchen schützen dürfe, sowie, den 
Jagdberechtigten dann haftbar zu erklären, wenn 
er das Wild übermäßig hegte. Dieses ist auch der 
Standpunkt des Pr AL#., welches in Teil 1 Tit. 9 
§§ 141—147 folgendes bestimmt: „Jeder darf 
durch Klappern, Schreckbilder, Zäune und ge- 
knüppelte kleine Haushunde das Wild von seinen 
Besitzungen abhalten; nur wer hohes Wild auf 
seinem Revier in ungewöhnlicher Menge hegen 
will, muß Veranstaltungen (wenn erforderlich: 
Errichtung von Zäunen) treffen, daß die an- 
grenzenden Ländereien gegen Beschädigungen 
gesichert werden, widrigenfalls er für den Scha- 
den haftet.“ Mit der Freigabe des Jagdrechts 
an jeden Grundbesitzer erschien die Veranlassung, 
einen Dritten für W. haften zu lassen, als weg- 
gefallen, da selbst bei gemeinschaftlicher Nutzung 
der Jagd die Grundbesitzer durch Einwirkung 
auf die Jagdpächter oder die angestellten Jäger 
es in der Hand hätten, einen genügenden Ab- 
schuß zu erzwingen und so W. zu verhüten. Dem- 
entsprechend stellte das preuß. Jagdpolizeigesetz 
vom 7. März 1850 (GS. 165) § 25 den Grund- 
satz auf, daß ein gesetzlicher Anspruch auf Ersatz 
des durch Wild verursachten Schadens nicht statt- 
findet, es den Jagdverpächtern jedoch unbenom- 
men bleibt, hinsichtlich des W. in den Jagdpacht- 
kontrakten vorsorgliche Bestimmung zu treffen. 
Da jedoch nicht verkannt wurde, daß der einzelne 
Grundbesitzer, welcher wegen der Kleinheit seines 
Besitzes nicht selbst zur Jagdausübung auf seinem 
Eigentum befähigt war, auf den Abschuß des 
Jagdpächters oder des benachbarten Jagdbe- 
rechtigten oft kaum Einfluß haben würde, wurde 
ihm in den §§ 21—24 das Recht beigelegt, durch 
Klappern, Schreckbilder und Haushunde das Wild 
abzuwehren, auch wurde bestimmt (8§ 23), daß, 
wenn die in der Nähe von Wäldern gelegenen, 
zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehörigen 
Grundstücke erheblichem W. durch das aus der 
Forst austretende Wild ausgesetzt sind, die Jagd- 
pächter durch die Jagdpolizeibehörde zum Ab- 
schuß des Wildes anzuhalten sind und daß, wenn 
sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, die 
Grundbesitzer selbst die Erlaubnis erhalten kön- 
nen, das übertretende Wild auf jede erlaubte 
Weise zu fangen, namentlich auch mittels An- 
wendung des Schießgewehrs zu töten. Die aus 
der gleichen Zeit stammenden Jagdgesetze an- 
derer deutscher Staaten gingen teilweise weiter, 
andere enthielten überhaupt keine Bestimmungen 
über Vergütung des W. Nach dem hann. 
Wildschadengesetz vom 21. Juli 1848 
ist jeder an Grundstücken und deren Erzeugnissen 
  
abgeändert durch die Jagdordnung vom 11. März 
1859 § 23, dahin, daß bei verpachteten Jagden 
die Pächter und aushilfsweise die Verpächter, bei 
nicht verpachteten Feldmarksjagdbezirken die Ge- 
samtheit der Feldmarksgenossen ersatzpflichtig 
sind. Ist der Schaden durch Streif= oder Wechsel- 
wild verursacht, ist der zunächst Ersatzpflichtige 
berechtigt, Ersatz von demjenigen zu fordern, 
aus dessen Wildstand es ausgetreten ist (Stand- 
wild). Über die Höhe der Entschädigung ent- 
scheidet mangels gütlicher Einigung das Gericht, 
jedoch ist jede Partei berechtigt, vorher ein schieds- 
richterliches Verfahren zu beantragen. Nach § 25 
der hann. Jagdordnung ist Schwarzwild außer- 
halb geschlossener Wildgärten auszurotten, und 
ist der Jagdberechtigte hierzu erforderlichenfalls 
im Verwaltungswege anzuhalten. Der durch 
Schwarzwild verursachte Schaden ist von dem- 
jenigen zu erstatten, aus dessen Wildstand es 
ausgetreten ist. In Feldmarken zu Schaden 
gehendes Rotwild darf auch während der Schon- 
zeit geschossen werden. In Kurhessen 
wurde zugleich mit der V. vom 26. Jan. 1854, 
welche die durch G. vom 1. Juli 1848 erfolgte 
Aufhebung der Jagdrechte auf fremdem Grund 
und Boden außer Wirksamkeit setzte (s. Jagd 
und Jagdrecht III), durch das Wildschaden- 
gesetz vom 26. Jan. 1854 (Kurh G S. 9) eine Haf- 
tung des Jagdberechtigten für den auf fremdem 
Grund und Boden angerichteten W. eingeführt 
(§1);z es sollte die vom Schwarz-, Rot= und Dam- 
wild, sowie von Kaninchen verursachte Beschädi- 
gung ersetzt werden, wenn der wirkliche Verlust 
auf einem und demselben Grundstück mindestens 
1 Taler betrug und die beschädigten Grundstücke 
nicht Eigentum des Jagdberechtigten waren; haft- 
bar war der Jagdberechtigte und bei Verpach- 
tung der Jagdberechtigung mit ihm solidarisch der 
Pächter. Diese Bestimmung ist durch das Jagd- 
gesetz vom 7. Sept. 1865 (Kurh GS. 571) dahin 
erweitert worden, daß jeder W. ohne Rücksicht 
auf seine Höhe und von welchem Wilde er stammt 
erstattet werden muß. Zugleich schuf letzteres 
Jagdgesetz eine neue Grundlage für die Anwen- 
dung der Vorschrift des Wildschadengesetzes. Es 
gab die Möglichkeit (s. Jagd und Jagd- 
recht III), die Jagdberechtigungen auf fremdem 
Grund und Boden abzulösen, und erklärte es für 
zulässig, daß, wenn der Jagdpächter einer ab- 
gelösten (Einzel- oder Gemeinde-) Jagd vertrags- 
mäßig den Ersatz des W. „nach den gesetzlichen 
Vorschriften“ übernimmt, die Bestimmungen des 
Wildschadengesetzes über das Verfahren zur Fest- 
stellung des Schadens Geltung haben (§134 Abs. 2). 
Nachdem durch G. vom 1. März 1873 (GS. 27) 
die noch nicht freiwillig abgelösten Jagdberech= 
tigungen beseitigt worden sind, ist das Wildscha- 
dengesetz in dieser Hinsicht obsolet geworden, es 
kommt jedoch noch zur Anwendung, soferne die 
Haftung für W. nach Maßgabe seiner Bestim- 
mungen von dem Pächter der abgelösten Jagd- 
rechte übernommen ist. Ist zwar eine Haftung 
für W. ausbedungen, jedoch nicht die Haftung 
im Umfange des Wildschadengesetzes, so kommt 
für die Feststellung des Schadens nicht das Ver- 
fahren dieses Gesetzes, sondern — mangels be- 
 
	        
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