Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

94 Lustbarkeitssteuern 
lich (s. Ambulanter Gewerbebetrieb folgen, wenn ein finanzielles Bedürfnis zur Er- 
II 1); an anderen öffentlichen Orten kann die hebung von Gemeindesteuern nicht vorhan- 
Darbietung von L. nur verboten werden (s. Am-den ist. Als „Lustbarkeiten“ können der L. 
bulanter Gewerbebetrieb II 1). alle Veranstaltungen, Darbietungen und Vor- 
Beim Gewerbeb r eb im Umherziehen ist für führungen unterworfen werden, welche nach 
das Darbieten von L. von Haus zu Haus oder der Absicht des Veranstaltenden zur Ergötzung 
auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder und Unterhaltung — im Sinne des einheit- 
an anderen öffentlichen Orten (dazu gehören lichen Begriffes der ergötzenden Unterhaltung 
auch alle jedermann zugänglichen Orte) neben (OVG. vom 13. Juni 1910 — VII C 105, 10) 
dem Wandergewerbeschein die Erlaubnis der — bestimmt und auch dazu geeignet sind, 
Ortspolizeibehörde erforderlich (Gew O. § 60 a). gleichviel, ob ein höheres Interesse der Kunst 
Für die Anfechtung der Entscheidungen gelten oder Wissenschaft obwaltet oder nicht (anders 
die Vorschriften des LVG. 8§§ 127ff. (Erl. der Begriff der Lustbarkeiten im Sinne der 
vom 29. Aug. 1910 — HMl. 485). Beim GewO. §§ 33 a, 55), ob Eintrittsgeld erhoben, 
Marktverkehr bedarf es für das Darbieten von ob das Eintrittsgeld dem Veranstaltenden oder 
L. ohne höheres Kunstinteresse eines Wander= einem wohltätigen Zwecke zufließt (OVG. 32, 
gewerbescheins (GewO. 8 55 Abs. 2). S. im 104; 29, 52; 30, 116). Veranstaltungen aber, 
übrigen Musikaufführungen. Die Vor= die hiernach ihrem Wesen nach keine Lustbar- 
schriften über die Sonntagsruhe im Gewerbe= keiten sind, können den L. nicht unterworfen 
betrieb (s. d.) sowie über die Beschäftigung von werden (so u. a. unter Anwendung auf Pferde- 
Arbeiterinnen (s. d.) und jungen Leuten (s. d.), rennen OG. vom 26. Sept. 1910 — VII C 
die Beschäftigung von Kindern ist verboten ((.174, 10 —, auf Haltung amomatischer Wagen 
Kinder, in gewerblicher Bezie = vom 13. Juni 1910 — VIIC 105, 10). Das Be- 
hung lIII) finden auf das Darbieten von L. steuerungsrecht beschränkt sich zwar nicht auf die 
keine Anwendung. S. auch Tanzlustbar-sffentlichen, d. h. nicht lediglich individuell 
keiten. bestimmten Personen zugänglichen Lustbarkeiten; 
II. Genehmigungen der Ortspolizeibehörden doch ist eine Besteuerung jeder Lustbarkeit von un- 
zur Veranstaltung von L. sind nach TSt. 39 zweifelhaft rein häuslichem Charakter vom K ôG. 
LSt G. steuerpflichtig. Die Versteuerung hat nicht beabsichtigt (PV Bl. 28, 654). Als zu den 
unter Verwendung gestempelter Vordrucke zu Lustbarkeiten gehörig sind im KA#. ausdrücklich 
erfolgen. Der Stempel beträgt, wenn es sich genannt musikalische und deklamatorische Vor- 
um den Betrieb eines Zirkus, eines nicht mit träge und Schaustellungen umherziehender Künst- 
menschlicher oder tierischer Kraft bewegten Ka= ler. Unzulässig sind Befreiungen einzelner 
russells oder eines Kinematographen und dgl. Vereine als solcher, z. B. der Kriegervereine, 
handelt, 10 .KX, wenn es sich um die Veranstal= zulässig dagegen Befreiungen oder Ermäßigungen 
tung von Musikaufführungen, Singspielen, Ge= für die an bestimmten Tagen, namentlich patrio- 
sangs= und deklamatorischen Vorträgen, theatra= tischen Festtagen stattfindenden Lustbarkeiten 
lischen Vorstellungen oder sonstigen Lustbar-|(Erl. vom 22. Dez. 1894 — Mittd St. 30, 116); 
keiten aller Art handelt, 5 4. Der Stempel die üblichen Festmäh'er am Geburtstage des 
von 10 .M bzw. 5 .K“ bildet die Regel. Bei Landesherrn, deren Zweck lediglich dase pa- 
Lustbarkeiten geringfügiger Art kann der Stem= triolische Feier ist, sind keine Lustbarkeiten 
pelsatz von 10 K auf 3 AK# und der Stempel= (O###G. vom 2. Febr. 1911 — VII C 305, 10). 
satz von 5 .4 auf 3, 2, 1 K oder in ganz beson= Die Steuersätze dürfen nicht unverhältnismäßig 
deren Fällen bis auf 0,50 .K ermäßigt werden. Hoch sein und nicht auf eine Unterdrückung der 
Vgl. darüber Ziff. 68 der AusfBest. vom 16. Aug. Lustbarkeiten hinauslaufen, nicht die einheimi- 
1910 zum LStG. und über den Begriff der Lust= schen vor auswärtigen Gewerbetreibenden be- 
barkeiten im Sinne der TSt. 39 LSt G. und günstigen (Erl. vom 27. Febr. 1890 — MBl. 43 
die Notwendigkeit der Genehmigungen der Orts-—, 17. Aug. 1897 — Mhl. 189 — und 31. Jan. 
polizeibehörden den ME. vom 15. Nov. 1896 1907 — MBl. 47). Es ist zwar zulässig, den 
zu 1 und II (MBl. 239, Abg BBl. 649) und den Steuersatz durch Festsetzung eines Mindest= und 
abändernden Erl. vom 6. Juni 1898 (Abg BBl.eines Höchstsatzes zu beziffern, innerhalb deren 
280). Die unter das Vereinsgesetz vom 19. April die Gemeindebehörde nach pflichtmäßigem Er- 
1908 fallenden Genehmigungen öffentlicher Auf= messen im einzelnen Falle den Steuersatz mit 
züge sind stempelkfrei. der Wirkung zu bestimmen hat, daß die Nach- 
Lustbarkeitsstenern sind indirekte, zu den Auf= prüfung des Verwaltungsrichters ausgeschlossen 
wandsteuern und unter diesen zu den sog. Luxus= bleibt (OG. vom 11. Nov. 1901— VIII 1562 — 
steuern (s. d.) gehörige Steuern, welche entweder I DJZ.10,463),foferniiclnticl)t»ergibt,daßdasEr- 
von dem Veranstalter oder von den einzelnen messen der Gemeindebehörde kein pflichtmäßiges 
Teilnehmern der Lustbarkeit erhoben werden. war (vgl. O G. vom 28. Febr. 1910 — VIII 414). 
Nach §§ 15, 18 KA#G. sind die Gemeinden zur Jedoch sollen nach den vorerwähnten Erlassen weit 
Erhebung von L. auf Grund einer Steuerord= auseinandergehende Mindest= und Höchstsätze der 
nung befugt; die Steuerordnung bedarf der L. ohne Angabe eines angemessenen, praktisch 
Genehmigung und diese der Zustimmung, welche brauchbaren Maßstabes für die Feststellung der 
jetzt kraft Delegation des Md J. und des FM. Steuer von Fall zu Fall vermieden werden, 
(Erl. vom 26. Juni 1907 — Ml. 236 —; vgl. und eine Steuerfestsetzung innerhalb eines solchen 
Artikel Gemeindesteuerbeschlüsse) für Spielraums, die eine prohibitive Absicht er- 
Landgemeinden vom Regierungs-, für Städte kennen läßt, ist als mit der Reichsgesetzgebung 
außer Berlin vom Oberpräsidenten zu erteilen unvereinbar unzulässig (O#V#G. vom 9. Juni 
ist. Die Erhebung von L. kann selbst dann er- 1910 — VII C 73, 10). An Stelle der L. 
  
  
  
 
	        
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