Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

986 
des anderen Vertragsstaates zu erhöhen. Mit 
der Bindung ist vielfach eine Ermäßigung der 
Sätze des autonomen Tarifs oder auch die 
Gewährung der Zollfreiheit verbunden, viel- 
fach ist sie aber auch der alleinige Zweck der 
Vereinbarung, so daß im Vertragstarif die 
gleichen Zollsätze erscheinen, wie im autonomen. 
Die Gewerbetreibenden genießen dabei zwar 
keine Zollermäßigung für ihre Erzeugnisse, sie 
haben aber den wesentlichen Vorteil, daß sie 
bei der Anknüpfung von Handelsbeziehungen 
nach dem Vertragsstaat für die Dauer des 
Vertrages mit festen Zolsätzen rechnen können. 
II. Der deutsche Z. Der autonome 
Tarif vom 25. Dez. 1902 (REBl. 303), in 
Gültigkeit seit dem 1. März 1906, trat an die 
Stelle des Tarifs vom 15. Juli 1879 (RG- 
Bl. 212). Er ist in beschränktem Umfange ein 
Doppeltarif, indem er für Roggen, Weizen und 
Spelz, Malzgerste und Hafer Mindestzölle fest- 
setzt. Näheres s. Getreide (Verzol- 
lung). In seiner Einteilung weicht er wesent- 
lich von seinem Vorgänger ab. Während dieser 
in alphabetischer Reihenfolge in 43 Nummern 
ebensoviel Hauptwarengruppen benannte und 
diese in zahlreiche Untergruppen (Positionen) 
einteilte, enthält jener eine nach volkswirtschaft- 
lichen Gesichtspunkten geordnete, in 19 Ab- 
schnitte und verschiedene Unterabschnitte ein- 
geteilte Warenübersicht von 946 durch- 
laufenden Nummern. Die 19 Abschnitte 
enthalten 1. in Nr. 1—220: Erzeugnisse der 
Land= und Forstwirtschaft und andere tierische 
und pflanzliche Naturerzeugnisse; Nahrungs- 
und Genußmittel; 2. in Nr. 221—246: Mine- 
ralische und fossile Rohstoffe; Mineralöle; 3. in 
Nr. 247—264: Zubereitetes Wachs, feste Fett- 
säuren, Paraffin und ähnliche Kerzenstoffe, 
Lichte, Wachswaren, Seifen und andere unter 
Verwendung von Fetten, Olen oder ¾ . Handausgaben erschienen. 
e- 
hergestellte Waren; 4. in Nr. 265—390; C 
mische und pharmazeutische Erzeugnisse, Farben 
und Farbwaren; 5. in Nr. 391—543: Tierische 
und pflanzliche Spinnstoffe und Waren daraus; 
Menschenhaare; zugerichtete Schmuckfedern; 
Fächer und Hüte; 6. in Nr. 544—569: Leder 
und Lederwaren, Kürschnerwaren, Waren aus 
Därmen; 7. in Nr. 570—586: Kautschukwaren; 
8. in Nr. 587—594: Geflechte und Flechtwaren 
aus pflanzlichen Stoffen mit Ausnahme der Ge- 
spinstfasern; 9. in Nr. 595—600: Besen, Bürsten, 
Pinsel und Siebwaren; 10. in Nr. 601—648: 
Waren aus tierischen oder pflanzlichen Schnitz- 
oder Formerstoffen; 11. in Nr. 649—673: 
Papier, Pappe und Waren daraus; 12. in 
Nr. 674—677: Bücher, Bilder, Gemälde; 13. in 
Nr. 678—712: Waren aus Steinen oder an- 
deren mineralischen Stoffen (mit Ausnahme 
der Tonwaren), sowie aus fossilen Stoffen; 
14. in Nr. 713—734: Tonwaren; 15. in Nr. 735 
bis 768: Glas= und Glaswaren; 16. in Nr. 769 
bis 776: Edle Metalle und Waren daraus; 17. in 
Nr. 777—891: Unedle Metalle und Waren 
daraus; 18. in Nr. 892—925: Maschinen, elektro- 
technische Erzeugnisse, Fahrzeuge; 19. in Nr. 926 
bis 946: Feuerwassen, Uhren, Tonwerkzeuge, 
Kinderspielzeug. Die im autonomen Tarif fest- 
gesetzten Zollsätze sind durch die Tarifverträge 
(j. Handelsverträge) mit Belgien, Bul= den. 
  
  
Zolltarifgesetz — Zoll und Zollwesen 
garien, Griechenland, Italien, Osterreich-Ungarn, 
Rumänien, Rußland, Schweden, der Schweiz 
und Serbien in weitem Umfange beseitigt (durch 
Gewährung der Zollfreiheit), ermäßigt oder ge- 
bunden. Die Gesamtheit der hiernach sich er- 
gebenden Zollsätze bildet den Vertragstarif. 
Dieser findet Anwendung auf die Erzeugnisse 
Agyptens, Athiopiens (Abessiniens), Argentiniens, 
Belgiens, Boliviens, Bulgariens, Chiles, Däne- 
marks, Ekuadors, Frankreichs einschließlich der 
Kolonien und auswärtigen Besitzungen sowie 
des Fürstentums Monaco, Griechenlands, Groß- 
britanniens einschließlich der Kolonien und aus- 
wärtigen Besitzungen, jedoch mit Beschränkungen 
in bezug auf Kanada, Guatemalas, Honduras, 
Italiens einschließlich der Republik San Marino, 
Japans, Kolumbiens, Liberias, Marokkos, Mexi- 
kos, Montenegros, Nicaraguas, der Niederlande 
einschließlich der Kolonien und auswärtigen Be- 
sitzungen, Norwegens, Osterreich-Ungarns ein- 
schließlich des Fürstentums Liechtenstein, Para- 
guays, Persiens, Portugals, Rumäniens, Ruß- 
lands, Salvadors, Sansibars, Schwedens, der 
Schweiz, Serbiens, Spaniens, der Türkei, 
Tunis, Uruguays, Venezuelas und der Ver- 
einigten Staaten von Amerika, ferner auf die 
Erzeugnisse der deutschen Zollausschlüsse (s. d.), 
Kolonien und Schutzgebiete einschließlich des 
Pachtgebietes Kiautschoun (s. Handelsver- 
träge und Meistbegünstigung). So- 
weit Vertragssätze nicht ausgeworfen sind, gelten 
die autonomen Sätze. Diese gelten ihrem 
ganzen Umfange nach für die Erzeugnisse der 
oben nicht genannten Länder, z. B. Chinas. 
Der unter Berücksichtigung der Tarifverträge 
(mit Ausnahme des schwedischen) sich ergebende 
Z. (autonomer und Vertragstarif) ist in zwei 
im Reichsamt des Innern und im Reichs- 
schatzamt hergestellten, im Buchhandel käuflichen 
Während die des 
Reichsamts des Innern alle Vertragssätze unter 
Angabe der ihnen zugrunde liegenden Verträge 
enthält, führt die für den gewöhnlichen Ge- 
brauch, insbesondere den Handgebrauch der 
Zollabfertigungsbeamten bestimmte Ausgabe des 
Reichsschatzamts nur die zur Anwendung ge- 
langenden Sätze ohne Angabe ihrer Quellen 
auf; Vertragssätze, die durch weitergehende, 
an andere Staaten bewilligte Zollbefreiungen 
oder Ermäßigungen überholt sind, desgleichen 
bloße Bindungen autonomer Sätze sind in der 
letzteren Ausgabe nicht berücksichtigt; dagegen 
sind neben den Zollsätzen auch die Tarasätze 
(s. Zoll B IV 3) angegeben. Zur richtigen 
Anwendung des Z. dient nach § 12 V.8 G. das 
Warewverzeichnis (s. d.). Wegen der Stellung- 
nahme der deutschen Zolltarifpolitik zu Frei- 
handel und Schutzzollsystem s. Schutzzölle. 
ATrautvetter, Das neue beutsche Zolltarifrecht, 
Berlin 1905, und die von der Großherzoglich Badischen 
Zolldirektion heraus 2egebenen: Zolldienstlichen Erläuterun- 
gen zum neuen Zolltarise, Karlsruhe 1905. 
Jolltarifgesetz s. Zoll Bl. 
Joll und Zollwesen. A. Allgemeines. 
Unter Zöllen im technischen Sinne versteht man 
öffentliche Abgaben von Waren, die aus Anlaß 
von deren Verbringung aus einem öffentlich- 
rechtlich abgegrenzten Gebiet (Zollgebiet) in 
ein anderes ohne Gegenleistung erhoben wer- 
Sie bilden eine Unterart der indirekten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.