Zoll und Zollwesen
Steuern (s. d.). Zu den Zöllen im technischen
Sinne gehören nicht die vom Sprachgebrauch
auch als Zölle bezeichneten Abgaben für die
Benutzung von Brücken und Chausseen und
dhnliche Verkehrsabgaben. Wird das Gebiet,
dessen Wechsel die Zollerhebung zur Folge hat,
durch einen selbständigen Staat oder eine Ver-
einigung solcher Staaten (einen Zollverein,
s. d.) gebildet, so bezeichnet man die zur Er-
hebung gelangenden Zölle als Außenzölle:;
von Binnenzöllen spricht man, wenn das
maßgebende Gebiet nur Teile dieses größeren,
durch Staaten gebildeten Gebiets umfaßt. Je
nachdem die Zölle von der Verbringung von
Waren in ein Gebiet, aus einem Gebiet, oder
durch ein Gebiet erhoben werden, unterscheidet
man Eingangs-= (Einfuhr-), Aus-
gangs-(Ausfuhr-) und Durchgangs-
(Durchfuhr--) Zölle. Durchgangszölle kom-
men nur ganz vereinzelt vor, häufiger sind die
Ausgangszölle, die bei weitem wichtigste Rolle
aber spielen die Eingangszölle, auch Zölle
schlechthin genannt. Man unterscheidet die
Zölle ferner in Finanz= und Schutz-
zölle (s. d.), je nachdem sie ausschließlich oder
überwiegend als Einnahmequelle für den Staat
oder als ein Schutzmittel für die einheimische
Volkswirtschaft bestimmt sind. Wertzölle
sind Zölle, welche nach Teilen des Wertes der
Ware, spezifische Zölle solche, welche
nach ihrer Menge (z. B. Gewicht, Maß, Stück-
zahl) erhoben werden. Die spezifischen Zölle
haben den Nachteil, daß sie innerhalb derselben
Tarifposition hochwertige und minderwertige
Waren, also auch neue und gebrauchte, mit der
gleichen Abgabe belasten. Auf der anderen Seite
wieder bringen als Schutzzölle bestimmte Wert-
zölle den Mißstand mit sich, daß sie bei niedrigen
Preisen, also gerade dann, wenn der Schutz-
zoll am meisten gebraucht wird, die geringste
Wirkung ausüben, da sie eben mit den Preisen
steigen und fallen. Ein fernerer Nachteil der
Wertzölle liegt auf praktischem Gebiet, nämlich
in den Schwierigkeiten der Wertsermittlung.
Aus diesen Gründen werden immer mehr die
spezifischen Zölle bevorzugt. Die Wertzölle
sind noch von größerer Bedeutung in Belgien,
den Niederlanden und den Vereinigten Staaten
von Amerika. Wegen Kampf-(Retor-
sions-), Saison= und Staffelzöllen
s. d. Unter Zollsatz versteht man das Ver-
hältnis des zu entrichtenden Zollbetrages zu
dem Werte oder der Menge der Waren. Man
spricht von autonomen und von ver-
tragsmäßigen Zollsätzen, je nachdem sie
auf der einseitigen Gesetzgebung eines Staates
oder auf Vereinbarungen (Handelsverträgen) mit
anderen Staaten beruhen.
:8. Deutsches Zollrecht. I. Quellen.
Die Gesetzgebung über das gesamte Zollwesen
steht nach Art. 35 RV. dem Reiche zu. Die
wichtigsten für das Zollrecht in Betracht kom-
menden Gesetze sind das Zolltarifgesetz
(einschließlich Zolltarif) vom 25. Dez. 1902
(Rel. 303), das Vereinszollgesetz vom
1. Juli 1869 (B #Bl. 317), und die Handels-
verträge (s. d.). Das ZollTG. und das
V86. unterscheiden sich in ihrem Inhalte da-
durch, daß überwiegend, nicht ausschließlich, das
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ZollTG. materielles, das V.8G. formelles Zoll-
recht enthält. Während also z. B. das ZollG.
bestimmt, welche Waren zollfrei und welche
zollpflichtig sind und welchen Zollsätzen die
letzteren unterliegen, enthält das BBG. die
Vorschriften über die Gestaltung der Zollabferti-
gung. Neben diesen Gesetzen nd von wesent-
licher Bedeutung die zu ihrer Ausführung nach
Art. 7 Ziff. 2 RV. erlassenen Beschlüsse des
BR. Dessen Beschlußfassung unterliegt ins-
besondere das gemäß § 12 VB. zur richtigen
Anwendung des ZollT. dienende Warenverzeich=
nis (s. d.). Außer dem Warewverzeichnis sind
vom BR. eine große Anzahl von Regulativen
und sonstigen Ausführungsbestimmungen erlassen,
von denen hier die Anweisung zur Aus-
führung des V 3B G. (s. d.) erwähnt werden
mag; die übrigen sind bei den Einzelmaterien
aufgeführt. Vereinzelt sind auch noch Beschlüsse
der früheren Generalkonferenzen (s. d.) des Zoll-
vereins in Kraft. Auch die Verwaltungsbehörden
können innerhalb der ihnen zugewiesenen Befug-
nisse verbindliche Vorschriften erlassen. So hat
sich z. B. der BR. damit begnügt, für die nach
#* 90 BVB6. zu erlassenden Hafenregulative in
der Form von „Normativbestimmungen“ (s. u.
VII 3) allgemeine Grundsätze aufzustellen, hat
es aber den obersten Landesfinanzbehörden über-
tragen, im Rahmen dieser Grundsätze unter
Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse die
Hafenregulative selbst zu erlassen.
. Geltungsbereich. Deutschland
bildet ein Zoll= und Handelsgebiet, umgeben
von gemeinschaftlicher Zollgrenze (RV. Art. 33).
Die Zollgrenze (Zollinie) fällt mit der Landes-
grenze zusammen, soweit nicht einzelne deutsche
Gebietsteile (Zollausschlüsse, s. d.) vom
Zollgebiet ausgeschlossen (RV. Art. 33 u. 34;
VZG. § 16) oder ausländische Gebietsteile
E#sistüss, s. d.) ihm angeschlossen.
ind.
III. Verkehr mit dem Auslande
und im Innern. Alle Erzeugnisse der
Natur wie des Kunst= und Gewerbefleißes
dürfen im ganzen Umfange des Zollgebiets
eingeführt, ausgeführt und durchgeführt werden
(V86. 8§ 1). Ausnahmen hiervon können nach
§ 2 a. a. O. zeitweise für einzelne Gegenstände
beim Eintritt außerordentlicher Umstände oder
zur Abwehr gefährlicher ansteckender Krankheiten
oder aus sonstigen gesundheits= und sicherheits-
polizeilichen Rücksichten für den ganzen Umfang
oder einen Teil des Zollgebiets angeordnet
werden. Die allein zulässigen Außenzölle
kommen nur als Eingangszölle vor. Wegen der
Ausgangs= und Durchgangszölle s. Aus-
fuhr II. Binnenzölle, sowohl des Staates
als der Kommunen und Privaten, sind nach
§ 8 VB86. unzulässig. Unter dieses Verbot
fallen nicht diejenigen Abgaben, welche von ein-
zelnen Bundesstaaten oder Kommunen bei der
Einfuhr fremder Waren lediglich als Ausgleich
für die Besteuerung gleichartiger im Bundesstaat
oder in der Kommune erzeugter Waren erhoben
werden (s. übergangsabgaben und
Kommunalabgabengesetz). Abge-
sehen von den durch diese Abgaben gebotenen
Beschränkungen und den für den Grenzbezirk
(s. d.) vorgesehenen Kontrollen ist nach § 7