Statthalterschaft Hohenlohe (1885 ff.). Fortschreitende Germanisierung (1893). 657
sich selbst kein größeres Unglück sich denken könne, als einen Krieg, welcher eine Au-
derung dieses Zustandes anstrebe.“" Das glänzendste Zeugnis zur Beslätigung dieser
Worte bildet die Thatsache, daß in der elsaß-lothringischen Reichstagswahlbewegung
vom Juni 1893 auch diejenigen Kandidaten, welche dort früher als Abgeordnete der
französischen Protestpartei sich wählen ließen, diesmal erklärten, daß sie jeden Ge-
danlen eines Protestes gegen die bestehenden Verhältnisse ihrer Heimat und gegen
deren Zugehörigkeit zum Deutschen Reiche unbedingt zurückweisen müßten. Dieser Ge-
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abgeordneten bei den Jumiwahlen von 1893.
Die Entlaffung des Fürsten Biomarn#
Närz 1890).
Das Bedürfnis des Kaisers Wilhelm II., an allen Fragen der äußeren und
inneren Politik, an den Geschäften der Regierung und Verwaltung, ja an allen Aus-
gaben der Gegenwart und des deutschen Volles persönlich sich zu beteiligen, war im
Laufe des Jahres 1889 noch lebhafter und häufiger hervorgetreten als im ersten Halb-
jahr der neuen Regierung. Das deutsche Volk erblickte darin nur die Bethätigung des
kaiserlichen Gelöbnisses bei der Thronbesteigung, „der erste Diener des Staates“ sein
zu wollen. Es schöpste daraus immer erneute wertvolle Beweise für die rein mensch-
liche Herzensgüte, mit welcher der junge Herrscher jedem Berufe und Stande seines
Volkes zu nahen liebte in dem edlen Streben, aufzumuntern, zu trösten, zu fördern,
zu stärken und zu schützen im Daseinskampfe. Ein schöner, idealer Zug, flammende
Begeisterung für seinen ihm von Gott übertragenen geschichtlichen Beruf, der Führer
seines Volkes zu sein auf allen Wegen, redete aus den Worten des jungen Monarchen,
wenn er mit dem Feuereifer des Dreißigers, der die größte Macht der Erde zur Ver-
wirklichung seiner Ideen in der Hand bereit hielt, die wichtigsten Fragen der Gegen-
wart einer raschen, von ihm selbst vorgezeichneten Lösung entgegenzuführen suchte.
In dem einen Jahre 1889 berührte der Kaiser in össentlichen Reden die Notlage des
deutschen Handwerks, die Ausgaben der Reichsbank, die künftig notwendigen Maß-
regeln zur Verhütung von Uberschwemmungen, die umfassenden Pflichten des Staates
zur Unfallverhütung, die sittlichen und menschlichen Gebote, welche Arbeiter und Arbeit-
geber zur Vermeidung von Arbeitseinstellungen zu besolgen haben. Aber noch weit
mehr und noch größere Aufgaben bewegten rastlos, vorerst noch im slillen, die Seele
des Kaisers und wurden bald von ihm als seine persönlichen Herrscherpflichten ösfent-
lich in Angriff genommen: der Arbeiterschutz im Wege deutscher Gesetzgebung und im
weiten Nahmen gemeinsamer Regelung durch alle Kulturvölker, die Neform der deut-
schen Gymnasien und Realgymnasien, des deutschen Geschichtsunterrichtes, die Be-
seitigung der die Gesundheit der Schuljugend schädigenden Uberbürdung mit Unter-
richtsstunden und Schularbeiten, die deutsche Auswanderimg nach Brasilien, die
Einschränlung der öffentlichen Unsittlichkeit und der Trunksucht durch besondere
Olum, Das Deutsche Nelch zur Zeit Blemarcks. 12