Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

138 Zweiter Teil: Organisation des Bundes. 
Auf ein vom Präsidenten mit der Glocke gegebenes Zeichen 
treten diejenigen Mitglieder, welche mit „Ja“ stimmen wollen, 
durch die Thüre an der Nordseite, rechts vom Bureau, diejenigen, 
welche mit „Nein“ stimmen wollen, durch die Thür an der Südseite. 
links vom Bureau, in den Saal ein. 
Die an jeder der beiden Thüren stehenden 2 Schriftführer 
zählen lant die eintretenden Mitglieder. 
Demnächst giebt der Präsident ein Zeichen mit der Glocke, schließt 
das Skrutinium und läßt die Thüren des Saales öffnen. Jede nach- 
trägliche Stimmabgabe ist ausgeschlossen; nur der Präsident und die 
dienstthuenden Schriftführer geben ihre Stimmen nachträglich öffentlich ab. 
Der Präsident verkündet das Resultat der Zählung. 
§ 57. Auf namentliche Abstimmung kann beim Schluß der 
Beratung vor der Aufforderung zur Abstimmung angetragen werden; der 
Antrag muß von wenigstens 50 Mitgliedern unterstützt werden. (Ein 
Zusatz durch Plenarbeschluß vom 3. April 1897 bestimmt: Bei solchen 
Anträgen auf die Vertagung oder den Schluß der Debatte darf die 
Unterstützung nur durch Aufstehen geschehen.) 
§ 58. Die namentliche Abstimmung erfolgt in folgender Weise: 
Der Präsident fordert die Mitglieder auf, ihre Plätze einzunchmen. Die 
Schriftführer haben alsdann von den einzelnen Mitgliedern die Abstimmungs- 
karten entgegenzunehmen und in Urnen zu sammeln. Die Abstimmungs- 
karten tragen den Namen der Abstimmenden und die Bezeichnung: Ja, 
Nein oder Enthalte mich. Nach Beendigung der Sammlung erklärt 
der Präsident die Abstimmung für geschlossen. Die Zählung der Stimmen 
geschieht durch die Schriftführer. 
Die Namen der Abstimmenden und ihre Abstimmung werden in den 
stenographischen Bericht der Sitzung aufsgenommen. (Beschluß vom 14. No- 
vember 1902.) 
§ 59. Bei allen nicht namentlichen Abstimmungen hat jedes Mit- 
glied des Reichstages das Recht, seine von dem Beschlusse der Mehrheit 
abweichende Abstimmung kurz motiviert schriftlich dem Bureau zu übergeben 
und deren Aufnahme in die stenographischen Berichte, ohne vorgängige Ver- 
lesung in dem Reichstage, zu verlangen (Beschluß vom 14. November 1902, 
S. z. B. 187411, S. 110). 
VI. Die Ordnungs-Bestimmungen. 
§ 60. Die Aufrechterhaltung der Ordnung in den Sitzungen liegt 
dem Präsidenten ob. 
Wenn ein Mitglied die Ordnung verletzt, so wird es vom Präsidenten 
mit Nennung des Namens darauf zurückgewiesen (s. auch § 13). 
Im Falle gröblicher Verletzung der Ordnung kann das Mitglied 
durch den Präsidenten von der Sitzung ausgeschlossen werden. Leistet 
dasselbe der Aufforderung des Präsidenten zum Verlassen des Saales 
keine Folge, so hat der Präsident in Gemäßheit des § 61 der Geschäfts- 
ordnung zu verfahren. Wenn während der Dauer der Ausschließung in 
anderen als in Geschäftsordnungsfragen eine Abstimmung erfolgt ist, bei 
welcher die Stimme des ausgeschlossenen Mitgliedes den Ausschlag hätte 
geben können, so muß die Abstimmung in der nächsten Sitzung wiederholt 
werden.
	        
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