I. Abschnitt: Das Staats- und Reichsbürgerrecht. 197
im stande sein (§ 1 Pos. 1 des Freizügigkeitsgesetzes und Sten. Be-
richt 1870 I, S. 260).
2) er darf keinen polizeilichen Aufenthaltsbeschränk-
ungen unterliegen und nicht innerhalb der letzten 12 Monate
wegen wiederholten Bettelns oder wegen wiederholter Land-
streicherei bestraft worden sein (6 3 des Freizügigkeitsgesetzes):
3) er muß hinreichende Kräfte besitzen, um sich und seinen
Angehörigen den notdürftigen Lebensunterhalt zu
verschaffen oder solchen entweder aus eigenem Vermögen
bestreiten können oder von einem dazu verpflichteten Verwandten
erhalten (§8 4 des Freizügigkeitsgesetzes):
4) es dürfen die Voraussetzungen nicht vorliegen, unter welchen
dem Nachsuchenden die Fortsetzung des Aufenthalts
nach § 5 des Freizügigkeitsgesetzes versagt werden kann. Dies
ist nämlich dann der Fall, wenn sich nach dem Anzuge die
Notwendigkeit einer öffentlichen Unterstützung offenbart, bevor
der neu Anziehende an dem Aufenthaltsorte einen Unter-
stützungswohnsitz (Heimatsrecht) erworben hat und die Gemeinde
nachweist, daß die Unterstützung aus anderen Gründen, als
wegen einer nur vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit notwendig
geworden ist. (Motive.)
Die Naturalisations-Urkunde darf Ausländern, d. h. Ange-
hörigen fremder Staaten oder ehemaligen Deutschen nur dann
erteilt werden, wenn sie
1) nach den Gesetzen ihrer bisherigen Heimat dispositionsfähig
sind, es sei denn, daß der Mangel der Dispositionsfähigkeit
durch die Zustimmung des Vaters, des Vormundes oder
Kurators des Aufzunehmenden ergänzt wird;
2) einen unbescholtenen Lebenswandel geführt haben;
3) an dem Orte, wo sie sich niederlassen wollen, eine eigene
Wohnung oder ein Unterkommen finden;
4) an diesem Orte nach den daselbst bestehenden Verhältnissen
sich und ihre Angehörigen zu ernähren imstande sind.
Vor Erteilung der Naturalisations-Urkunde hat die höhere
Verwaltungsbehörde die Gemeinde-Vertretung bezw. die Ver-
tretung des Armenverbands desjenigen Orts, wo der Aufszu=
nehmende sich niederlassen will, in Beziehung auf die Erforder-
nisse unter Nr. 2, 3 und 4 mit ihrer Erklärung zu hören.
[§ 8.] (S. Verträge vom 11. Juni 1873, Art. 17, S. 351, vom 3. Juli
1880, Art 15, 1881, S. 103 sowie Beschluß des Bundesrats vom 14. Juni
1877, S. 323.)
Eine von der Regierung oder von einer Zentral-
oder höheren Verwaltungsbehörde eines Bundesstaates
vollzogene oder bestätigte Bestallung für einen in den
unmittelbaren odermittelbaren Staatsdienst (einschließ-