I. Abschnitt: Das Staats= und Reichsbürgerrecht. 199
Es ist daher eine mehrfache Staatsangehörigkeit bezw. da auch
die Schutzgebiete in Betracht kommen, eine bloße Reichsangehörigkeit
möglich, die dann auch erst erlischt mit dem Verluste der letzten Staats-
angehörigkeit. Eine einzige Ausnahme hiervon macht § 4 des Gesetzes
vom 4. Mai 1874, S. 43.
Auf die Naturalisation und das durch dieselbe begründete Ver-
hältnis der Reichsangehörigkeit finden die Bestimmungen des Gesetzes
über die Erwerbung und den Verlust der Bundes= und Staats-
angehörigkeit vom 1. Juni 1870 (Bundesgesetzblatt S. 355, Reichsgesetzblatt
1896, S. 615) sowie Art. 3 der Reichsverfassung und § 4 des Wahl-
gesetzes für den deutschen Reichstag vom 31. Mai 1869 (Bundes-Gesetz-
blatt S. 145) entsprechende Anwendung.
Im Sinne des § 21 des bezeichneten Gesetzes, sowie bei An-
wendung des Gesetzes wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung vom
31. Mai 1870 (Bundes-Gesetzblatt S. 119) gelten die Schutzgebiete als
Inland. (Gesetz vom 25. Juli 1900 § 9, Reichsgesetzblatt S. 809.)
Ein angestellter Ausländer auf einem deutschen Kriegsschiff hat
seine dienstliche Stellung nur im Reiche, da jedoch die Reichskriegshäfen
zu Preußen gehören, so werden diese wohl Staatsangehörige in Preußen.
Die Verleihung der Staatsangehörigkeit erstreckt
sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die
Ehefrau und auf diejenigen minderjährigen Kinder, deren gesetzliche
Vertretung dem Aufgenommenen oder Naturalisierten kraft elterlicher
Gewalt zusteht. Ausgenommen sind Töchter, die verheiratet sind oder
verheiratet gewesen sind. (§ 11.) (Einführungs-Gesetz vom 18. August 1896,
Art. 41 I, S. 615.)
Der Wohnsitz innerhalb eines Bundesstaates be-
gründet für sich allein die Staatsangehörigkeit nicht.
([§ 12.) (Art. 2 des Friedensvertrags vom 10. Mai 1871 und Art. 1 des Zus.=
Prot. dazu vom 10. Dezember 1871.)
Die Staatsangehörigkeit geht fortan nur verloren:
1) durch Entlassung auf Antrag (88 14 ff.);
2) durch Ausspruch der Behörde (§ 20 u. 22);
3) durch 10 jährigen Aufenthalt im Auslande (§ 21);
4) bei unehelichen Kindern durch eine den gesetzlichen Bestimmungen
gemäß erfolgte Legitimation, wenn der Vater einem anderen
Staate angehört als die Mutter;
5) bei einer Deutschen durch Verheiratung mit dem Angehörigen
eines anderen Bundesstaates oder mit einem Ausländer. (8 13.)
Die Entlassung wird durch eine von der höheren Verwaltungs-
behörde des Heimatsstaates ausgefertigte Entlassungs- .Urkunde erteilt.
(§ 14.) (S. Gesetz vom 4. Mai 1874, S. 43.)
Die Entlassung eines Staatsangehörigen, der unter elterlicher
Gewalt oder Vormundschaft steht, kann von dem gesetzlichen Vertreter
nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts beantragt werden.