202 III. Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts.
finden. Ausgenommen sind Töchter, die verheiratet sind oder ver-
heiratet gewesen sind. «
Für Deutsche, welche sich in einem Staate des Auslandes min-
destens 5 Jahre lang ununterbrochen aufhalten und in denmselben
zugleich die Staatsangehörigkeit erwerben, kann durch Staatsvertrag
die 10 jährige Frist bis auf eine 5 jährige vermindert werden, ohne
Unterschied, ob die Beteiligten sich im Besitze eines Reisepapieres oder
Heimatscheines befinden oder nicht (siehe Vertrag mit Amerika seitens des
Reichs vom 22. Februar 1868. S. 228; Bayern vom 26. Mai 1868, S. 2153;
Württemberg vom 27. Juni 1868, 1872, S. 172: Baden vom 19. Juli 1868,
1869, S. 579; Hessen vom 1. August 1868, 1869, S. 597).
Deutschen, welche ihre Staatsangehörigkeit durch 10 jährigen
Aufenthalt im Auslande verloren und keine andere Staatsangehörigkeit
erworben haben, kann die Staatsangehörigkeit in dem früheren Heimat-
staate wieder verliehen werden, auch ohne daß sie sich dort niederlassen.
Deutsche, welche ihre Staatsangehörigkeit durch 10 jährigen
Aufenthalt im Auslande verloren haben und demnächst in das Gebiet
des Deutschen Bundes zurückkehren, erwerben die Staatsangehörigkeit
in demjenigen Bundesstaate, in welchem sie sich niedergelassen haben,
durch eine von der höheren Verwaltungsbehörde ausgefertigte Auf-
nahme-Urkunde, welche auf Nachsuchen ihnen erteilt werden muß.
(§ 21.) (Gesetz vom 15. März 1888 § 6, S 71, Militärgesetz vom 2. Mai
1874 § 11. S. 45, Beschluß des Bundesrates vom 20. Januar 1881, Zentralbl.
S. 22, 3. März 1883 und Gesetz vom 18. August 1896 Art. 41 S. 616, sowie
Erkenntnis des Reichsgerichts vom 4. Februar 1895, S. 427, 28. November
1895 und 1896, S. 24, 5 und 16. November 1897, S. 297 und 326.)
Diese Vorschrift, nach welcher der Verlust der Bundes-beziehentlich
Staatsangehörigkeit durch einen 10 jährigen ununterbrochenen Aufent-
halt im Auslande eintreten soll, ist unter einem zweifachen Gesichts-
punkte von Bedeutung: in formeller Hinsicht, indem sie das Erlöschen
der Staatsangehörigkeit an ein einfaches, im einzelnen Falle ohne be-
sondere Schwierigkeiten festzustellendes Merkmal knüpft, in materieller
Beziehung, indem sie das durch die lange Abwesenheit thatsächlich zer-
rissene Band der Nationalität auch rechtlich auflöst. Eine solche Vor-
schrift ist unentbehrlich für ein Gemeinwesen, welches, wie der Deutsche
Bund, die schwerwiegendsten persönlichen Leistungen von seinen Ange-
hörigen in Anspruch nimmt. Ein solches Gemeinwesen ist es seinen
im Auslande sich aufhaltenden Angehörigen schuldig, eine Frist zu setzen,
nach deren Ablauf das Band der Angehörigkeit von selbst als aufgelöst
gilt, und mit den staatsbürgerlichen Rechten auch die Verpflichtungen
gegen den Staat ein Ende nehmen. Die Gesetzgebung wird auf der
anderen Seite dafür zu sorgen haben, daß denjenigen, welche aus-
drücklich und mit Bewußtsein den Willen bekunden, dem Vaterlande
auch im Auslande dauernd anzugehören, die Möglichkeit gewährt
werde, diese Absicht auszuführen. Hierauf zielt außer der Geräumig-
keit der Frist an sich die Vorschrift, daß dieselbe gegen Inhaber von