244 Dritter Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts.
Jedes deutsche Kauffahrteischiff, welches von einem außer—
deutschen Hafen nach einem deutschen Hafen oder nach einem Hafen
des Kanals, Großbritanniens, des Sundes oder des Kattegats oder
nach einem außerdeutschen Hafen der Nordsee oder der Ostsee bestimmt
ist, ist verpflichtet, deutsche Seeleute, welche im Auslande sich in hilfs-
bedürftigem Zustande befinden, behufs ihrer Zurückbeförderung nach
Deutschland auf schriftliche Anweisung des Seemannsamtes gegen eine
Entschädigung nach seinem Bestimmungshafen mitzunehmen.
In Ansehung ausländischer Seeleute, welche unmittelbar nach
einem Dienste auf einem deutschen Kauffahrteischiffe außerhalb Deutsch-
lands sich in einem hilfsbedürftigen Zustande befinden, liegt den nach
deren Heimatslande bestimmten deutschen Kauffahrteischiffen eine gleiche
Verpflichtung ob.
Zur Erfüllung dieser Verpflichtungen kann der Schiffer vom
Seemannsamt zwangsweise angehalten werden. (Gesetz vom 27. Dezember
1872, § 1, S. 432.)
Das Recht, Güter in einem heutschen Seehafen zu
laden und nach einem andern deutschen Seehafen zu be-
fördern, um sie daselbst auszuladen (Küstenfrachtfahrt) suieht
ausschließlich deutschen Schiffen zu. (§ 1 des Gesetzes vom 22. Mai 1881,
Reichsgesetzblatt S. 97.)
Ausländischen Schiffen kann dieses Recht durch Staatsvertrag
oder durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesrats
eingeräumt werden (§ 2.) Dieses ist geschehen für die Schiffe von
Belgien, Brasilien, Dänemark, Großbritannien, Italien und Schweden
und Norwegen (Verordnung vom 29. Dezember 1881, S. 275 u. 276), den
Niederlanden (Verordnung vom 1. Juni 1886, S. 179; s. auch d. Absch. Seewesen.)
Der Führer eines ausländischen Schiffes, welches unbefugt Küsten-
frachtfahrt betreibt, wird mit Geldstrafe bis zu 3000 Mark bestraft.
Neben der Geldstrafe kann auf Einziehung des Schiffes und der un-
befugt beförderten Güter erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem
Verurteilten gehören oder nicht. Der § 42 des Strafgesetzbuchs findet
entsprechende Anwendung. (8 3.)
In Betreff der Erwerbung der Staats= oder Reichs-
angehörigkeit durch Ausländer siehe oben S. 56 und 195
bis S. 198.
Auf dem Gebiet des Zivilprozesses gilt folgendes:
Unter Zustimmung des Bundesrates kann durch Anordnung des
Neichskanzlers bestimmt werden, daß gegen einen ausländischen Staat
sowie dessen Angehörige und ihre Rechtsnachfolger ein Vergeltungsrecht zur
Anwendung gebracht wird. (Art. II Ziff. 5 d. Ges. v. 17. Mai 1898, S. 332.)
Ausländer, welche als Kläger auftreten, haben dem Beklagten
auf dessen Verlangen wegen der Prozeßkosten Sicherheit zu leisten.
Diese Verpflichtung tritt nicht ein:
1. wenn nach den Gesetzen des Staates, welchem der Kläger an-