Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

I. Abschniit: Geschichtliche Einleitung. 5 
Die norddeutschen Staaten waren meist schon während des Krieges 
aus dem Bunde ausgetreten; und die übrigen (mit Ausnahme von 
Liechtenstein) anerkannten die Auflösung des Bundes; ebenso Luxemburg, 
Limburg (Holland) und sämtliche europäische Großmächte im Londoner 
Vertrag vom 11. Mai 1867, Art. VI. Damit war der Deutsche 
Bund rechtlich und thatsächlich aufgelöst. 
Durch diesen Krieg verloren Hennover, Holstein, Kurhessen, 
Nassau und Frankfurt a. M. ihre staatliche Existenz und in den in 
der Folge mit den norddeutschen Staaten und Hessen (nördl. Teil) 
in den Monaten August, September und Oktober 1866 (s. Anlagen-Band 
zu den Reichstagsverhandlungen 1867, S. 27.32) auf 1 Jahr geschlossenen 
sogenannten Norddeutschen Bund traten 22 deutsche Staaten ein. Mit 
den süddeutschen Staaten schloß Preußen ein „Offensiv= und Defensiv- 
Bündnis zur Erhaltung der Unabhängigkeit und Integrität, sowie der 
inneren und äußeren Sicherheit durch Stellung sämtlicher Truppenteile 
unter den Oberbefehl des Königs von Preußen und endlich zur Her- 
stellung einer gemeinschaftlichen Verfassung“ auf der Basis der am 
10. Juni 1866 zur Erwägung mitgeteilten Grundzüge. 
Dieses sogenannte Augustbündnis trat thatsächlich ins Leben und 
am 16. April 1867 wurde der Verfassungs-Entwurf, wie er aus der 
Schlußberatung des Reichstags hervorgegangen ist, von den Vertretern 
der verbündeten Regierungen und dem Reichstag angenommen. 
Nachdem sodann die Landtage der beteiligten Staaten diesem 
Verfassungs-Entwurf ihre Genehmigung erteilt hatten, trat die Ver- 
fassung des Norddeutschen Bundes am 1. Juli 1867 in 
Kraft und mit diesem Tage war der Norddeutsche Bund 
in völkerrechtlicher Form errichtet. 
Bezüglich der süddeutschen Staaten bestimmte Art. 79 der Ver- 
fassungsurkunde des Norddeutschen Bundes: „Der Eintritt der süd- 
deutschen Staaten oder eines derselben in den Bund erfolgt auf den 
Vorschlag des Bundespräsidiums im Wege der Bundesgesetzgebung.“ 
Am 8. Juli 1867 (Bundesges.-Bl. S. 81) hat Preußen den Steuer- 
und Zollvereinigungs-Vertrag im Namen des Norddeutschen Bundes 
mit Bayern, Württemberg, Baden und Hessen umgestaltet und erneuert, 
zwar gegenseitig kündbar und zunächst nur auf zehn Jahre, allein 
dieses Provisorium sollte bald zu einem Definitivum werden. Deutsch- 
lands Einheitsbestrebungen sollten rascher ihr Ziel erreichen, als man ahnte. 
Inganzunverhoffter Weise trat das Ereignis zu Ems am 13. Juli 1870 
ein. Dasselbe nahm Frankreich zum Vorwand eines Krieges, welcher denn 
auch am 19. Juli 1870 Preußen erklärt worden ist. Es war diese 
Kriegserklärung die erste und einzigea mtliche Mitteilung, 
die Preußen über das so wichtige, die ganze Welt beschäf- 
tigende Ereignis von der französischen Regierung er- 
halten hatte. (S. Verhdlg. d. Nordd. Reichstags vom 20. Juli 1870, Prot. 
S. 8.) Dieselbe hat (in deutscher Uebersetzung) folgenden Wortlaut:
	        
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