500 Dritter Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts.
Der Konsul ist befugt, für seinen Gerichtsbezirk oder einen Teil
des Bezirkes polizeiliche Vorschriften mit verbindlicher Kraft für die
seiner Gerichtsbarkeit unterworfenen Personen zu erlassen und deren
Nichtbefolgung mit Haft, Geldstrafe bis zum Betrage von eintausend
Mark und Einziehung einzelner Gegenstände zu bedrohen. Diese Vor-
schriften sind sofort in Abschrist dem Reichskanzler mitzuteilen.
Der Reichskanzler ist befugt, die von dem Konsul erlassenen poli-
zeilichen Vorschriften aufzuheben.
Die Verkündigung der polizeilichen Vorschriften sowie die Ver-
kündigung ihrer Aufhebung erfolgt in der für konsularische Bekannt-
machungen ortsüblichen Weise, jedenfalls durch Anheftung an die Ge-
richtstafel. (8 51.)
5. Besondere Vorschriften über das Verfahren in Strassachen.
Der Konsul übt in Strassachen die Verrichtungen des Amts-
richters und des Vorsitzenden der Strafkammer aus. (§ 52.)
Die Zustellungen, die Ladungen, die Vollstreckung von Beschlüssen
und Verfügungen, sowie die Strafvollstreckung werden durch den Konsul
veranlaßt. (§ 53.)
Im vorbereitenden Verfahren ist die Beeidigung eines Zeugen
oder Sachverständigen auch in den im § 65 Abs. 2 der Strafprozeß-
ordnung bezeichneten Fällen zulässig.
Die Vorschriften des § 126 der Strafprozeßordnung finden keine
Anwendung. (8 54.)
Erhält der Konsul von dem Verdacht eines zur Zuständigkeit des
Reichsgerichts oder der Schwurgerichte gehörenden Verbrechens Kenntnis,
so hat er die zur Strafvollstreckung erforderlichen Sicherheitsmaßregeln
zu treffen sowie die Untersuchungshandlungen, in Ansehen deren Gefahr
im Verzug obwaltet oder die Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 der
Strafprozeßordnung zutreffen, vorzunehmen und demnächst die Akten
der Staalsanwaltschaft bei dem zuständigen deutschen Gericht, in Er-
mangelung eines solchen dem Ober-Reichsanwalte zu übersenden. Im
letzteren Falle wird das zuständige Gericht von dem Reichsgerichte be-
stimmt. (§8 55.) «
Gehört die strafbare Handlung zur Zuständigkeit des Konsulargerichts
oder des Konsuls, so ist an Stelle der Staatsanwaltschaft der Konsul
zum Einschreiten berufen. Er stellt insbesondere die der Staatsanwaltschaft
im vorbereitenden Verfahren obliegenden Ermittelungen an. G 56.)
Eine Voruntersuchung findet nicht statt. (6 57.)
An die Stelle der öffentlichen Klage tritt in den Fälleu, in denen
nicht sofort das Hauptverfahren eröffnet wird, die Verfügung des Konsuls
über die Einleitung des Strafverfahrens gegen den Beschuldigten. Diese
Verfügung hat die dem Angeschuldigten zur Last gelegte Tat unter Her-
vorhebung ihrer gesetzlichen Merkmale und des anzuwendenden Straf-
gesetzes zu bezeichnen.