Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

XXXVI. Abschnitt: Das Reichskriegswesen. 685 
soforligen Bestätigung oder Beseitigung durch dasselbe, in dringenden 
Fällen, rücksichtlich einzelner Orte und Distrikte, durch den obersten 
Militärbefehlshaber in denselben, auf den Antrag des Verwaltungschefs 
des Regierungsbezirks, wenn aber Gefahr im Verzuge ist, auch ohne 
diesen Antrag erfolgen. 
In Festungen geht die provisorische Erklärung des Belagerungs- 
zustandes von dem Festungskommandanten aus. (8 2.) 
Die Erklärung des Belagerungszustandes ist bei Trommelschlag 
oder Trompetenschall zu verkünden, und außerdem durch Mitteilung an 
die Gemeindebehörde durch Anschlag an öffentlichen Plätzen und durch 
die öffentlichen Blätter ohne Verzug zur allgemeinen Kenntnis zu bringen. 
— Die Aufhebung des Belagerungszustandes wird durch Anzeige an die 
Gemeindebehörde und durch die öffentlichen Blätter zur allgemeinen 
Kenntnis gebracht. (8 3.) 
Mit der Bekanntmachung der Erklärung des Belagerungszustandes 
geht die vollziehende Gewalt an die Militärbefehlshaber über. Die 
Zivilverwaltungs- und Gemeindebehörden haben den Anordnungen und 
Aufträgen der Militärbefehlshaber Folge zu leisten. Für ihre An- 
ordnungen sind die betreffenden Militärbefehlshaber persönlich ver- 
antwortlich. (8 4.) 
Wird bei Erklärung des Belagerungszustandes für erforderlich 
erachtet, die Art. 5, 6, 7, 27, 28, 29, 30 und 36 der Verfassungs- 
urkunde oder einzelne derselben zeit= und distriktweise außer Krast zu 
setzen, so müssen die Bestimmungen darüber ausdrücklich in die Bekannt- 
machung über die Erklärung des Belagerungszustandes aufgenommen 
oder in einer besonderen, unter der nämlichen Form (§ 3) bekannt zu 
machenden Verordnung verkündet werden. 
Die Suspension der erwähnten Artikel oder eines derselben ist 
nur für den Bezirk zulässig, der in Belagerungszustand erklärt ist und 
nur für die Dauer des Belagerungszustandes. (§8 5.) 
S. Reichspreßgesetz vom 7. Mai 1874 § 30 Abs. 1, S. 65; Paßgesetz 
vom 12. Oktober 1867 § 9, S. 33. 
Die Militärpersonen stehen während des Belagerungszustandes 
unter den Gesetzen, welche für den Kriegszustand erteilt sind. Auch finden 
auf dieselben die §§ 8 und 9 dieser Verordnung Anwendung. (8 6.) 
In den in Belagerungszustand erklärten Orten oder Distrikten 
hat der Befehlshaber der Besatzung (in den Festungen der Kommandant) 
die höhere Militärgerichtsbarkeit über sämtliche zur Besatzung gehörende 
Militärpersonen. 
Auch steht ihm das Recht zu, die wider Personen ergehenden 
kriegsrechtlichen Erkenntnisse zu bestätigen. Ausgenommen hiervon sind 
nur in Friedenszeiten die Todesurteile; die unterliegen der Bestätigung 
des kommandierenden Generals der Provinz. 
Hinsichtlich der Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit verbleibt 
es bei den Vorschriften des Militär-Srafgesetzbuches. (6 7.) 
  
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.