I. Abschnitt: Die natürliche Grundlage des Reiches. 53
5. Kapitel.
Die Reichsangehörigen.
a) Die bürgerlichen Ehrenrechte.
Die Einheit des Reiches äußert sich auch in Beziehung auf die
Untertanen der einzelnen Bundesstaaten, nämlich in der Zugehörigkeit,
nicht bloß zum betreffenden Heimatstaat, sondern auch in der zum weiteren
deutschen Vaterlande. (Indigenat oder Eingeborenenqualität).
Die Reichs-Verfassung trifft hinsichtlich dieser Bundesangehörigkeit
in Art. 3 die Bestimmung: „Für ganz Deutschland besteht ein gemein-
sames Indigenat mit der Wirkung, daß der Angehörige (Untertan,
Staatsbürger) eines jeden Bundesstaates in jedem anderen Bundesstaate
als Inländer zu behandeln und demgemäß zum festen Wohnsitz, zum
Gewerbebetrieb, zu öfentlichen Aemtern, zur Erwerbung von Grund-
stücken, zur Erlangung des Staatsbürgerrechts (Staatsangehörigkeit)
und zum Genusse aller sonstigen bürgerlichen Rechte unter denselben
Voraussetzungen (und Bedingungen) wie der Einheimische zuzulassen, auch
in Betreff der Rechtsverfolgung und des Rechtsschutzes demselben gleich
zu behandeln ist. Kein Deutscher darf in der Auslbung dieser Befugnis
durch die Obrigkeit seiner Heimat oder durch die Obrigkeit eines anderen
Bundesstaates beschränkt werden. Dieses Recht der politischen Frei-
Kigkeit ist in den betreffenden Spezialgesetzen noch besonders garantiert,
zwar:
1. Das Recht der freien Wahl des Niederlassungs-
ortes im Reiche in dem Gesetz vom 1. November 1867
§ 1, S. 55 und im Gesetz vom 12. Oktober 1867 89, S. 33,
sowie in den Kaiserlichen Verordnungen vom 2. Februar 1870,
S. 9 und vom 26. Juni 1878, S. 111.
Hinsichtlich der Militärpflicht besteht ebenfalls eine
Freizügigkeit, indem jeder taugliche Deutsche das Recht hat,
freiwillig in das Heer einzutreten und diesfalls den Truppen-
teil, in welchem er dienen will, selbst zu wählen, wie er auch
berechtigt ist, in dem Bundesstaate seines Wohnsitzes behufs
Erfüllung der Wehrpflicht zugelassen zu werden. (Militär-Gesetz
vom 2. Mai 1874, S. 45 und vom 6. Mai 1880, S. 109. Desgl.
bei den Schiffern und Steuerleuten (St. B. 1867 II S. 384 2).
2. Der rechtliche Anspruch auf öffentliche Unter-
stützung im Falle der Hilfsbedürftigkeit in § 1 des
Gesetzes vom 6. Juni 1870, S. 360.
Diese Gesetze ad 1 und 2 gelten nach Art. 4 Ziff. 1 der
Reichsverfassung in Bayern und Elsaß-Lothringen nicht.
Uebrigens sagt Riedel S. 13: „Die Angehörigen eines Bundes-
staaten welche sich in Bayern aufhalten, sind in keiner Weise
chlechter gestellt, als die bayerischen Staatsangehörigen, sondern
besser als im übrigen Deutschland. Nach dem Unterstützungs-