Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

780 Dritter Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts. 
eines sie anordnenden oder zulassenden Gesetzes und nach Bewilligung der 
erforderlichen Mittel vorgenommen wird. (§ 9.) 
Die obere Leitung steht dem Reichskanzler zu, soweit dies mit 
10. der Reichsschuldenverwaltung beigelegten Unabhängigkeit vereinbar 
ist. (8 10) 
Wird der Reichsschuldenverwaltung der Verlust einer Schuldver- 
schreibung oder Schatzanweisung von dem bisherigen Inhaber mit der 
Behauptung angezeigt, daß die Schuldurkunde vernichtet sei, so hat ihm 
auf seinen Antrag die Reichsschuldenverwaltung eine neue Schuldver- 
schreibung oder Schatzanweisung zu erteilen, falls sie die Vernichtung der 
Urkunde für nachgewiesen erachtet. Die Kosten hat der bisherige In- 
haber zu tragen und vorzuschießen. 
Ist ein Zinsschein abhanden gekommen oder vernichtet, so ist der 
im § 804 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmte Anspruch aus- 
geschlossen, ohne daß es der Ausschließung in dem Scheine bedarf. 
Behauptet der bisherige Inhaber eines- Zinsscheins, daß der Schein 
vernichtet sei, so finden die Vorschriften des Abs. 1 Anwendung. (§ 16.) 
Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung 
einer auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibung oder Schatzanweisung 
ist dasjenige Amtsgericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirke die 
Reichsschuldenverwaltung ihren Sitz hat. (§8 17 Abs 1.) 
Die Reichsschuldenverwaltung hat jährlich amtliche Listen der im 
abgelaufenen Rechnungsjahre für kraftlos erklärten Schuldverschreibungen 
und Schatzanweisungen durch den Deutschen Reichsanzeiger, sowie durch 
Aushang auf der Börse in Berlin zu veröffentlichen. 
Die Reichsschuldenverwaltung kann noch andere Veröffentlichungen 
veranlassen. (6 19.) 
  
III. Die Schuldentilgung. 
Hierüber bestimmt die Reichs-Verfassung nichts. 
Gemäß Gesetz vom 6. April 1870 S. 65 erfolgt die Schulden- 
tilgung tatsächlich in der Art, daß die durch den Reichshaushalts-Etat 
dazu bestimmten Mittel zum Ankauf einer entsprechenden Anzahl von 
Schuldverschreibungen verwendet werden. 
ch bdes erste diesbezügliche Gesetz vom 16. April 1896 S. 103 
reibt vor: 
Uebersteigen im Etatsjahr 1896/97 die den Bundesstaaten zu- 
stehenden Ueberweisungen aus den Erträgen an Zöllen, Tabaksteuer, 
Branntwein-Verbrauchsabgabe und Zuschlag zu derselben, sowie an 
Reichsstempelabgaben für Wertpapiere 2c. die aufzubringenden Matrikular- 
beiträge, so ist die Hälfte des Ueberschusses zur Verminderung der 
Reichsschuld zurückzuhalten. Bei Ermittlung des Unterschieds zwischen 
dem zu Ueberweisungen verfügbaren Betrage und den Matrikularumlagen 
werden von den letzteren die von den einzelnen Bundesstaaten zur Reichs- 
kasse zu zahlenden Ausgleichsbeträge abgesetzt. 
 
	        
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