788 Dritter Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts.
Insoweit dieselben durch diese Netto-Einnahmen nicht gedeckt
werden, sind sie durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maß-
gabe ihrer Bevölkerung (Matrikularbeiträge) aufzubringen. In Fällen
eines außerordentlichen Bedürfnisses kann eine Anleihe ausgenommen
werden. (Reichs-Verf. Art. 70 u. 73; Sten. Ber. v. 10. März 1877, 1. Mai 1872
und 2. Mai 1879 und Gesetz vom 14. Mai 1904 S. 169.)
Hinsichtlich der Matrikularbeiträge ist erstmals im Gesetz
vom 15. Juli 1879 S. 211 § 8 bestimmt, daß derjenige Ertrag der
Zölle und der Tabaksteuer, welcher die Summe von 130000 Mk. in
einem Jahre übersteigt, den einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe
der Bevölkerung, mit welcher sie zu den Matrikularbeiträgen heran-
gezogen werden, zu überweisen ist. Diese Ueberweisung erfolgt vor-
behaltlich der definitiven Abrechnung zwischen der Reichskasse und den
Einzelstaaten auf Grund der im Artikel 39 der Reichs-Verfassung er-
wähnten Quartalsextrakte und bezw. Jahresabschlüsse.
Bezüglich der ungedeckten Matrikularbeiträge ist in § 4 des Gesetzes
vom 3. Juni 1906 S. 620 vorgeschrieben, daß soweit die nach Art. 70
der Reichs-Verfassung von den Bundesstaaten aufzubringenden Matrikular-
beiträge in einem Rechnungsjahr den Sollbetrag der Ueberweisungen um
mehr als 40 Pfennige auf den Kopf der Bevölkerung übersteigen,
die Erhebung des Mehrbetrags für dieses Rechnungsjahr ausgesetzt
werde. Sopveit sich ein solcher Mehrbetrag aach nach der Rechnung
ergibt, findet dessen Erhebung im Juli des drittfolgenden Rechnungs-
jahres statt.
Vergleiche hierzu Gesetz vom 1. Juli 1881 § 32 S. 192 und
24. Juni 1887 § 39, 1. S. 265 und oben S. 781.
Die Einnahmen aus den Veräußerungen der entbehrlich werdenden
Festungsgrundstücke oder solcher Grundstücke, welche nach der Wiederher-
stellung und Vervollständigung der Festungen im Besitze der Militärver=
waltungen verbleiben oder welche aus Reichsmitteln gemäß Gesetz vom
8. Juli 1872 S. 289 erworben werden, dürfen nur unter Genehmigung
des Bundesrats und des Reichstags verausgabt werden und sind, sofern
diese Genehmigung nicht anderweitig erfolgt ist, in dem nächsten Reichs-
haushalts-Etat in die zur Deckung der gemeinschaftlichen Ausgaben be-
stimmten Einnahmen einzustellen. (Gesetz vom B. Juli 1872 Art. IV S. 290.)
Vergleiche hierzu auch Gesetz vom 30. Mai 1873 S. 123.
Alle Einnahmen aus den Veräußerungen von Grundstücken,
Materialien, Utensilien und sonstigen Gegenständen, welche sich im Besitz
der Reichsverwaltung befinden, müssen hier jedes Jahr veranschlagt
und auf den Reichshaushalts-Etat gebracht werden. Eine Nachweisung
der Ueberschreitungen solcher Einnahme-Etats und der außeretatsmäßigen
Einnahmen aus den Veräußerungen der erwähnten Gegenstände ist
jedesmal, spätestens in dem auf das Etatsjahr folgenden 2. Jahre, dem
Bundesrat und dem Reichstag zur nachträglichen Genehmigung vor-
zulegen. (§ 10 des Ges. vom 25. Mai 1873 S. 113.)