Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

402 Sachsen von 1815—1833. 
Poesie meist oberflächliche Dilettanten und trotz manchen aus- 
gesprochenen Talentes von geringer Productionskraft, dafür 
aber desto unermüdlicher sich gegenseitig Weihrauch zu streuen, 
bis sie, in den Bahnen trivialer Mittelmäßigkeit, der von jeher 
die sächsische Hauptstadt ein besonders günstiger Boden gewesen 
ist, fortwandelnd, endlich dahin gelangten, sich für Dichter und 
Asthetiker ersten Ranges, ihren Liederkreis für einen Areopag 
des guten Geschmacks zu halten und dem auftauchenden Besse- 
ren, das ihnen unrerständlich blieb, nicht selten mit kleinlichem 
Neide den Weg zu vertreten. Das Sprachrohr dieser Coterie 
bildete die schon 1805 von Fr. Laun begonnene, 1817 von 
Th. Hell und Fr. Kind erneuerte Abendzeitung, das gelesenste 
aller äfthetischen Blätter der damaligen Zeit, bis sie allmählich, 
samt dem ganzen Liederkreise von kräftigeren Zeitstrsmungen 
verdrängt, kurz nach dem Sturme von 1848 verblich. 
Diesem Kreise verwandt, doch nicht ganz ihm zugehörig 
waren Graf Kalkreuth, v. d. Malsburg, der katholisierende, 
streng aristokratische Graf Löben (Isidorus Orientalis). Noch 
weiter sonderte sich ein anderer Kreis von Schöngeistern ab, 
der sich um den 1821 von Elise v. d. Recke nach Dresden 
geführten und in ihrem Hause verhätschelten Tiedge gruppierte, 
nach außen aber weit weniger Einfluß übte, da er sich an der 
zum förmlichen Cultus gesteigerten stummen Verehrung des 
oft recht grämlichen und langweiligen Sängers der Urania 
genügen ließ. Auch Prinz Johann liebte es seit 1826, eine 
Ag#gahl geistig hervorragender Männer, z. B. außer mehreren 
schon genannten, den Oberbibliothekar Ebert, Professor Hart- 
mann, General v. Gersdorff, Ammon, v. Miltitz des Abends 
bei sich zu versammeln, wobei in der ungezwungensten Weise 
Ansichten über Literatur und Kunst ausgetauscht, namentlich 
auch Proben der Dante--Übersetzung, an welcher der Prinz 
arbeitete, durchgesprochen wurden. Als eigentlicher Fürst aber 
der dresdner literarischen Welt thronte seit 1819 L. Tieck, der 
die Verbindung mit dem Liederkreise nicht nur bald aufleste 
sondern in offene Opposition zu demselben trat und diese 
5, Räucheranstalt“ zum Stichblatt unablässiger Spöttereien
	        
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