Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

1127 
116 Die zwei thüringischen Marken. 
thüringisch, weil Ludwigs III. Gemahlin daselbst den Grund 
zum Jungfrauenkloster Ahneberg legte, ihr Sohn Heinrich Raspe 
es vollendete und beschenkte und Kassel selbst wahrscheinlich er- 
weiterte. So giug auch Schloß Felsberg an der Eder und 
die Schlösser und die Städte an der Werra, die Uun keine 
politische Grenze mehr war, in thüringischen Besitz über. 
Durch jene Doppelheirath der beiden gisonischen Hedwige mit 
Landgraf Ludwig I. und seinem Bruder Heinrich Raspe (1127) 
fielen fast alle Hoheitsrechte und die besten Stammgüter des 
fränkischen Hessengaues an das thüringische Haus. So ge- 
wannen die neuen Landgrafen nicht nur sehr bedeutenden Länder- 
besitz, sondern auch erhöhte politische Wichtigkeit, indem sie da- 
mit in der Mitte des sächsischen und fränkischen Deutschlands 
als Obmänner und Vermittler Beider stehen. 
Mit dieser steigenden Macht änderte sich auch die Stellung 
der Thüringer gegen den Erzstuhl von Mainz, dessen Zehenten- 
forderungen man jetzt nachdrücklicher eulgegentrat. Als Adal- 
bert damals im Duderstädtischen zur Eintreibung der Frucht- 
zehenten Gewalt brauchte, einige Leute dabei von den Seinigen 
erschlagen wurden, versammelten sich die Thüringer unter Heinrich 
Raspe (bei Treteburg), 20,000 Mann stark, und drohten Erfurt, 
wo sich der Erzbischof aufhielt, zu erstürmen 1). Da gab 
Adalbert weislich nach (1122, 1123) oder brachte sie zu einem 
andern Entschlusse. Gleichzeitig soll auch noch sein Bruder 
Ludwig an einem Kampfe gegen Lothar von Sachsen, auf 
dessen Seite der Mainzer war, Antheil genommen haben 
(1123), muß also später, als man annimmt, ins Kloster ge- 
gangen sein. 
1. 
2. Die zwei thüringischen Marken. 
Das Land von der Saale bis zur Mulde, südwärts bis 
zur Elsterquelle und dem Fuße des Fichtelgebirges, wurde von 
den Thüringern als das Ost= oder Osterland, terra Crien- 
talis, bezeichnet, und noch jetzt erinnern Ortsnamen wie der 
* I. 
1) Addit, ad Lamb. ap. Pistor-Struv. I, 427 und Chwon. 
Sanpotrin. rfurt, ap. Moncken III, 209. — Das letzte Ereigniß bei 
Annal. Saro ad 1123, p. 650.,
	        
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