Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Städte. 151 
um die Burg ausiedelten, wurden auch sie zur Vertheidigung 
derselben herbeigezogen und obgleich dadurch diese freien Burg- 
bewohner, die burgenses, nnn ebenfalls gleich jenen dem Vogte 
untergeben und dienstpflichtig nach Hofrecht ohne die Ehre und 
die Vortheile der eigentlichen Dienstmannen wurden, so be- 
haupteten sie doch in Folge ihrer Theilnahme an dem Waffen- 
dienste eine unabhängigere Stellung als die auf dem platten 
Lande Wohnenden, die bald zu der verschiedenartig abgestuften 
Unfreiheit der Hintersassen herabsanken. Dieses Hinzutreten 
von Freien zu den Ministerialen in der Burg wurde die 
Grundlage, auf welcher allmählich ein freieres städtisches Ge- 
meinwesen erwuchs 1). Wie aber diese Entwickelung hier ver- 
hältnißmäßig erst spät begann, so ist sie auch unter dem Drucke, 
welchen die frühzeitig befestigte Macht des Markgrafen auf sie 
übte, nie zu der vollen Städtefreiheit durchgedrungen, wie sie 
sich in den ganz deutschen Reichstheilen entfaltete; die Freisassen 
in den Städten geriethen ebenfalls unter die Herrschaft des 
Markgrafen. Selbst in den dem Reiche gehörigen Städten 
Altenburg, Chemnitz und Zwickau, die eigene consules oder 
proconsules zu Handhabung des Rechts und städtischer An- 
gelegenheiten hatten, wurden dadurch, daß sie später unter die 
Herrschaft der Wettiuer kamen, die Ansätze zur Reichsfreiheit 
wieder ausgelöscht. Doch schon in jener ursprünglich unvoll- 
kommenen Gemeinde war eine Gemeindeordnung vorhanden; 
sie liegt schon im Begriff der Gemeinde überhaupt. Der 
Schultheiß, eine Art Untervogt, übte sie. Da das Land von 
Sachsen aus erobert worden war, so hatten auch die Städte 
bis auf die osterländischen, die nach Frankeurecht lebten, säch- 
sisches, meist magdeburgisches Necht. Handwerksbetrieb, soweit 
er sich schon damals in den Städten niederließ, war noch zum 
großen Theile in den Händen von Hörigen, die den innerhalb 
der Mauern gelegenen Klöstern und Stiftern oder dem Kam- 
mergut eigneten, bis nach und nach der lockende Gewinn auch 
1) Vergl. Gretschel, Die früheste Bildung der Verfassung in den 
meißnischen Städten, in „Berichte der deutschen Ges. zu Leipzig“ 1842, 
S. 1 ff. und Desselben Gesch. des sächfischen Volkes und Staates 
I 60 ff.
	        
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