Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

1214 
1216 
168 Markgraf Dietrich der Bedrängte. 
burg in Fehde, worauf dieser den meißner und merseburger 
Sprengel mit dem Interdict belegte. 
Noch bedenklicher fast wurde der Streit, in welchen Mark- 
graf Dietrich mit Leipzigs Bürgern gerieth. Ihnen hatte Otto 
der Reiche (zwischen 1162— 1170) große Privilegien nach 
hallischem oder magdeburger Recht und ein eigenes Weichbild 
gegeben, eigene Gerichtsbarkeit in ihren Mauern, Freiheit von 
allen Beden, außer wenn er nach Italien zum Kaiser ziehen 
müsse. Doch hatte Leipzig noch einen markgräflichen Vogt 
(Decan), der den Blutbann, und einen Schultheiß, der die 
Civilgerichtsbarkeit verwaltete, und endlich einen Villicus mit 
der Gerichtsbarkeit (wahrscheinlich das judicium super fossatam 
apud Lipzk) über die Provinzialen oder das platte Land. Ottos 
Mauern hatten der Stadt großen Zulauf, Handel und Ge- 
werbe, Wohlhabenheit und Muth verschafft. Da nun Dictrich 
in Leipzig ein geistliches Stiftungshaus für regulirte Chorherren 
Augustinerordens dem heiligen Thomas zu Ehren (gewöhnlich 
Thomaskloster genannt) erbauen und sogar ein Nonnenkloster 
in dessen Nähe zu gemeinschaftlichem Gottesdienst mit jenem 
versetzen ließ, fürchteten die Bürger das Umsichgreifen geistlicher 
Gerichtsbarkeiten und Besitzungen (zumal da dem heiligen Tho- 
mas sehr bedeutende Dörfer und Grundstücke zugewiesen waren 
und ihnen Otto doch unbeschränktes Benntzungsrecht ihrer Be- 
sitzungen verstattet hatte) und setzten sich dem Bau entgegen, 
vertrieben den Propst Konrad und erzwangen die Zurückver- 
legung der Nonnen aus so anstößiger Nähe. Ein Theil des 
osterländischen Adels unterstützte die Bürger dabei und sendete 
sogar (freilich nur nach einer späteren, zwischen 1277 und 1285 
verfaßten Üierlieferung der pegauer Annalen) mit Vorwissen 
derselben Meuchelmörder zum Markgrafen nach Eisenberg, die 
aber ihren Zweck verfehlten; doch wurde die Nachricht von seinem 
Tode absichtlich verbreitet. Es kam 1214 zu einer verwüsten- 
den Fehde, welche erst nach mehrmaligen vergeblichen Aus- 
gleichungsversuchen durch einen 15. Juli 1216 unter Vermitt- 
lung des Erzbischofs Albrecht von Brandenburg, des Bischofs 
Eckard von Merseburg und des Grafen Friedrich von Brene 
geschlossenen Sühnvertrag beendigt wurde; in demselben bestätigt
	        
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