Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

194 Thüringen; Inneres 1130—1247. 
Er saß auf einem Kissen vor dem Landrichter. Mittelhausen 
und Ried Nordhausen waren zum Unterhalte des Gerichts an- 
gewiesen und hießen von der vorbeifließenden schmalen Gera 
die Grafschaft an der schmalen Gera. Nach jeder Hauptsitzung 
wurden die Gesetze und Privilegien der Landschaft Thüringen 
vorgelesen, z. B. daß alle Ansässigen im Lande und fremde 
christliche Kaufleute mit ihrer Waare in des Kaisers Schutz und 
Frieden, nur die Adeligen in Waffen und beritten sein, über- 
wiesene Verräther und Widersacher des Landgrafen und seincs 
Gerichts mit Pferden zum Gericht geschleppt, geviertheilt und 
die vier Theile auf ebensoviel Rädern nach allen Gegenden 
des Landes hin ausgestellt werden sollen u. s. w. Außer diesem 
allgemeinen Landgerichte gab es noch vier Dingstühle (Vogt- 
dinge) zu Gotha (mit der Grafschaft Gleichen und dem Syno- 
dalsitz oder Nuralcapitel Ohrdruf), zu Thomasbrück (wozu die 
Grafschaft Kirchberg und Synodalsitz Jechaburg), zu Weißensee 
(wozu die Grafschaft Beichlingen und der geistliche Sprengel 
von Bebra), und zu Buttelstädt (wozu die Grafschaft Käfern- 
burg und der geistliche Sitz St. Mariä zu Erfurt). Diese 
Vogtdinge waren alle vom Landgrafen abhängig, wurden aber 
bloß von Vögten und ihren Beisitzern gehalten; doch galt der 
Spruch des einen für alle vier und des Landgerichts über alle. 
Außerdem sind deutliche Spuren vorhanden, daß auf den 
Sitzungen des Laudgerichts, welchem ein alter Malberg oder 
ein großes Gaugericht des südthüringischen Pagus zu Grunde 
gelegen zu haben scheint, daher es (freilich irrig) bis auf Karl 
den Großen hinaufgeführt wird, auch Landtagsverhandlungen 
im Sinne jener Zeit, Berathungen über Landesangelegenheiten 
vorgenommen worden sind. Die Gelegenheit war die beste, 
und selbst der vorkommende Name, gemeiner Landtag zu Mittel- 
hausen (vulgare placitum in M.), deutet darauf hin. Man 
findet sonst nur einer einzigen Ritterversammlung zu Krenzburg 
gedacht, wo aber Ludwig der Fromme vor seinem Kreuzzug 
eigentlich nur vom Lande Abschich nahm, um es nicht wieder 
zu sehen. Ein anderes häufig damit verwechseltes Institut, 
das große thüringische Landfriedensgericht, tritt erst in der 
zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ins Leben. (Daß aber
	        
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