Klöster. Bürgerstand. 197
Sittichenbach, Remissau, St. Georg zu Naumburg, Paulincell,
Bürgel, Homburg, Heßlar, Scheiplitz, Frauensee. Diese Klöster,
die nur ihren Besitz vermehren, nie vererben, theilen und
mindern konnten, denn selbst die gierigsten Vögte griffen ge-
wöhnlich nur Einkünfte, nicht den Kapitalstock an, waren auch
in Thüringen für Landkultur, für Künste und Wissenschaften
wichtig geworden, waren die Schatzkammern des Landes (die
nur zu oft durch Nothbeden angezapft wurden) und damit
freilich auch ein Gegenstand der Begehrlichkeit und des Angriffs
von Manchem, der ohne Mühe reich werden, leben und nicht
arbeiten wollte. Das schlimmste Recht, welches besonders in
der Zeit des thüringer Erbfolgekrieges aufkam, das Recht des
Stärkern und der Faust, hat auch in Thüringen weit ärger
als in Meißen gewüthet, und der erlauchte Heinrich nachher
manchen Tag deshalb gehalten. *5#s5
Kein Übel aber ist so alt und tief, daß sich nicht das rechte
speclfische Heilmittel und zwar oft gleich daneben finde. Gegen
geistliche und weltliche Aristokratie tritt als Schutz und Palla-
dium der Freiheit der immer kräftiger werdende Bürger-
stand in Thüringen auf, wenngleich seine Blüthe erst den
folgenden zwei Jahrhunderten angehört. Unter den Städten
Thüringens hatte sich wohl Erfurt am frühesten aus der villa
zur civitas, zur städtischen Gemeinde herangebildet, wenn auch
im 11. Jahrhundert viele Einwohner noch wenig mehr als
Bauern und Leibeigene gewesen zu sein scheinen. Erfurt hob
sich theils durch seine Lage in der Mitte Thüringens, theils
durch seinen kirchlichen Zusammenhang mit Mainz und seine
zahlreiche und wohlhabende Geistlichkeit, theils als älteste Re-
sidenz thüringischer Fürsten, durch frühzeitige Ummauerung und
Sicherheit, theils endlich durch seinen Handel. Des Handels
wegen hatten sich viele Niederländer und Friesen dahin gezogen,
aber auch die IJudenschaft, diese Vertreter des beweglichen Eigen-
thums im Mittelalter, mit welcher es zu zahlreichen Reibun-
gen kam, so daß, genährt durch die Zeiten der Krenzzüge,
1221 eine völlige Verfolgung derselben ausbrach. Auch im
Acker= und Gartenbau ist Erfurt Muster und Vorbild für
Thüringen geworden, ein Vorzug, den es nicht bloß seiner Lage