Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Tod Heinrichs des Erlauchten 27 
Heinrich sah den Fall großer, nah verwandter Häuser: nachdem 
in seinen frühesten Jahren die dänische Übermacht in Nord- 
deutschland bei Bornhövede gebrochen worden war, den Unter- 
gang der Babenberger in Osterreich 1247, der Hohenstaufen 
1254— 1268, mit ihnen den Untergang der Herzogthümer 
Schwaben und Franken; er sah die gewaltige Katastrophe 
Ottokars von Böhmen 1278, dessen Tante Agnes seine Ge- 
mahlin gewesen, ein Fall, welcher dem habsburgischen Hause 
festen Fuß und große Hausmacht in Deutschland, aber auch 
Deutschland festere Formen gewährte; er sah die Entstehung 
jenes Ritterstaates an der Ostsee (und hatte selbst, sowie später 
seine Söhne, daran mit Theil genommen), aus dem einst in 
ganz veränderter Form ein Königreich hervorzugehen bestimmt 
war, welches nur zu einflußreich auf die wettinischen Besitzungen 
werden sollte, während auf ciner andern Seite die Askanier 
in Brandenburg sich zu immer gefährlichern Nachbarn der 
Wettiner, selbst in der Oberlausitz, mächtig verstärkten. Er 
sah das Erkalten für die christlich-romantische Idee, das gelobte 
Land zu besitzen, und selbst das reizende Italien verlor, nach- 
deu von den Deutschen furchtbare Erfahrungen daselbst gemacht 
worden waren, an Werth für Deutschland, seitdem die ver- 
änderten Zeitverhältuisse es den deutschen Königen untersagten, 
jenseits der Alpen mit kaiserlicher Machtfülle aufzutreten. Er 
sah die hohe Kraft eines in der Hohenstaufenzeit unwiderstehlich 
emporstrebenden Bürgerstaides schon in einzelnen Städten reich 
und mächtig und noch weit gewaltiger in zwei Conföderationen, 
wie der rheinische Städtebund um 1255 und die Hausa waren, 
wenn auch gerade den meißner Städten die Landesverfassung 
keinen Antheil an jenen Bündnissen verstattete. Er sah die 
höchste Blüthe des Ritterthumes, einer Pflanze, die während 
der Kreuzzüge durch das edle Feuer der Religion zu solcher 
Höhe getrieben war, aber mit dessen Erlöschen allmählich auch 
wieder zu verwelken anfing; und nicht fern waren endlich auch 
die Zeiten, wo zuerst in Italien das Studium der Alten neu 
erblühen und sich auch Deutschlaud mitthcilen sollte, wo schon 
die Kunst die edle Vorläuferin gewesen war, in innerem Zu- 
sammenhange mit, dem Geist der Forschung und freimüthiger
	        
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