Rechtsverwaltung. Faustrecht. 277
gehört zu haben scheint, waren ohne bestimmten Sprengel ½;
zu Dohna entstand ein Schöppenstuhl, bestehend aus der Erbar-
mammschaft der Pflege. Die eigene Gerichtsbarkeit der Städte
und Klöster oder auch einzelner Grundherren war keineswegs
allgemeines Recht, sondern beruhte überall auf besonderer Ver-
leihung, die sich häufig nur auf bestimmte Arten derselben be-
zog; das älteste bekannte Beispiel, daß in Meißen Privatper-
sonen die volle Patrimonialgerichtsbarkeit zugestanden wurde, ist
von 1274, wo Markgraf Heinrich zwei freiberger Bürger da-
mit über das von ihnen erkaufte Dorf Oberau belieh. Wäh-
rend im 13. Jahrhundert das Recht des Sachsenspiegels, dessen
Verfasser Eike von Repgowe pierst als Schöffe zu Wettin er-
wähnt wird und 1224 auch auf dem Landdinge zu Delitzsch
anwesend war, allmählich zur Geltung kam, fingen gegen Ende
desselben auch das canonische und das römische Recht an be-
kannt zu werden 2), zu dessen bedeutendsten Vertretern zu Al-
brechts des Entarteten Zeit Magister Heinrich, Burggraf von
Kirchberg, ein auf den Universitäten von Paris, Padua, Bo-
logna und zu Rom gebildeter Dekretalist, gehört, den Nikolaus
von Bibra in der 2. Distinktion seines Gedichtes feiert.
Wie die schwarze Farbe eigentlich die völlige Abwesenheit
aller Farbe oder alles Lichtes ist, so war das Faustrecht dle
Abwesenheit alles Rechtes. Sein furchtbares Überhandnehmen
in den Zeiten des großen Interregnums schuf, da die gebotenen
Landfrieden die „Brüche und Werren“ zu strafen ohne Macht
blieben, verschicdene Gegenmittel, besonders in den großen Städte-
corporationen am Nhein und in Niederdeutschland. In Thü-
ringen gestaltete sich eine andere Vorkehrung, das sogenaunte
judicium pacis oder Friedensgericht, welches auf einem freien
Vertrage der Fürsten mit den Großen des Landes und einigen
Städten beruht zu haben scheint. Das erste Mal wird es
1) Märler (Burggrasthum Meißen, S. 1460 ff.) sicht darin den
überrest des alten Landdings.
2) Unter den Folianten des meisner Domherru Dictrich befanden sich
lant dem Testament desselben (Cod. dipl. Sax. II, 1. No. 329) das De-
cretum, die Decretales, die Zummnc Gamfredi und Bartholi, die Casus
decretorum ct Quncstiones, dic Digesta und der Coder cum summulis.