Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

444 Der Humanismus in Leipzig. 
kanoniker in der Freunoschaft einer Anzahl strebsamer, ihm durch 
die gleiche Begeisterung für das klassische Alterthum verbundener, 
zu Erfurt studirender Jünglinge Ersatz suchte. Heinrich Urbanus, 
Georg Spalatin, Hieronymus Emser, Hermann von dem Busche, 
Crotus Rubianns, Eobanus Hessus, Hutten gehörten zu der 
Jüngerschaft, die der verehrte Meister, ohne je selbst als Schrift- 
steller aufzutreten, nicht bloß zur äußerlichen Nachahmung, son- 
dern zu einem weihevollen Kultus der Antike und damit zu- 
gleich zu den entschiedensten Gegnern der Scholastik heranbildete. 
Den Haß gegen diese zu bethätigen, gab der Streit Reuchlins 
mit den kölner Dominicanern bald willkommene Gelegenheit; 
mit ungestümer Begeisterung ergriffen sie des großen Gelehrten 
Partei und aus dem Dunkel des mutianischen Bundes gingen 
1516 die Epistolae obscurorum virorum hervor, von allen 
Schlägen, welche die Herrschaft der Scholastik zertrümmern 
halfen, einer der vernichtendsten. 1) 
Daß hingegen die Unlversität Leipzig ganz in den alten Ge- 
leisen blieb, findet ebenfalls in der von ihrer Entstehung an 
fortwirkenden Tradition seine Erklärung. Zwar suchten auch 
hier mehre jener ruhelos umherziehenden Bahnbrecher des Hu- 
manismus den klassischen Studien Eingang zu verschaffen, schon 
Eme des 15. Jahrhunderts lehrte als der erste von ihnen 
Paul Niavis (Schneevogel) in Leipzig schöne Wissenschaften, nach 
ihm kamen Konrad Celtes, dessen Schüler Johann Rhagius 
Asticampianns (aus Sommerfeld in der Niederlausitz), Her- 
mann von dem Busche, Ulrich von Hutten, aber auf die Dauer 
vermochten sie gegen die Anfeindungen der scholastischen Theo- 
logie das Feld nicht zu behaupten; „Lips barbara tellus“ hieß 
es, wennschon selbst hier, Dank den Bemühnngen des treff- 
lichen Georg Helt, des Engländers Nichard Crocus, des Petrus 
Mosellanus u. A. die humanistischen Studien nicht ganz erloschen. 
Wie ganz anders Wittenberg, das ganz eigentlich selbst 
ein Kind der neuen Nichtung war! Unter dem Schirm eines 
Fürsten, der selbst wissenschaftlichen Sinn besaß und sich nament- 
lich, seitdem er 1487 auf dem Reichstage zu Nürnberg die 
1) Kampschulte, Die Universität Erfurt im Zeitalter des Hu- 
manismus und der Resormation, 2 Bde., S. 186 ff.
	        
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