Wormser Edict. Luthers Entführung auf die Wartburg. 463
von Angleria: „Habes hujus tragoediae ut duidam volunt
finem et ut egomet mihi persuadeo non finem sed initium.
Nam video Germanorum animos graviter in secem Romanam
concitatos.“ Wirklich war es auch nur ein kurzer Sieg der
Gewalt über die liberzeugung gewesen.
Die ewige Vorsehung wirkt nicht mehr durch unmittelbare
Wunder, und braucht es nicht. Wie ihr die Zukunft offen
vorliegt, bereitet sie sich, wenn vom Göttlichen auf menschliche
Weise zu sprechen erlaubt ist, schon lange voraus ihre Mittel
und Wege vor, und ehe noch die Gefahr menschlichen Augen
sichtbar wird, sind schon (wenn sie spurlos vorübergehen soll)
Einleitungen getroffen, die alles, als folge es nur so aus sich
selber, wichder zum Besten lenken. Wie auf das einzelne
Menschenleben paßt oft auf ganzer Völker Schicksale, was die
Bibel sagt: „ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber
Gott gedachte es gut zu machen“. Ein Krieg, welcher viele
Tausende vernichtete, war bereits ausgebrochen und rettete das
Seelenglück von Millionen. Der erste jener vier Kämpfe
zwischen Frankreich und Spanien führte des Kaisers Blick und
seine Person auf Jahre von Deutschland hinweg, und in solchen
Umständen war eine allgemeine Vollziehung des wormser Edicts
unmöglich, eine theilweise, wie in Osterreich, Bayern, unkräftig.
Friedrich hatte den Reichsabschicd nicht abgewartet, glaubte sich
also an ihn auch nicht gebunden. Georg dagegen verbot bei
Leibes= und Confiscations-Strafen in seinem Lande die Ver-
breitung der neuen Lehre, verwies des Landes, wer, selbst
außerhalb seines Staates, den evangelischen Gottesdienst be-
suchte, trieb Tausende ins Elend, ließ seine Universität streng
visitiren und zog die für griechische und hebräische Sprache aus-
gesetzten Besoldungen ein. Friedrich aber ließ Luthern bei
Schweina, unweit Eisenach, durch Johann von Berlepsch und
Burkhard Hund seiner Begleitung entführen und als Junker
Georg auf die Wartburg in Sicherheit bringen 1). Die Freude
1) Um des Kurfürsien Plan wusßten außer Luther nur die Ritter
Fr. v. Thun und Phil. v. Feilitzsch, Spalatin und die Sccrekäre Hieron.
Rudolph und Joh. Veihel, sowie Luthers Bruder Jacob. Luther zog
noch seinen Reisegefährten Amsdorf ins Geheimniß. Ratzeberger
a. a. O., S. 52.